Konkurrenz Coronakrise
Schwere Zeiten für den Klimaschutz

Die Kanzlerin will eine Botschaft loswerden, aber sie ist kaum zu verstehen. Nicht etwa, weil Angela Merkel nuschelt. In Corona-Zeiten meldet sich die CDU-Politikerin per Videoschalte zu Wort - und es gibt Probleme mit dem Ton.
Publiziert: 29.04.2020 um 14:35 Uhr
1/8
Der Klimaschutz kommt in letzter Zeit massiv zu kurz.
Foto: imago images/ZUMA Wire

Die sind dann doch noch rechtzeitig beseitigt, damit Merkel mit ihrem Appell zum Petersberger Klimadialog durchdringt: Weiterhin müsse mit «aller Ernsthaftigkeit und Leidenschaft» das Pariser Klimaabkommen umgesetzt werden. Deswegen begrüsse sie auch das Ziel, das Klimaschutz-Ziel der EU für 2030 auf 50 bis 55 Prozent Treibhausgas-Minderung im Vergleich zu 1990 hochzuschrauben.

Klimaschutz leidet

Es sind keine einfachen Zeiten für Klimaschützer. Die Corona-Krise hat die Klima-Krise in den Hintergrund gedrängt, allen Mahnungen zum Trotz. Das Thema der Klimagespräche, die die Bundesregierung jedes Jahr organisiert, war damit gesetzt: Wie kommt die Welt aus dieser Krise raus - und zwar klimafreundlicher, als sie reingegangen ist?

Hört man dazu UN-Generalsekretär Antonio Guterres sprechen, die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Umweltverbände, Klima-Wissenschaftler, aber auch viele Unternehmen und Verbände, könnte man meinen, es sei schon Konsens: Das «grüne Konjunkturprogramm», die Öko-Ausrichtung der geplanten Billionen-Hilfen für die weltweite Wirtschaft.

Klimaschutz im Blick behalten

Merkel sagt, bei Konjunkturprogrammen sei es wichtig, «immer den Klimaschutz ganz fest im Blick zu haben». Guterres sagt, Steuergelder «dürfen nicht veralteten, schmutzigen, CO2-intensiven Industrien aus der Klemme helfen». Von der Leyen sagt, bei den Investitionen dürfe man nicht «in alte umweltschädliche Gewohnheiten zurückfallen».

Doch es zeichnet sich längst ab, dass politisch heftig umkämpft sein wird, wie die Hilfsprogramme, Investitionen und Kaufanreize im Detail aussehen sollen. Auch Merkel sieht eine «schwierige Verteilungsdiskussion» auf die Politik zukommen, wie sie sagt. Kein Wunder, dass Klimaschützer erst mal verhalten reagieren und den Praxistest fordern - etwa, wenn kommende Woche die Autokonzerne im Kanzleramt zu Gast sind.

In der Corona-Krise hat der Klimaschutz mehrere Probleme:

Zeitpläne wackeln

Ob Kohleausstiegsgesetz oder Ausbau von Solar- und Windstrom - neben der akuten Krisen-Bewältigung ist gerade wenig Platz für andere politische Grossprojekte. Auch einige wichtige EU-Klimavorhaben könnten sich verzögern, etwa die geplanten EU-Strategien für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft und im Verkehr. Beim zentralen Klimaschutz-Vorhaben der EU-Kommission für dieses Jahr, der Prüfung und Verschärfung des Klimaziels für 2030, will man im Zeitplan bleiben. September ist die Zielmarke.

Wenn Deutschland im Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, soll Klimaschutz nach den Worten Merkels trotz Corona-Krise mit oben auf der Agenda stehen. Dass sie sich zu 50 bis 55 Prozent Treibhausgas-Minderung bekennt, ändert nichts daran, dass es noch harte Verhandlungen geben wird - vor allem um die Frage, welcher Mitgliedstaat nun genau wie viel einsparen muss.

Gegenwind für Klimaschutz

In der FDP und der CDU gibt es Stimmen, die bereits beschlossene Massnahmen in Frage stellen - etwa die Einführung des CO2-Preises auf Sprit, Heizöl und Erdgas im kommenden Jahr oder den über Monate ausgehandelten Pfad für den Kohleausstieg. Auch Kaufprämien für Diesel und Benziner, wie sie etwa Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) oder seine baden-württembergische Amts- und Parteikollegin Nicole Hoffmeister-Kraut fordern, halten Klimaschützer für falsch - darunter auch Umweltministerin Schulze. Die AfD lehnt den Klimaschutz ohnehin ab und sieht die Krise als weiteres Argument dafür.

