Wir schreiben das Jahr 1918. Die Welt wurde gerade in ihren Grundfesten erschüttert. Millionen liessen ihr Leben in den Schützengräben des 1. Weltkrieges. Und auch in der Schweiz rumort es.
Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts war an der neutralen Schweiz nicht spurlos vorbei gegangen. Die Kluft zwischen den Unternehmen und der Landwirtschaft sowie der zunehmend von Armut betroffenen Arbeiterklasse hatte sich weiter vergrössert. Als sich der Krieg dem Ende zuneigte war rund ein Sechstel der Schweizer Bevölkerung auf Notstandsunterstützung angewiesen.
Grösster Streik in der Schweizer Geschichte
Streiks waren zu dieser Zeit keine aussergewöhnlichen Kampfformen der Lohnabhängigen. Die Schweiz hatte in den Jahren vor dem Landesstreik schon eine beachtliche Anzahl an Arbeitsniederlegungen gesehen.
Im Gegensatz zu den vorangegangen Arbeitsverweigerungen war der Landesstreik keine lokale Angelegenheit. Rund 250'000 Arbeiter aus der ganzen Schweiz beteiligten sich. Der Landesstreik 1918 markiert somit die wichtigste innenpolitische Krise die das Land je gesehen hat.
Streik des Bankenpersonals als Funke
Im Februar 2018 gründeten die SP und der Schweizerische Gewerkschaftsbund das Oltener Aktionskomitee (OAK). Darin gelang es dem Sozialdemokraten Robert Grimm die wichtigsten Funktionäre der Gewerkschaften und der Partei an einen Tisch zu bringen. Unter der Androhung eines Generalstreiks konnten im Sommer 1918 bedeutende Verbesserungen in der Nahrungsmittelversorgung erkämpft werden.
Bereits am 30. September trat das Zürcher Bankenpersonal für Lohnerhöhungen in den Streik. Infolgedessen solidarisierte sich die Arbeiterschaft mit deren Forderung und organisierte einen lokalen Generalstreik.
Das mit weitreichenden Folgen. Teile des Bürgertums sahen in den Streiks die Generalprobe für die Revolution. So kam es, dass die Armeeführung am 7. Novmember bewaffnete Soldaten in Zürich einmarschieren liess.
Truppen in Zürich
Diese Intervention rief bei vielen Arbeitern und Arbeiterinnen Empörung hervor. Das Oltener Aktionskomitee rief deshalb für den 9. November für zu einem eintägigen Proteststreik auf. Am 10. November folge eine Demonstration bei welcher aus bis zum heutigen Tag ungeklärten Gründen ein Polizist erschossen wurde. Daraufhin rief das OAK für den 12. November den unbefristeten Generalstreik aus.
- Neuwahl des Nationalrates nach dem Proporzsystem
- Frauenstimmrecht
- Einführung einer Arbeitspflicht
- Beschränkung der Wochenarbeitszeit (48-Stunden-Woche)
- Reorganisation der Armee zu einem Volksheer
- Ausbau der Lebensmittelversorgung
- Alters- und Invalidenversicherung
- Staatsmonopole für Import und Export
- Tilgung der Staatsschulden durch die Besitzenden
- Neuwahl des Nationalrates nach dem Proporzsystem
- Frauenstimmrecht
- Einführung einer Arbeitspflicht
- Beschränkung der Wochenarbeitszeit (48-Stunden-Woche)
- Reorganisation der Armee zu einem Volksheer
- Ausbau der Lebensmittelversorgung
- Alters- und Invalidenversicherung
- Staatsmonopole für Import und Export
- Tilgung der Staatsschulden durch die Besitzenden
Eine Viertelmillion Arbeiter und Arbeiterinnen folgten dem Streikaufruf. Die meisten davon in der Deutschschweiz. Die Regierung reagierte mit der ultimativen Forderung den Streik abzubrechen und dem Aufgebot bewaffneter Truppen.
Das OAK befürchtete eine Eskalation und den Ausbruch bürgerkriegsähnlicher Zustände durch eine gewaltsame Niederschlagung durch das Militär. Aus diesen Gründen beschloss es in der Nacht vom 13. auf den 14. November den Streikabbruch. Ohne Opfer ging der grösste Streik in der Schweizer Geschichte dennoch nicht über die Bühne. Am 14. November, dem letzten Streiktag, erschoss das Militär in Grenchen SO drei junge Uhrenarbeiter.
Sieg oder Niederlage?
Zunächst wurde der Landestreik als Niederlage der Arbeiterbewegung empfunden. Zu diesem Bild trugen auch die über 3500 Verfahren und 147 Verurteilung von Exponenten der Streikbewegung bei.
Dennoch: Auch wenn die Teilnehmenden des Landesstreikes ihre Forderungen nicht direkt erfüllt sahen, kam es nach 1918 zu einer Beschleunigung sozialer Reformen. Bereits im selben Jahr noch wurde der Achtstundentag eingeführt und die Arbeiterbewegung in die politische Entscheidungsfindung eingebunden.
Trotzdem dauerte es bei einigen Forderungen anderen noch Jahrzehnte bis sie umgesetzt wurden. Das Frauenwahlrecht beispielsweise kam erst im Jahr 1971.