Bloss nicht!
Diese Sehenswürdigkeiten in Portugal sind völlig überbewertet

Portugal boomt – bei Touristen und Auswanderern gleichermassen. Zu Recht: Das Lebensgefühl ist wunderbar, die Menschen sind herzlich und die Städte bilderbuchtauglich. Aber es finden sich auch Sehenswürdigkeiten, die ihr Geld nicht wert sind.
Publiziert: 11:17 Uhr
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Die berühmte Strassenbahn der Linie 28 schlängelt sich an den schönsten Ecken Lissabons vorbei – vollgestopft mit Touristen.
Foto: Shutterstock

Darum gehts

  • Beliebte Touristenattraktionen in Portugal enttäuschen oft durch Überfüllung
  • Alternativen wie die Tramlinie 12 oder die Buchhandlung Livraria Bertrand in Lissabon bieten authentischere Erlebnisse
  • Pastéis de Nata haben etwa 200 Kalorien pro Stück
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Christian BauerReise-Journalist

Strassenbahn Nummer 28 in Lissabon

Ich bin ein Freund des Nostalgischen. Deshalb liebe ich die alten Wagen der Linie 28 in Lissabon, die quietschend und scheppernd durch enge Gassen schaukeln und dabei die schönsten Quartiere Lissabons streifen. Neben den Cable Cars in San Francisco gilt sie als die berühmteste Strassenbahn der Welt – und ist zum Massentourismus-Armageddon verkommen. Besucher drängen sich in die Wagen, Möchtegern-Influencer posieren für das «perfekte» Selfie. Eine Bahnfahrt könnte verzaubern, doch die schiere Menge an lieben Mitmenschen erstickt die Magie. Anwohner weichen in der Hauptferienzeit oft resigniert aus.

Die Alternative: Die Linie 12 setzt ebenfalls historische Wagen ein und führt ebenso durchs malerische Alfama-Viertel.

Livraria Lello, Porto – Buchladen mit Eintrittsgeld

Die Buchhandlung Livraria Lello in Porto ist Jugendstil in Reinkultur: geschwungene Holztreppe inmitten des hohen Raums, filigrane Holzverzierungen, darüber eine farbintensive Glasdecke. Kein Wunder wird sie regelmässig zu den schönsten Buchhandlungen der Welt gekürt. Zusätzlich heizt ein hartnäckiges Gerücht den Andrang an: J. K. Rowling habe sich hier zu den Harry-Potter-Romanen inspirieren lassen. Das Resultat: Besuch nur mit zeitlich gebundenem Ticket (10 Euro). Für 15.95 Euro umgeht man die Schlange, eng wird es dennoch. 

Immerhin gibt es dafür ein Buch des eigenen Verlags geschenkt – allerdings stehen nur fünf verstaubte Klassiker zur Auswahl. Eine Buchhandlung mit Eintritt? Nein, danke!

Die Alternative: Das Interieur der Buchhandlung Livraria Bertrand in Lissabon ist zwar nicht so aussergewöhnlich, dafür wurde die Livraria Bertrand im Jahr 1732 gegründet und ist damit die älteste durchgehend geöffnete Buchhandlung der Welt.

Pastéis de Nata – schmecken auch ausserhalb von Lissabon

Zu den herrlichsten kulinarischen Erlebnissen in Portugal zählen die Pastéis de Nata, diese puddinggefüllten Geschmacksbomben, die das Leben mit jedem Bissen glücklicher machen. Dass die kleinen Blätterteigtörtchen rund 200 Kalorien in sich verstecken, ignoriert man geflissentlich.

Erfunden wurde Portugals Nationalschleckerei im Hieronymus-Kloster im Stadtteil Belém von Lissabon. Nach der Auflösung des Klosters verkauften die Mönche das Originalrezept an die Konditorei Casa Pastéis de Belém, wo die Pastéis de Nata noch heute hergestellt werden. Wer nun denkt, hier am Originalschauplatz die besten Crèmetörtchen des gesamten Landes geniessen zu können, wird bitter enttäuscht: Die Warteschlange ist lang und der Geschmack der Törtchen kaum das Warten wert.

