St. Galler haben anderen Dialekt als Luzerner
Kantönligeist auch in der Gebärdensprache

Am 23. September ist der internationale Tag der Gebärdensprachen. Hier finden Sie einige Fakten, die Sie zum Thema wissen sollten.
Publiziert: 23.09.2020 um 08:54 Uhr
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Aktualisiert: 24.09.2020 um 08:44 Uhr
Milena Gähwiler

In der Schweiz leben rund 10'000 vollständig gehörlose Personen. Das macht etwa 0,1 Prozent der Bevölkerung aus. Bis zu 600'000 Personen gelten zudem als leicht bis hochgradig schwerhörig. Viele dieser Menschen sind zu einem gewissen Grad auf die Gebärdensprache angewiesen.

Bei der Gebärdensprache wird über Mimik und Hände kommuniziert, wie Tobias Haug (49), Professor für Gebärdensprache und Partizipation bei Hörbehinderung, BLICK erklärt. Dabei spielen Hände und Gesicht eine zentrale Rolle: «In der Gebärdensprache werden Hände und Mimik oder die Stellung des Kopfes gleichzeitig verwendet. Zum Beispiel können gehobenen Augenbrauen und den Kopf leicht nach hinten gelegt zwischen einem Aussage- und Fragesatz unterscheiden.» Haug erklärt, dass dies mit ein Grund ist, weshalb man sich beim Kommunizieren in der Gebärdensprache hauptsächlich ins Gesicht schaue.

«Wörter werden als ganze Gebärden vermittelt»

Das Fingeralphabet wird nur selten benutzt. Meistens kommt es nur bei Verständnisschwierigkeiten, Fachbegriffen oder bei Namen zum Einsatz. «Eigentlich vermittelt man Wörter als ganze Gebärden. Sie werden nicht mit dem Fingeralphabet ausbuchstabiert», bemerkt der Leiter des Bachelorstudiengangs Gebärdensprachdolmetschen an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik. Gleich wie man bei der gesprochenen Sprache, wo das ganze Wort ausgesprochen wird, statt es zu buchstabieren.

Weltweit über Hundert verschiedene Gebärdensprachen zum Einsatz. Allein in der Schweiz sind drei verschiedene Gebärdensprachen vertreten.
Foto: Getty Images
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Haug spricht die Wichtigkeit der Gebärdensprachen und dessen Missrepräsentation in der Gesellschaft an: Man habe schon mehrfach versucht, die Gebärdensprache als offizielle Landessprache anzuerkennen, doch sei dies leider bisher noch nicht erfolgreich gewesen. «Gebärdensprachen sind komplexe Sprachen und beinhalten, gleich wie bei der gesprochenen Sprache, eine eigene Grammatik und eigenen Wortschatz», erklärt der Dozent.

Verschiedene Gebärdensprachen und ihre Dialekte

Es gibt nicht nur eine Gebärdensprache, weltweit kommen mehr als 100 Gebärdensprachen zum Einsatz. Allein in der Schweiz sind drei verschiedene Gebärdensprachen vertreten. Es gibt die Deutschschweizer Gebärdensprache (DSGS), Französische Gebärdensprache (LSF) und Italienische Gebärdensprache (LIS).

In Regionen mit anderen Gebärden verwenden Gebärdende untereinander zur Verständigung häufig die Amerikanische Gebärdensprache.

In der Gebärdensprache existiert, wie bei der gesprochenen Sprache, das Phänomen der Dialekte. Der Professor für Gebärdensprache erläutert, dass diese sich durch unterschiedliche Gebärden äussern. Haug stellt die verschiedenen Dialekte der Schweiz am Beispiel von Brot dar. Die verschiedenen Ausführungen werden hier gezeigt.

Gebärden während Corona

Wie oben erwähnt, ist bei Gebärdensprachen der Gesichtsausdruck von grosser Wichtigkeit. Während der Corona-Pandemie können Schutzmasken deshalb bei Gebärdenden, vor allem beim Lippenlesen, für Schwierigkeiten sorgen. Der Experte sagt, dass bei gewissen Masken eine durchsichtige Plastikfolie im Mundbereich eingebaut wurde, damit die Lippen trotzdem gelesen werden können. Während des Lockdowns habe ausserdem das Ferndolmetschen sehr stark zugenommen, zum Beispiel über Videocalls.

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