Die Basler Tradition gehört zum Unesco Weltkulturerbe
Die Fasnacht der Welt

Die Basler Fasnacht ist Weltkulturerbe. Von Montag bis Mittwoch findet sie erstmals mit internationalem Gütesiegel statt. Wir lassen uns die «drey scheenschte Dääg» von fasnachtsverrückten Ausländern und einem Zürcher erklären.
Publiziert: 18.02.2018 um 17:26 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 20:26 Uhr
Der Stolz der Basler Fasnacht: Laternen am «Morgestraich» in der Innenstadt. (Archivbild)
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Basler Fasnacht in vollem Gange:«Morgestraich - vorwärts marsch!»
Jonas Dreyfus

Wenn der Rest der Schweiz schläft, beginnt Montag früh um 4 Uhr in Basel die Fasnacht. Mit jährlich rund 200'000 Besuchern, inklusive 20'000 Tambouren, Piccolo-Spielern, Guggenmusikern und anderen sogenannt Aktiven, ist sie die grösste ihrer Art in der Schweiz.

Im vergangenen Dezember hat die Unesco den «largest Carnival of Switzerland» auf die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit gesetzt. Vom Montag, 19., bis Mittwoch, 21. Februar dieses Jahres findet die Basler Fasnacht erstmals unter international anerkanntem Gütesiegel statt.

Hinter dieser Larve steckt kein Basler. Das Portrait lesen Sie weiter unten.
Foto: Valeriano Di Domenico
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Antrag vor drei Jahren

Ins Rennen geschickt hat sie vor drei Jahren Bundesrat und Kulturminister Alain Berset. «Warum nicht die Luzerner Fasnacht?», wollte jemand von ihm wissen. Weil die Fasnacht in Basel «ein unverkennbares Profil» habe, antwortete Berset. Das BAK (Bundesamt für Kultur) erarbeitete daraufhin in Zusammenarbeit mit dem Comité, Organisator des Fasnachtsumzugs, den Antrag für die Unesco.

Was macht die Basler Fasnacht so speziell? Laut BAK die Bedeutung des Dialekts als Grundlage für den Schnitzelbank, der das Weltgeschehen in Versform kritisiert und persifliert. Einzigartig auch die Handwerkskunst der Larven- und Laternenmacher und die Virtuosität der Trommler und Piccolo-Spieler, genannt Tambouren und Pfeifer.

David Vitali, Leiter Sektion Kultur und Gesellschaft beim BAK, war als Delegationsleiter an der Konferenz in Südkorea, an der die Unesco schliesslich die Aufnahme der Basler Fasnacht in die Liste des immateriellen Kulturerbes besiegelte. Zuspruch und Interesse anderer Teilnehmer aus der ganzen Welt seien riesig gewesen, sagt Vitali, obwohl schon zahlreiche weitere Karnevals in der Liste vertreten seien. «In der Schlussrede wurde die Basler Fasnacht als Einzige von über 30 Neuzugängen ausdrücklich erwähnt, neben der Kunst der neapolitanischen Pizzabäcker.»

Dass sich Tourismus Basel und Schweiz über das Label freuen, ist naheliegend. Doch wie spürbar wird das Unesco-Label an der diesjährigen Fasnacht selbst sein? «Ausser durch ein paar Sujets, die das Thema aufnehmen, wohl nicht speziell», sagt Christoph Bürgin (63), Obmann des Comités. Die Unesco nehme keinen Einfluss und biete keine finanzielle Unterstützung an wie bei der Restauration von materiellen Weltkulturerben, wo die Kriterien für die Beibehaltung des Labels streng seien. «In unserem Fall ist nur zwingend, dass die Basler Fasnacht fortbesteht.»