Die Alternative: Die Portugiesen lieben ihre Pastéis de Nata – deshalb gibt es die feinen Törtchen in fast jedem Café!

Palácio Nacional da Pena – Märchenschloss mit Monsterandrang

Das Schloss Palácio Nacional da Pena in der Stadt Sintra ist Portugals Neuschwanstein: Ein Märchenpalast, der alt aussieht, aber ein Fake ist. Portugals König Ferdinand II. liess das Schloss um 1840 errichten und warf für seine Version alle möglichen vergangenen Baustile zusammen – genauso wie es Bayernkönig Ludwig II. in seinem Schloss Neuschwanstein tat. Klar, beim Besuch der prachtvollen Räume und der historischen Parkanlage fühlt man sich wie in einem Disney-Film – wären da nicht die Besuchermassen, die zeitgebundenen Tickets und der verstopfte Parkplatz.

Die Alternative: Die Burg von Almourol erhebt sich auf einer kleinen Insel im Tejo und wurde im 12. Jahrhundert von den Tempelrittern erbaut – ein Ort von historischer Bedeutung.

Fado-Dinner – Shows ohne Seele

Der Fado ist Portugals berühmtester Musikstil. Wegen seiner oft melancholischen, sehnsuchtsvollen Melodien und traurigen Texten auch als «Blues Portugals» bezeichnet, gehört der Fado zu Portugal wie die Pastéis de Nata. Wer die Chance hat, sollte unbedingt ein Fado-Konzert besuchen, am besten eines der Stars wie der Sängerinnen Mariza und Ana Moura oder des Sängers Camané. Was man unbedingt vermeiden sollte, sind Fado-Dinners, bei denen mittelmässige Sänger langweilige Performances abliefern. Die Touristenveranstaltungen haben wenig mit authentischem Fado zu tun und zielen nur darauf ab, den unwissenden Besuchern das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Die Alternative: Nebst offiziellen Konzerten sollte man ausserhalb der Touristen-Hotspots wie der Alfama in Lissabon oder dem Zentrum von Porto nach lokalen «Casas de fado» suchen.

Benagil-Höhle - Photoshop lässt grüssen

Mit ihren zwei Bögen, die sich direkt zum Meer öffnen, und dem kreisrunden Loch in der Decke, durch welches die Sonne scheint, zählt die Benagil-Höhle beim gleichnamigen Ort zu den schönsten Natur-Highlights der Algarve. Und wenn man den Instagram-Fotos Glauben schenkt, geniesst man das kleine Paradies völlig allein. Wahrscheinlich war KI beim Löschen der vielen Besucher und Boote mit im Spiel. Denn allein ist man hier nie. Mittlerweile wurden die Regeln für einen Besuch verschärft: Das Schwimmen in der und um die Höhle ist verboten, und wer mit einem Kajak zu einem Besuch aufbricht, muss eine geführte Tour buchen. Nein, danke!

Die Alternative: Eine Kajak-Tour zu den Felsformationen Ponta da Piedade bei der Stadt Lagos.

Cabo da Roca – Fotospot-Rummel

Superlative ziehen immer! Wer will sie nicht sehen, den höchsten Wolkenkratzer, die tiefste Höhle, die grösste Pyramide? Ebenso verhält es sich mit dem Cabo da Roca bei Sintra, dem westlichsten Punkt des europäischen Festlands. Zugegeben: Die steile Atlantikküste, über der sich ein Leuchtturm erhebt, ist spektakulär – das eigentliche Kap ist dagegen eine Enttäuschung. Busladungen von Touristen rennen hektisch umher, um den schönsten Fotospot zu ergattern.

Die Alternative: Ein intensiveres Erlebnis der dramatischen Küste hat man vom Praia da Ursa. Der Strand liegt zwar ein paar Meter weiter nördlich, doch hierhin verirren sich kaum Touristen. Zum Strand geht es zu Fuss vom Cabo da Roca.

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