4000 Stunden beobachtet
Menschenähnliche Mutter-Kind-Bindung bei Affen

Eine neue Studie zeigt, dass junge Schimpansen in freier Wildbahn verschiedene Bindungstypen zu ihren Müttern entwickeln, jedoch keine desorganisierten Bindungen wie bei Menschen oder Schimpansen in Gefangenschaft.
Publiziert: 12.05.2025 um 17:14 Uhr
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Aktualisiert: 12.05.2025 um 17:50 Uhr
Wie Menschenkinder entwickeln auch junge Schimpansen verschiedene Arten von Bindungen zu ihren Müttern.
Foto: Antoine Valet
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

Junge Schimpansen entwickeln wie auch Menschenkinder verschiedene Arten von Bindungen zu ihren Müttern. Das haben Forschende in einer neuen Studie herausgefunden, für die sie die Menschenaffen fast 4000 Stunden lang beobachteten.

Allerdings fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei frei lebenden Menschenaffen keine sogenannten desorganisierten Bindungen. Diese kommen bei Menschen und bei Schimpansen in menschlicher Obhut häufig vor und werden mit emotionalen sowie psychischen Problemen in Verbindung gebracht, wie die Max-Planck-Gesellschaft am Montag berichtete. 

Dies deute darauf hin, dass solche Verbindungen in freier Wildbahn keine geeignete Überlebensstrategie sind.

Keine desorganisierte Bindung in freier Wildbahn

Das Forschungsteam identifizierte demnach erstmals verschiedene Typen von Mutter-Kind-Bindungen bei frei lebenden Schimpansen. Über vier Jahre hinweg wurden dafür frei lebende Schimpansen in einem Nationalpark in der Elfenbeinküste beobachtet. Die Resultate wurden am Montag in der Fachzeitschrift «Nature Human Behaviour» veröffentlicht.

Einige Tiere fühlen sich sicher, verlassen sich in Zeiten der Not auf ihre Mutter und erkunden selbstbewusst ihre Umgebung. Andere haben eine unsicher-vermeidende Bindung, was bedeutet, dass sie unabhängiger sind und nicht so sehr den Beistand der Mutter suchen.

Im Gegensatz zu Menschen, bei denen der Studie zufolge 23,5 Prozent der Kinder eine sogenannte desorganisierte Bindung haben, und in menschlicher Obhut lebenden Schimpansenwaisen, von denen 61 Prozent diesen Bindungstyp aufweisen, zeigen Schimpansen in freier Wildbahn keine Anzeichen desorganisierter Bindung.

Beim Menschen entsteht eine desorganisierte Bindung, wenn ein Kind Angst, Trauma oder Aggression durch seine Bezugsperson erlebt. Als Folge kann das Kind widersprüchliche Verhaltensweisen zeigen, indem es Zuneigung sucht, aber auch Angst vor der Bezugsperson hat. Diese Art der Bindung kann zu Problemen bei der Emotionsregulation, der sozialen Integration und zu langfristigen psychischen Problemen führen.

Auch von Menschen aufgezogene Schimpansenwaisen entwickeln häufig desorganisierte Bindungen, wahrscheinlich aufgrund einer fehlenden festen Bezugsperson. In freier Wildbahn hingegen, wo Schimpansen in stabilen Familienstrukturen aufwachsen und dem natürlichen Überlebensdruck durch Raubtiere ausgesetzt sind, fanden die Forschenden keine Hinweise auf diese Bindungsform.

Von den Ergebnissen erhoffen sich die Experten ein besseres Verständnis darüber, wie das Umfeld, in dem Kinder aufwachsen, Bindungsmuster beeinflusst und wie frühe Lebenserfahrungen die soziale und emotionale Entwicklung prägen können.

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