Busse für Clique wegen zu ­lauter Punkmusik

Deshalb muss der Nachwuchs gewährleistet sein. Ab 2020 sollen alle fünf Jahre vor der Fasnacht 7000 junge Aktive für eine Parade in der Innenstadt zusammenkommen, um andere für ihr Hobby zu begeistern. «Die Stadt ist jetzt umso mehr dazu angehalten, die Fasnacht zu unterstützen», sagt Bürgin.

Es gibt auch Fasnächtler, die sich am Gütesiegel stören. Solche Kritik ist sich das Comité gewöhnt. Seine Vertreter stehen am Cortège, dem Fasnachtsumzug, an Standorten in der Innenstadt. Die Cliquen müssen sie passieren, wenn sie von Subventionen profitieren wollen. Diese stammen hauptsächlich aus dem Verkauf der Plaketten. Wenn ein Sujet in den Augen des Comités schlecht umgesetzt ist oder Regeln gebrochen werden, gibt es weniger Subven­tionen. So geschehen einer Clique, die in Anlehnung an den Pussy-­Riot-Skandal mit einer Punkband auf einem Wagen durch die Stadt zog und alles übertönte.

Fasnächtler nur noch Statisten?

Für eine andere Clique, die Olympia, ist das Unesco-Siegel der absolute Beweis dafür, dass das Comité die Fasnacht zu einer Touristenattraktion macht, in der die Fasnächtler nur noch Statisten sind. Deshalb verzichtet sie dieses Jahr auf die Subventionen und bringt eine eigene Plakette heraus. Comité-Obmann Christoph Bürgin bestreitet die Vorwürfe, freut sich aber, wie er sagt, über jede Form von kreativ umgesetzter Kritik. «Es wird nichts so heiss gegessen, wie es gekocht wird. Basel wäre nicht Basel, wenn es nicht immer jemanden geben würde, der nicht einverstanden ist.»

Für die Fasnächtler, die einverstanden sind, ist die Auszeichnung eine willkommene Bestätigung für etwas, was sie sowieso schon wussten: Ihre Fasnacht ist die schönste der Welt.

Militärischer Einfluss gepaart mit antiautoritärer Haltung

Ihren Ursprung hat die Fastnacht, wie sie früher hiess, in der christlichen Fastenzeit vor Ostern. Sie bezeichnete die Festivitäten, die mit dem Leeren der Vorratskammern vor dem 40-tägigen Fasten einhergingen. Im Gegensatz zur sogenannt katholischen Fasnacht, die am Aschermittwoch vorbei ist, beginnt sie im reformierten Basel erst am Montag nach Aschermittwoch.

Die Reformation verbot das frivole Treiben. Deshalb tarnten die Basler Bürger ihre Fasnacht als Zunftumzüge. Das mag der Grund dafür sein, dass sie heute einen militärischen Einfluss hat, gepaart mit antiautoritärem Gebaren. Die Themen der Cliquen, sogenannte Sujets, prangern Missstände an, Schnitzelbänkler machen sich in ihren Versen über jede Art von Obrigkeit lustig.

Im Vergleich zu Zürich, wo sich die Elite exklusiv am Sechseläuten trifft, feiern an der Basler Fasnacht alle Schichten zusammen. Jedes Kind, jeder Jugendliche kann einer Clique beitreten. Rund 600 Franken pro Jahr kosten Mitgliederbeitrag, ein neues Kostüm mit handgemachter Larve, wöchentliche Musiklektionen und Verpflegung an der Fasnacht. Für Personen, die sich das nicht leisten können, gibt es bei vielen Cliquen einen von Mitgliedern finanzierten Fonds.

Auch Menschen aus anderen Ecken der Welt dürfen – ganz im Sinn des Weltkulturerbes – mitmachen. Deshalb lassen wir drei von ihnen erklären, was sie an den «drey scheenschte Dääg» am schönsten finden. Die Weltenbürger erkennen die Basler Fasnacht nicht nur an, sie haben sie verinnerlicht.

