Ausstellung mit ernstem Hintergrund
Schmelzender Gletscher als VR-Erlebnis

An der Talstation der Bergbahn Diavolezza hat am Samstag eine Besucherattraktion mit ernstem Hintergrund eröffnet: Mittels VR-Brillen können Besucher erleben, wie es um den Morteratschgletscher steht. BLICK hat die Ausstellung besucht.
Publiziert: 13.10.2020 um 09:11 Uhr
Peter Fanconi (Präsident der GKB), Daniel Fust (CEO der GKB) und Markus Moser (CEO der Diavolezza Lagalb AG, v. l.)) eröffnen das neue VR-Glacier Besucherzentrum.
Foto: Zvg
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Anne Grimshaw

Durch die Klimaerwärmung schmelzen Gletscherflächen auf der ganzen Welt rapide. Auch der Morteratsch-Gletscher im bündnerischen Pontresina ist keine Ausnahme. Die Oberfläche des Gletschers erstreckt sich heute noch über gut 15 Quadratkilometer. Der vorderste Teil des Gletschers, die Gletscherzunge, wird aber jährlich 40 Meter kürzer.

Wie schnell der Gletscher verschwinden wird, wenn die Klimaerwärmung weiter besteht zeigt das neue Besucherzentrum «VR Glacier Experience» an der Talstation der Diavolezzabahn in Pontresina. Das Zentrum wurde am 10. Oktober eröffnet und im Rahmen des 150-Jahre-Jubiläums der Graubündner Kantonalbank ermöglicht.

Wissenschaft erleben mit VR-Brille

In vier verschiedenen virtuellen Touren können Besucher mit VR-Brillen den Gletscher und die Natur rund um ihn herum kennenlernen. Dabei kann man hautnah erleben, welche Zukunftsszenarien dem Eis drohen, und was der Schutz des Gletschers bringen könnte. An anderen Stationen in der Ausstellung erfahren Besucher mehr über die Bündner Tierwelt und können beim Zählen der Schneehühner helfen.

In einem dritten Teil der Ausstellung ist eine Schweizer Innovation als greifbares Modell ausgestellt: Die «Nessy Zeroe» ist eine Schneilanze, die technischen Schnee produziert. Von künstlichem Schnee unterscheidet er sich dadurch, dass ihm keine künstlichen Zusatzstoffe beigesetzt werden. Und für ein Klimaschutzprojekt ebenfalls wichtig: Die Produktion gelingt ganz ohne Strom, sondern nur durch Wasserdruck.

Wird der Gletscher wieder grösser?

Um dem Schwinden des Gletschers entgegenzuwirken, will man einen Teil der Gletscherfläche mit Schnee bedecken. Damit dieser klimaneutral hergestellt wird, nutzt man dafür Schmelzwasser aus höheren Gletscherregionen, welches man in Schnee umwandelt. Mittels Beschneiungsseilen wird damit ein Teil des Gletschers beschneit.

Es handelt sich dabei zwar noch um Zukunftsvisionen, doch der Glaziologe und Initiator des Projekts «Mortalive» Felix Keller ist zuversichtlich: «Wenn wir von den heutigen Temperaturen und Niederschlägen ausgehen und einen Quadratkilometer des Gletschers ohne den Einsatz von elektrischer Energie künstlich beschneien, wird die Gletscherzunge in zehn Jahren beginnen, länger zu werden», erklärt er. Durch die natürliche Bewegung des Gletschereises bewege sich der durch Beschneiung erhalten gebliebene Teil nach unten und kann die Gletscherzunge so nach einiger Zeit verlängern.

Er stellt aber auch klar: «Die Gesamtmasse des Gletschers kann so nicht vergrössert werden. Das Beschneien des Gletschers ist leider nur eine Symptombekämpfung. Wir können das komplette Verschwinden des Gletschers so aber um etwa 50 Jahre hinauszögern.» Und bis dann, so hofft Keller, ist der Klimaschutz vielleicht so weit, dass das Beschneien des Gletschers nicht mehr nötig sein wird. «Das Beschneien des Gletschers bietet den über 200 Millionen direkt vom Schmelzwasser abhängigen Menschen eine Art Verschnaufpause. Denn so lange dauert es, bis die unverzichtbaren globalen Klimaschutzmassnahmen greifen.»

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