Aber auch international wird der Kampf gegen die Erderwärmung unter Verweis auf die Pandemie in Frage gestellt - der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis attackierte den «Green Deal» der EU, die polnische Regierung forderte Ausnahmen beim Emissionshandel, einem der wichtigsten Klimaschutz-Instrumente der EU, um Geld für den Kampf gegen die Corona-Krise frei zu machen.

Klima-Diplomatie stockt

Der Höhepunkt der Klima-Verhandlungen ist jedes Jahr die Weltklimakonferenz, wo zwei Wochen lang über die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens gefeilscht wird - und die Weltöffentlichkeit genau hinschaut. Die meisten Regierungen wollen sich dort in gutem Licht darstellen. Dieser Termin fällt in diesem Jahr aus - der Gipfel in Glasgow wurde coronabedingt aufs nächste Jahr verschoben, Termin offen. Viele befürchten, dass das Druck vom Kessel nimmt. Wichtige Entscheidungen könnten verschoben werden, und nationale Regierungen könnten sich noch mehr Zeit lassen, wie geplant ihre neuen, verbesserten Klimaschutz-Pläne vorzulegen. (SDA)

Das Pariser Klima-Abkommen

196 Mitgliedsstaaten der UN-Klimakonvention haben sich am 12. Dezember 2015 in Paris darauf geeinigt, dass sie alles unternehmen wollen, um den globalen Temperaturanstieg möglichst auf 1,5 Grad – sicher aber auch deutlich unter 2 Grad Celsius – zu beschränken. Das soll vor allem über die Reduktion von CO2-Emissionen erreicht werden. Auch die Schweiz hat das Pariser Abkommen ratifiziert.

Doch der Vertrag hat einen Pferdefuss: Er sieht erstens keine verpflichtenden Massnahmen für die einzelnen Staaten vor, wie der CO2-Ausstoss verkleinert werden soll. Vor Beginn der Klimaverhandlungen in Paris hatten 187 Staaten nationale Klimaaktionspläne und entsprechende CO2-Reduktionsziele eingereicht. Allerdings würden diese zu einer Erderwärmung von etwa 2,7 Grad führen.

Zweitens droht keinem Land eine Strafe, wenn es die Ziele nicht erreicht oder einfach untätig bleibt. Auf wie wackligem Boden das Abkommen steht, zeigt der Rückzug der USA, den Präsident Donald Trump am 1. Juni 2017 bekannt gegeben hat.

196 Mitgliedsstaaten der UN-Klimakonvention haben sich am 12. Dezember 2015 in Paris darauf geeinigt, dass sie alles unternehmen wollen, um den globalen Temperaturanstieg möglichst auf 1,5 Grad – sicher aber auch deutlich unter 2 Grad Celsius – zu beschränken. Das soll vor allem über die Reduktion von CO2-Emissionen erreicht werden. Auch die Schweiz hat das Pariser Abkommen ratifiziert.

Doch der Vertrag hat einen Pferdefuss: Er sieht erstens keine verpflichtenden Massnahmen für die einzelnen Staaten vor, wie der CO2-Ausstoss verkleinert werden soll. Vor Beginn der Klimaverhandlungen in Paris hatten 187 Staaten nationale Klimaaktionspläne und entsprechende CO2-Reduktionsziele eingereicht. Allerdings würden diese zu einer Erderwärmung von etwa 2,7 Grad führen.

Zweitens droht keinem Land eine Strafe, wenn es die Ziele nicht erreicht oder einfach untätig bleibt. Auf wie wackligem Boden das Abkommen steht, zeigt der Rückzug der USA, den Präsident Donald Trump am 1. Juni 2017 bekannt gegeben hat.

Klimawandel im Fokus
Emissionsrechte sollen den CO2-Ausstoss eindämmen. Nun werden die Handelssysteme der Schweiz und der EU verknüpft. (Archivbild)
CO2 ist zu rund drei Vierteln für den menschengemachten Treibhauseffekt verantwortlich.
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?