Darum gehts
- 67-Jähriger stirbt nach Sprungturmunfall in La Chaux-de-Fonds
- Rechtsanwalt rät der Begleitperson des Kindes, sich bei der Polizei zu melden
- Seit 2012 gab es 24 tödliche Unfälle in Schweizer Bädern
Das Schwimmbad von Mélèzes in La Chaux-de-Fonds ist voll. Kinder schreien und drängeln sich auf den Sprungbrettern vor einem Bademeister. Nichts deutet auf den tragischen Unfall vom Dienstag hin.
Am Tag zuvor ist ein 67-jähriger Mann hier ums Leben gekommen. Ein Bub war vom Fünf-Meter-Turm gesprungen und auf einem anderen Badegast gelandet. Der schwer verletzte Mann wurde sofort von den Rettungskräften versorgt, erlag jedoch noch am Unfallort seinen Verletzungen.
Die Neuenburger Kantonspolizei suchte nach dem Vorfall nach einem «etwa zehn Jahre alten Jungen mit blonden Haaren, der gestern einen blauen Badeanzug trug». Verschiedenen Quellen zufolge verliess er kurz nach dem Zusammenstoss in Begleitung eines Erwachsenen das Becken. Dann wurde er gefasst und konnte bereits von der Staatsanwaltschaft befragt werden, wie «Le Temps» berichtet. Und Staatsanwalt Nicolas Feuz stellt klar, dass der Senior sich nicht ins Becken verirrt hatte, sondern vor dem Jungen vom Sprungbrett gesprungen war.
Schwimmer kehren in die Badi zurück
Eine Mutter, die am Dienstag zum Zeitpunkt des Unglücks im Schwimmbad war, kehrte am Mittwoch mit ihren Kindern trotz den Umständen zurück. «Ich dachte zuerst, es sei eine Übung», sagte sie gegenüber Blick. «Dann kam der Krankenwagen und hielt direkt vor dem Eingang.»
Vor Ort hätten viele den Evakuierungsbefehl nicht sofort verstanden. Die Menschen blieben neugierig auf dem Hügel stehen, von dem aus man das gesamte Becken überblicken kann. «Da lag eine Person am Beckenrand, bis die Rettungskräfte die Leiche mit Handtüchern zudeckten», erklärt die Mutter.
Zu den rechtlichen Konsequenzen dieses Vorfalls erklärt Rechtsanwalt Frédéric Hainard aus La Chaux-de-Fonds: «Wenn das Kind über zehn Jahre alt ist, könnte es sich rechtlich der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht haben.»
Der Rechtsexperte betont aber: «Als Minderjähriger wird er kaum strafrechtlich belangt werden. Der Begleitperson hingegen, die mit ihrem Kind weggeht, könnte eine Strafvereitelung vorgeworfen werden, was mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden kann.» Hainard könne dem Verantwortlichen deshalb nur raten, sich so schnell wie möglich bei der Polizei zu melden.
«Nicht in Paranoia verfallen»
Der Vorfall beunruhigt die Mutter, die am Vortag Zeugin gewesen war, nicht besonders, ein wenig vorsichtiger ist sie jedoch schon: «Ich habe meinem Sohn gesagt, er solle auf dem Sprungbrett ruhig bleiben. Aber ich gehe seit 40 Jahren hierher, und meines Wissens ist so etwas noch nie passiert. Ich habe beschlossen, so schnell wie möglich wiederzukommen, um nicht in Paranoia zu verfallen.»
Gerade an diesen heissen Tagen suchen besonders viele Menschen den Weg in die Badi. Dabei gelte es, aufeinander Rücksicht zu nehmen und den Anweisungen des Badepersonals zu folgen, sagt Philippe Pfiffner, Geschäftsführer vom Schweizerischen Badmeister-Verband: «Vor allem bei Attraktionen wie Rutschen und Sprungtürmen ist besondere Vorsicht geboten.»
Zu Unfällen rund um die Sprungtürme komme es zum Glück selten. Trotzdem weist Pfiffner darauf hin, dass beim Turmspringen eine hohe Aufmerksamkeit nötig sei: «Wenn man vom Sprungturm gesprungen ist, sollte man das Becken möglichst schnell verlassen. Dabei ist es wichtig, nicht andere Zielflächen zu durchqueren.» Schon bevor man den Sprungturm besteige, solle man sich ein Bild vom Pool verschaffen und dann vor dem Sprung nochmals sicherstellen, dass sich keine Personen im Wasser unter dem Turm aufhalten. «Helfen kann da zum Beispiel ein Freund oder eine Aufsichtsperson, die schaut, dass die Wasserfläche unter dem Sprungturm frei ist und bleibt», erklärt Pfiffner.
Laut einer Statistik der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG) kam es seit dem Jahr 2012 zu 24 tödlichen Unfällen in Schweizer Bädern. Die Opfer waren zwischen 2 und 73 Jahre alt, in 13 Fällen waren die Verunglückten Kinder. Die SLRG appeliert an die Aufsichtspflicht der Eltern oder Begleitpersonen. Die Baderegel Nummer eins, «Kinder nur begleitet ans Wasser lassen – kleine Kinder in Griffnähe beaufsichtigen!», müsse auch im Frei- und Hallenbad konsequent umgesetzt werden.