Der Engländer

George Chipperfield (16), Schüler aus der Grafschaft Cheshire, ist Aktiver, seit er sieben ist und fliegt für die Fasnacht in die Schweiz.

«Als ich fünf war, zog meine Familie von England nach Basel, wo mein Vater einen Job in der Pharmazie antrat. Am Tag nach unserer Ankunft ­begann die Fasnacht. Die Kostüme, die Musik – etwas nur ansatzweise Ähnliches hatte ich noch nie gesehen. Ich wusste ­sofort: Da möchte ich mitmachen.

Jetzt bin ich 16, lebe seit drei Jahren wieder in England und fliege für jede Fasnacht in die Schweiz. Ich spiele Piccolo bei der Spezi Clique, einmal wöchentlich nehme ich via Skype an den Proben teil. Meine Schulkollegen und Lehrer in England sind regelrecht schockiert von meiner Hingabe.

Wenn ich über Skype bei einem Marsch mitpfeife, verzögert sich die Über­ tragung um ein paar Sekunden. Ich muss dann immer mal wieder aus- und einsetzen, um im Takt zu bleiben. Ich bin extrem dankbar dafür, dass die Clique mich trotzdem mitproben lässt von weitem. So bleibe ich immer in Kontakt mit meinen Freunden, mit denen ich auf Deutsch kommuniziere. Wenn ich dann zur Fasnacht anreise, ist es, als wäre ich nie weg gewesen.

Während meiner acht Jahre in Basel habe ich begonnen, Plaketten zu sammeln. Von 1912 bis 2017 habe ich fast alle auf Flohmärkten gefunden. Für 1941 und 1942 gabs nur eine Plakette, die für beide Kriegsjahre gültig war. Für sie habe ich rund 200 Franken bezahlt. In meinem Zimmer hat es ­immer weniger Platz für mich, weil ich auch Larven sammle. Um mein teures Hobby zu finanzieren, arbeite ich am Wochenende im ortsansässigen Pub. Und ich wohne noch bei meinen Eltern.

Für mich ist es eine grosse Ehre, mich als Ausländer in der Clique wie in einer Familie zu fühlen und an einer Tradition teilzuhaben, die Hunderte Jahre alt ist. Die International School, die ich in Basel besuchte, verlieh mir einmal einen Award dafür, dass ich mich als Expat-Kind so gut integrierte. Viele ­Ausländer glauben, an der Fasnacht dürften nur Schweizer teilnehmen.

Ich bin recht ehrgeizig. Als ich das Mindestalter von sieben Jahren erreicht hatte, trat ich in die Spezi ein. Ich übte eine Stunde ­täglich, die nötigen zehn Märsche hatte ich innerhalb eines Jahres gelernt. Eigentlich darf man bei der Spezi Clique erst an der Fasnacht mitpfeifen, wenn man zwei Jahre Piccolo spielt. Weil ich unbedingt schon nach einem Jahr mitmachen wollte, machte die Clique für mich eine Ausnahme: Tagsüber musste ich ‹Vortrab› machen, abends ­durfte ich beim ‹Gässle› pfeifen.

Wenn ich wieder zurück nach England muss, bin ich immer sehr traurig. Es ist schwierig, die Basler Fasnacht nicht zu vermissen. Am besten gefällt mir der Morgenstreich. Der Moment, wenn in der ganzen Stadt die Lichter ausgehen und es ganz kurz mucksmäuschenstill ist, bis die Cliquen zu spielen beginnen – ich kriege ­jedes Mal Gänsehaut.»

George Chipperfield in seinem Zimmer vor der Larvensammlung.

George Chipperfield (16), Schüler aus der Grafschaft Cheshire, ist Aktiver, seit er sieben ist und fliegt für die Fasnacht in die Schweiz.

«Als ich fünf war, zog meine Familie von England nach Basel, wo mein Vater einen Job in der Pharmazie antrat. Am Tag nach unserer Ankunft ­begann die Fasnacht. Die Kostüme, die Musik – etwas nur ansatzweise Ähnliches hatte ich noch nie gesehen. Ich wusste ­sofort: Da möchte ich mitmachen.

