Medizin
Apfel-Immuntherapie gegen Birkenpollenallergie-Komplikation

In der Behandlung einer oft mit einer Birkenpollenallergie einhergehenden Nahrungsmittelallergie gegen Äpfel könnte es bald eine orale Behandlungsform geben. Forschende haben einen «strukturierten» Konsum frischer Äpfel als Immuntherapie erfolgreich klinisch erprobt.
Publiziert: 07:17 Uhr
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Birkenpollenallergiker vertragen oft auch Äpfel nicht, hinzu kommen kreuzreaktive Früchte wie Kiwis, Gemüse wie Karotten oder Nüsse. (Archivbild)
Foto: GAETAN BALLY
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

«Etwa 70 Prozent der Patienten mit einer Birkenpollenallergie entwickeln eine Nahrungsmittelpollenallergie, insbesondere gegen Äpfel. Bislang gibt es keine standardisierte Therapie für diese kreuzreaktive Allergie», schrieben Bettina Müller von der Universitätsklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Medizinischen Universität Innsbruck im «Journal of Allergy and Clinical Immunology».

In der Immuntherapie gegen Allergien, bei der bei den Betroffenen durch Verabreichung steigender Dosen des Allergens langsam eine Toleranz erreicht werden soll, kommen neben regelmässigen Injektionen seit Jahren auch «Allergietabletten» zum Einsatz. Die österreichischen Forschenden setzten aber auf eine andere Strategie: «Ziel war es, die Wirkung einer oralen Therapie mit frischen Äpfeln auf das Birkenpollen-Nahrungsmittelallergiesyndrom gegenüber Äpfeln anhand eines praktikablen Behandlungsprotokolls mit verschiedenen weit verbreiteten Apfelsorten zu untersuchen.»

Zunächst testeten die Forschenden 42 Apfelsorten mittels Haut-Pricktests und Provokation bei Konsum auf deren Allergengehalt. Anschliessend konsumierten 36 Patientinnen und Patienten über einen Zeitraum von zwölf Monaten Äpfel mit steigender Dosierung und Allergenität. Nebenwirkungen wurden wöchentlich in einem klinischen Tagebuch dokumentiert. Die Wirksamkeit sei vor und nach der Therapie mittels oraler Provokation und Pricktest mit Golden Delicious-Äpfeln überprüft worden, beschrieben die Experten die klinische Studie.

Die Erfahrungen waren gut. «Die orale Immuntherapie mit Äpfeln führte zu einer konsistenten und dauerhaften Toleranz gegenüber Äpfeln und einer signifikant erhöhten Toleranz gegenüber anderen Bet v 1-kreuzreaktiven Lebensmitteln», heisst es in der Zusammenfassung. Das zeigte sich auch bei den immunologischen Parametern in der Untersuchung von Antikörper-Klassen (Allergie-fördernd oder Allergie-dämpfend) im Blut der Probanden. Man sei zu einer möglicherweise vielversprechenden Behandlungsform für die kreuzallergischen Komplikationen der Birkenpollenallergie (Hauptallergen: Bet v 1) gekommen.

Birkenpollenallergiker vertragen oft auch Äpfel nicht, hinzu kommen kreuzreaktive Früchte wie Kiwis, Gemüse wie Karotten oder Nüsse. Enthaltene Proteine oder Fragmente sind offenbar den Birkenpollenallergenen so ähnlich, dass das Immunsystem auch ähnlich reagieren kann. Das Dosierungsschema für die Behandlung ist einfach. Von zum Beispiel einem Viertel Apfel pro Tag kann nach zwei Wochen auf einen halben Apfel und schliesslich auf täglich einen ganzen Apfel gesteigert werden.

Zur Wahl stehen auch Apfelsorten mit unterschiedlicher Allergen-Konzentration: So könnte vom Sommer bis Herbst mit Granny Smith gestartet werden, wenige Allergene haben auch Sorten wie Boskoop, Santana oder die bekannten Kronprinz-Rudolf-Äpfel. Vom Herbst bis zum Frühjahr könnte man auf Sorten mit moderatem Allergen-Inhalt wechseln (Pink Lady, Topaz, Jonagold, Elstar). Golden Delicious mit höherer Allergen-Konzentration wäre dann eine Option für die Jahreszeit vom Frühjahr bis zum Sommer im Rahmen einer zwölf Monate langen Therapie (Alternativen: Gala, Braeburn, Kanzi).

Die Forschenden heben die stabile und lang andauernde Toleranzbildung gegenüber den Äpfeln und kreuzreaktiven Nahrungsmitteln hervor. Hinzu käme das gute Sicherheitsprofil, der leichte Zugang und die Möglichkeit, diese Apfel-Therapie einfach zu Hause zu absolvieren. Die Studie wurde unter anderem von der Europäischen Union, dem Wissenschaftsfonds FWF und dem Südtiroler Apfelkonsortium und dem Südtiroler Bauernverband gefördert.

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