Manche tun es dem Budget zuliebe oder weil sie keinen eigenen Garten haben. Die meisten aber, weil es schlicht die schönste Art ist, gemeinsam draussen zu essen: Picknicken! Alles, was es dazu braucht, ist eine Decke am Boden, eine Kühlbox mit feinen Speisen, Getränken und ein Flecken im Grünen.
Während der Pandemie erlebte das Picknicken – gezwungenermassen – einen Boom. Als Restaurants geschlossen blieben und man sich nicht gegenseitig zu Hause besuchen konnte, war es die einzige Möglichkeit, sich zu einem gemeinsamen Essen zu treffen. So schmeckte Freiheit!
Eine gute Flasche, ein paar Fressalien
Die Corona-Massnahmen sind zum Glück Geschichte, aber die Lust auf das Mahl im Freien ist geblieben. Das macht sich an den ersten warmen Abenden dieses Frühlings bemerkbar, wenn sich Promenaden und Grünflächen mit Menschen füllen.
Oft taucht dann die Frage auf, wohin? Die Gartenbeizen sind überfüllt, man wartet oft ewig auf Bedienung, und ein Glas Wein kostet schnell einmal zehn Franken. Manch eine Gruppe entscheidet sich da lieber dafür, eine Kühltasche mit einer guten Flasche und ein paar Fressalien einzupacken und sich sein Festmahl nach eigenem Gusto zuzubereiten.
Schon die Römer picknickten
Picknicken ist nicht neu. Schon in der Antike finden sich Belege für Mahlzeiten im Freien. Römische Gastmähler wurden nicht nur in prunkvollen Sälen abgehalten, sondern auch unter freiem Himmel genossen. Für Bauern oder Handwerker war es über die Jahrhunderte hinweg üblich, sich auf dem Feld oder am Wegesrand zu stärken – allerdings eher notgedrungen.
Das Picknick als gesellschaftliches Ereignis und Amüsement etablierte sich im Barock beim französischen Adel. Zunächst, weil man sich während der herrschaftlichen Jagd im Freien verköstigte. Dann entdeckte man den Reiz des Speisens ausserhalb der eigenen Mauern inmitten der Natur als idyllische Kulisse. Anfangs sass man dabei allerdings noch nicht am Boden. Der Pariser Adel etwa speiste am gedeckten Tisch im Garten der Tuilerien. Das Wort «Picknick» wird auf die Zusammensetzung der Begriffe «piquer» (aufpicken) und «nique» (eine Kleinigkeit) zurückgeführt.
In England machte die leidenschaftliche Picknickerin Queen Victoria (1819–1901) das Speisen im Freien während dem Viktorianischen Zeitalter populär. Eine Tradition, die bis heute weitergeführt wird: Die britischen Royals zeigen sich gerne bodenständig im Grünen. So feierte Queen Elizabeth II. (†96) ihr 70. Thronjubiläum mit landesweiten Picknicks. Auch beim berühmten Pferderennen in Ascot entkorken Gäste den Champagner auf der Picknickdecke. Ebenso sieht man beim traditionellen Opernfestival in Glyndebourne die Damen in Abendkleidern und Herren im Smoking an mitgebrachten Campingtischen speisen: selbstverständlich mit Tischtuch und Stoffservietten.
Skandal im Grünen
Auf den Boden kam das Picknick mit den Philosophen der Aufklärung wie Jean-Jacques Rousseau (1712–1778), der die Rückkehr und Nähe zur Natur propagierte. Und der Impressionist Edouard Manet (1832–1883) sorgte mit seinem Gemälde «Das Frühstück im Grünen» 1863 für einen Skandal in Paris – darauf sind nackte Frauen zu sehen. Mit der Szenerie trieb er das vergnügliche Zusammensein unter freiem Himmel auf die Spitze. Zwei Jahre später inszenierte Claude Monet (1840–1926) ebenfalls eine Picknickszene mit seiner Geliebten, allerdings bekleidet.
Ob es um ein romantisches Stelldichein geht oder einen Ausflug ins Grüne mit Familie oder Freunden: Ein Picknick ist weit mehr als eine lieblose Zwischenmahlzeit, die man aus rein praktischen Gründen mitgebracht hat. Man geht raus ins Grüne und ist freier von Konventionen. Wie stilvoll die Verpflegung unterwegs sein kann, daran erinnern vor allem Bilder und Filmszenen aus den 1950er-Jahren. Sei es beim Filmkuss von Grace Kelly (1929–1982) und Cary Grant (1904–1986) in «Über den Dächern von Nizza» oder beim Familien-Picknick neben dem schicken Cabriolet.
Hierzulande nehmen wir traditionell Cervelats und Landjäger mit auf eine Wanderung, um uns unterwegs unabhängig von einer Einkehrmöglichkeit verpflegen zu können. Auf dem Gipfel schmeckt so eine Wurst – oder ein mitgebrachtes Fondue – irgendwie immer ein bisschen besser. Inzwischen hat man aber auch hier den Charme eines sorgfältig zubereiteten Picknicks entdeckt – ob mit oder ohne Bräteln.