Jetzt bin ich 16, lebe seit drei Jahren wieder in England und fliege für jede Fasnacht in die Schweiz. Ich spiele Piccolo bei der Spezi Clique, einmal wöchentlich nehme ich via Skype an den Proben teil. Meine Schulkollegen und Lehrer in England sind regelrecht schockiert von meiner Hingabe.

Wenn ich über Skype bei einem Marsch mitpfeife, verzögert sich die Über­ tragung um ein paar Sekunden. Ich muss dann immer mal wieder aus- und einsetzen, um im Takt zu bleiben. Ich bin extrem dankbar dafür, dass die Clique mich trotzdem mitproben lässt von weitem. So bleibe ich immer in Kontakt mit meinen Freunden, mit denen ich auf Deutsch kommuniziere. Wenn ich dann zur Fasnacht anreise, ist es, als wäre ich nie weg gewesen.

Während meiner acht Jahre in Basel habe ich begonnen, Plaketten zu sammeln. Von 1912 bis 2017 habe ich fast alle auf Flohmärkten gefunden. Für 1941 und 1942 gabs nur eine Plakette, die für beide Kriegsjahre gültig war. Für sie habe ich rund 200 Franken bezahlt. In meinem Zimmer hat es ­immer weniger Platz für mich, weil ich auch Larven sammle. Um mein teures Hobby zu finanzieren, arbeite ich am Wochenende im ortsansässigen Pub. Und ich wohne noch bei meinen Eltern.

Für mich ist es eine grosse Ehre, mich als Ausländer in der Clique wie in einer Familie zu fühlen und an einer Tradition teilzuhaben, die Hunderte Jahre alt ist. Die International School, die ich in Basel besuchte, verlieh mir einmal einen Award dafür, dass ich mich als Expat-Kind so gut integrierte. Viele ­Ausländer glauben, an der Fasnacht dürften nur Schweizer teilnehmen.

Ich bin recht ehrgeizig. Als ich das Mindestalter von sieben Jahren erreicht hatte, trat ich in die Spezi ein. Ich übte eine Stunde ­täglich, die nötigen zehn Märsche hatte ich innerhalb eines Jahres gelernt. Eigentlich darf man bei der Spezi Clique erst an der Fasnacht mitpfeifen, wenn man zwei Jahre Piccolo spielt. Weil ich unbedingt schon nach einem Jahr mitmachen wollte, machte die Clique für mich eine Ausnahme: Tagsüber musste ich ‹Vortrab› machen, abends ­durfte ich beim ‹Gässle› pfeifen.

Wenn ich wieder zurück nach England muss, bin ich immer sehr traurig. Es ist schwierig, die Basler Fasnacht nicht zu vermissen. Am besten gefällt mir der Morgenstreich. Der Moment, wenn in der ganzen Stadt die Lichter ausgehen und es ganz kurz mucksmäuschenstill ist, bis die Cliquen zu spielen beginnen – ich kriege ­jedes Mal Gänsehaut.»

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Die Holländerin

Die Holländerin Edith Habraken (52) ist Profimusikerin und immigrierte wegen des Basler Trommelns in die Schweiz.

«Als ich vor 30 Jahren nach Basel zog, war für mich jeder hier ein aktiver Fasnächtler. Noch heute ist das so: Wenn ich Geschäftsleute mit Krawatten in der Innenstadt sehe, habe ich immer das Gefühl, dass noch eine andere Person dahintersteckt. Eine, die anstelle eines Anzugs Kostüm und Larve trägt, Laternen malt oder Schnitzelbänke schreibt. Das fasziniert mich.

