«Wenn Du Deine DNA anhören könntest, wie würde sie klingen?» Das fragt die Gentest-Firma AncestryDNA seit vergangener Woche und lädt Menschen ein, mithilfe des Musik-Streaming Dienstes Spotify, Playlists auf Grundlage ihres Erbgutes zu erstellen. Alles was es dazu braucht, ist etwas Speichel und ein Test-Kit des Anbieters für 99 Dollar. Im Gegenzug erfahren die Kunden, woher ihre Vorfahren stammen. Etwas anti-klimaktisch besteht das «Anhören der DNA» dann aus einem sehr simplen Mechanismus: Ancestry mischt einfach länderspezifische Playlists von Spotify zusammen.
So weit, so unspektakulär. Interessanter ist, was hinter dem scheinbar harmlosen Spass steht. «Das Geschäftsmodell von AncestryDNA macht nur Sinn, wenn sie aus den Gendaten Einkommen generieren», sagt der ETH-Molekularbiologe Ulrich Genick, der sich schon seit Jahren mit kommerziellen Gentests beschäftigt. «Die 99 Dollar für den Gentest, decken wohl kaum die Kosten.» Letztendlich bezahlt man also wie bei Facebook, Google & Co auch bei AncestryDNA mit seinen Daten.
«Mit den Ergebnissen der Genanalysen machen Gentest-Anbieter ihr eigentliches Geschäft», sagt Genick. Unter anderem Pharmafirmen und Versicherer bezahlen dafür, um ihre Produkte genauer und profitträchtiger zu entwickeln. Und damit das Geschäft immer besser funktioniert, brauchen die Gentest-Anbieter so viele Daten wie möglich. «Das Angebot von Ancestry und Spotify ist letztlich ein Marketingtrick, um auch Leute für Gentests zu gewinnen, die vielleicht noch nie daran gedacht haben, einen zu machen», sagt Genick.
Wen diese Kommerzialisierung seiner DNA stört, der kann nach dem Gentest fordern, dass die Daten gelöscht und die Speichelproben zerstört werden. Das wird einem schwergemacht, aber es ist möglich. Und: Wer die Herkunftsländer seiner Vorfahren kennt, kann sich selbst solche Länder-Playlists mischen – ganz ohne Gentest.
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