Die Fasnacht gehört zu den Baslern. Alle haben eine Meinung zu ihr – auch diejenigen, die sie nicht mögen. Das Schöne ist, dass jeder mitmachen kann, egal, wie alt er ist und aus welcher sozialen Schicht er kommt, ob Klein- oder Grossbasler, ­Banker oder Bauarbeiter.

Ich bin Profimusikerin und in die Schweiz immigriert wegen des ­speziellen Basler Trommelns, über das ich ein Buch geschrieben habe. Es ist eine verzierte oder ornamentierte Art des Trommelns, die leise beginnt und dann immer lauter wird. Ein Crescendo folgt aufs andere. Figuren wie der Fünferruf werden hier ganz anders getrommelt als sonstwo. Das hat viel mit dem Tempo zu tun. Niemand ausserhalb Basels ­marschiert so langsam. Mit einer Larve, aus der man kaum hinaussieht, geht das gar nicht anders.

Für meine erste Fasnacht lud mich eine Clique ein, die ein Sujet mit Holland-Bezug hatte. Es ging um eine Ausstellung über holländische Malerei im Kunstmuseum. Heute trommle ich bei der Clique ‹Die Aagfrässene› und bei der Trommelgruppe ‹Familie Tell›. Drei Tage mit denselben Leuten herumzuziehen, ist ein grandioses Erlebnis.

Der Moment der Fasnacht, den ich am meisten mag, ist das Einpfeifen der Laternen. Das können viele nicht verstehen, weil es noch gar nicht zu den ‹drey scheenschte Dääg› gehört. Am Sonntagabend bringen die Cliquen ihre Laternen von Piccoloklängen begleitet in die Stadt. Die Vorfreude ist riesig, man spürt die Spannung förmlich in der Luft. Dass ich als Tambour nicht mitmusizieren darf, macht sie umso grösser.»

Edith Habraken backstage bei der Vorfasnachtsveranstaltung Drummeli.
Valeriano Di Domenico

Die Holländerin Edith Habraken (52) ist Profimusikerin und immigrierte wegen des Basler Trommelns in die Schweiz.

«Als ich vor 30 Jahren nach Basel zog, war für mich jeder hier ein aktiver Fasnächtler. Noch heute ist das so: Wenn ich Geschäftsleute mit Krawatten in der Innenstadt sehe, habe ich immer das Gefühl, dass noch eine andere Person dahintersteckt. Eine, die anstelle eines Anzugs Kostüm und Larve trägt, Laternen malt oder Schnitzelbänke schreibt. Das fasziniert mich.

Die Fasnacht gehört zu den Baslern. Alle haben eine Meinung zu ihr – auch diejenigen, die sie nicht mögen. Das Schöne ist, dass jeder mitmachen kann, egal, wie alt er ist und aus welcher sozialen Schicht er kommt, ob Klein- oder Grossbasler, ­Banker oder Bauarbeiter.

Ich bin Profimusikerin und in die Schweiz immigriert wegen des ­speziellen Basler Trommelns, über das ich ein Buch geschrieben habe. Es ist eine verzierte oder ornamentierte Art des Trommelns, die leise beginnt und dann immer lauter wird. Ein Crescendo folgt aufs andere. Figuren wie der Fünferruf werden hier ganz anders getrommelt als sonstwo. Das hat viel mit dem Tempo zu tun. Niemand ausserhalb Basels ­marschiert so langsam. Mit einer Larve, aus der man kaum hinaussieht, geht das gar nicht anders.

Für meine erste Fasnacht lud mich eine Clique ein, die ein Sujet mit Holland-Bezug hatte. Es ging um eine Ausstellung über holländische Malerei im Kunstmuseum. Heute trommle ich bei der Clique ‹Die Aagfrässene› und bei der Trommelgruppe ‹Familie Tell›. Drei Tage mit denselben Leuten herumzuziehen, ist ein grandioses Erlebnis.

Der Moment der Fasnacht, den ich am meisten mag, ist das Einpfeifen der Laternen. Das können viele nicht verstehen, weil es noch gar nicht zu den ‹drey scheenschte Dääg› gehört. Am Sonntagabend bringen die Cliquen ihre Laternen von Piccoloklängen begleitet in die Stadt. Die Vorfreude ist riesig, man spürt die Spannung förmlich in der Luft. Dass ich als Tambour nicht mitmusizieren darf, macht sie umso grösser.»

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Der Zürcher

Markus Schweyckart (51), Druckfachmann aus Brüttisellen ZH, trommelt seit 31 Jahren an der Basler Fasnacht.

«Obwohl ich jetzt seit 31 Jahren in einer ­Clique trommle, bin ich nach wie vor für alle der Zürcher. Sich ­gegenseitig an­zuzünden, gehört zur Basler Fasnacht dazu. Aber nie unter der Gürtel­linie! Drei Tage duzt man sich und hat die Musse, sich hochzunehmen. Nach drei Tagen ist dann wieder gut.

Die Clique, in der ich Mitglied bin, heisst Basler Zepf Ziri. Wir proben in einer Zunftstube im Zürcher Oberdorf und machen Marschübung auf der ­Allmend Brunau. Ausser mir besteht die Mitgliedschaft aus sogenannten Heimwehbaslern, die später im Leben nach Zürich zogen.

Ich bin hier aufgewachsen und der erste und einzige ­aktive Fasnächtler in meiner Familie. Als Kind habe ich in der Jugendmusik Adliswil trommeln gelernt, die Basler Märsche brachte mir ein Basler in der Rekrutenschule bei. Als ich mit 19 einmal drei Tage den Cliquen hinterherlief, war für mich klar: Entweder du machst hier mit oder gehst nie wieder hin.

Meine erste Basler Fasnacht als Tambour war grauenhaft. Ich hatte Holzzoggeli an, meine Füsse schmerzten schon nach einer halben Stunde fürchterlich. Das war im Jahr 1987. Ich kannte Basel nicht gut und musste mit dem Stadtplan zum Treffpunkt ­meiner Clique. Fast hätte ich meinen ersten Morgenstreich verpasst.

Jemand, der nicht mit der Basler Fasnacht aufgewachsen ist, muss die selbst­verständlichen Dinge auf die harte Tour lernen. Während der Fasnacht war ich dann vor allem eines: still. Mit ­einer Zürischnurre fällst du einfach auf.

Warum ich mir das antue? Ganz einfach: Weil die Basler Fasnacht unvergleichlich ist. Es fängt mit dem Morgenstreich an, bei dem man ­genau weiss, was auf einen zukommt. Trotzdem liegt ­bereits am Sonntagabend in der Innenstadt eine ­Spannung in der Luft, die ich noch an keinem anderen Ort gespürt habe.

Das Raunen der Leute, wenn um Punkt vier die Lichter ausgehen und die Cliquen mit ihren Trommlern und Pfeifern zu spielen beginnen. Tagsüber der Cortège mit seinen Sujets, die Vielfalt, Kreativität und Farbigkeit. Den Leuten auf der Strasse ists egal, wenns regnet oder schneit. Drei Tage lang ­begleiten sie uns durch die Gassen.

Basel hat einen eigenen Groove. Das zeigt sich schon am sogenannten Daig, der im Gegensatz zur Hochfinanz von ­Zürich viel bescheidener auftritt. Die Stadt am Rhein ist vielleicht etwas mehr nach innen orientiert als die an der Limmat. Deshalb wird auch anders gefeiert. Die Zürcher Fasnacht hat mich nie interessiert.

Mit einer Clique mitzulaufen, hat etwas sehr Meditatives, man ist unter seiner Larve geborgen und nimmt irgendwann nicht mehr wahr, was recht und links abläuft. ­Obwohl es körperlich sehr anstrengend ist, eine Trommel drei Tage vor sich herzu- tragen, fühle ich mich ­danach völlig erholt. Wenn ich wieder zurück in Zürich bin, habe ich das Gefühl, von weitem Piccoloklänge zu ­hören.»

Markus Schweyckart (51) am Limmattquai in Zürich. Im Hintergrund das Grossmünster.
Valeriano Di Domenico

Markus Schweyckart (51), Druckfachmann aus Brüttisellen ZH, trommelt seit 31 Jahren an der Basler Fasnacht.

«Obwohl ich jetzt seit 31 Jahren in einer ­Clique trommle, bin ich nach wie vor für alle der Zürcher. Sich ­gegenseitig an­zuzünden, gehört zur Basler Fasnacht dazu. Aber nie unter der Gürtel­linie! Drei Tage duzt man sich und hat die Musse, sich hochzunehmen. Nach drei Tagen ist dann wieder gut.

Die Clique, in der ich Mitglied bin, heisst Basler Zepf Ziri. Wir proben in einer Zunftstube im Zürcher Oberdorf und machen Marschübung auf der ­Allmend Brunau. Ausser mir besteht die Mitgliedschaft aus sogenannten Heimwehbaslern, die später im Leben nach Zürich zogen.

Ich bin hier aufgewachsen und der erste und einzige ­aktive Fasnächtler in meiner Familie. Als Kind habe ich in der Jugendmusik Adliswil trommeln gelernt, die Basler Märsche brachte mir ein Basler in der Rekrutenschule bei. Als ich mit 19 einmal drei Tage den Cliquen hinterherlief, war für mich klar: Entweder du machst hier mit oder gehst nie wieder hin.

Meine erste Basler Fasnacht als Tambour war grauenhaft. Ich hatte Holzzoggeli an, meine Füsse schmerzten schon nach einer halben Stunde fürchterlich. Das war im Jahr 1987. Ich kannte Basel nicht gut und musste mit dem Stadtplan zum Treffpunkt ­meiner Clique. Fast hätte ich meinen ersten Morgenstreich verpasst.

Jemand, der nicht mit der Basler Fasnacht aufgewachsen ist, muss die selbst­verständlichen Dinge auf die harte Tour lernen. Während der Fasnacht war ich dann vor allem eines: still. Mit ­einer Zürischnurre fällst du einfach auf.

Warum ich mir das antue? Ganz einfach: Weil die Basler Fasnacht unvergleichlich ist. Es fängt mit dem Morgenstreich an, bei dem man ­genau weiss, was auf einen zukommt. Trotzdem liegt ­bereits am Sonntagabend in der Innenstadt eine ­Spannung in der Luft, die ich noch an keinem anderen Ort gespürt habe.

Das Raunen der Leute, wenn um Punkt vier die Lichter ausgehen und die Cliquen mit ihren Trommlern und Pfeifern zu spielen beginnen. Tagsüber der Cortège mit seinen Sujets, die Vielfalt, Kreativität und Farbigkeit. Den Leuten auf der Strasse ists egal, wenns regnet oder schneit. Drei Tage lang ­begleiten sie uns durch die Gassen.

Basel hat einen eigenen Groove. Das zeigt sich schon am sogenannten Daig, der im Gegensatz zur Hochfinanz von ­Zürich viel bescheidener auftritt. Die Stadt am Rhein ist vielleicht etwas mehr nach innen orientiert als die an der Limmat. Deshalb wird auch anders gefeiert. Die Zürcher Fasnacht hat mich nie interessiert.

Mit einer Clique mitzulaufen, hat etwas sehr Meditatives, man ist unter seiner Larve geborgen und nimmt irgendwann nicht mehr wahr, was recht und links abläuft. ­Obwohl es körperlich sehr anstrengend ist, eine Trommel drei Tage vor sich herzu- tragen, fühle ich mich ­danach völlig erholt. Wenn ich wieder zurück in Zürich bin, habe ich das Gefühl, von weitem Piccoloklänge zu ­hören.»

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