Darum gehts
- Beliebte Sehenswürdigkeiten leiden unter Übertourismus und Menschenmassen
- Alternativen wie Porto Venere oder Ischia bieten authentisches italienisches Flair
- Ab September 2025 kostet der Besuch am Trevi-Brunnen 2 Euro
Der Trevi-Brunnen in Rom
Es ist selten ein gutes Zeichen, wenn der Zugang zu einer Sehenswürdigkeit strikt geregelt werden muss – so wie seit diesem Jahr am Trevi-Brunnen in Rom. Ab September 2025 zahlen Besucher 2 Euro für 30 Minuten am Beckenrand, um den wohl berühmtesten Brunnen der Welt zu betrachten. Der Zugang wird auf maximal 400 Menschen gleichzeitig begrenzt. Das entspannt die Lage am Wasser – doch dafür stockt der Andrang am Einlass. Unschön.
Der Trevi-Brunnen ist ein Meisterwerk des Barock, zugleich der grösste seiner Art in Rom. Dass die Fontana di Trevi eindrucksvoll ist, daran besteht kein Zweifel – nur die Menschenmassen nehmen dem Moment die Magie.
Fun Fact: Das Wasser kommt von einem Aquädukt, das vor über zwei Jahrtausenden von den Römern erbaut wurde und bis heute in Betrieb ist.
Die Alternative: Unweit der engen Piazza di Trevi liegt die grosszügige Piazza Navona mit gleich drei Repräsentationsbrunnen. Der bedeutendste, der Vierströmebrunnen von Giovanni Bernini, zeigt Allegorien der Flüsse Nil, Ganges, Donau und des Río de la Plata.
Der Schiefe Turm von Pisa – nur ein Fotomotiv
Gewusst? Der Schiefe Turm ist Teil eines Ensembles aus dem 12. und 13. Jahrhundert, bestehend aus Dom, einer Taufkapelle und eines monumentalen Friedhofs. Das Zusammenspiel der Bauten ist so harmonisch, dass man das Areal Piazza dei Miracoli, den Platz der Wunder, nennt. Kurz: Pisa ist für Kunstinteressierte ein Muss.
Doch vor Ort regiert der Foto-Wahnsinn: Menschen posieren vor dem schiefen Turm und übertrumpfen einander mit skurrilen Selfie-Ideen – allen voran das ewige Motiv, den Turm mit den Händen zu stützen. Dieser Rummel macht das Erlebnis zur Qual.
Mein Tipp: Die Piazza dei Miracoli ist (mit Ausnahmen) rund um die Uhr geöffnet. Wer bei Sonnenaufgang vorbeischaut, trifft auf wenige Touristen. Die Monumente besucht man am besten kurz vor der Schliessung (meist 20 Uhr).
Cinque Terre – so voll wie die Street Parade
Keine Besucher, einsame Wanderwege und Bilderbuchdörfchen im Dornröschenschlaf: Bei meinem letzten Besuch gegen Ende der Corona-Pandemie war die Cinque Terre wahrlich ein Paradies auf Erden. Mittlerweile sind die Massen wieder in das überschaubare Gebiet eingefallen – mit all den typischen Nebenwirkungen des Übertourismus: Gedränge, verstopfte Strassen, teilweise unhöfliches Verhalten. Inzwischen wurden für die beliebten Wanderwege Eintrittstickets, Zeitfenster und ein Einbahnsystem eingeführt. Völlig verrückt!
Die Alternative: Unweit der Cinque Terre befindet sich der Ort Porto Venere, der ebenso aus kunterbunten, verschachtelten Häusern besteht und ebenfalls UNESCO-Welterbe ist – jedoch mit viel weniger Andrang.
Julias Balkon in Verona – ein Fake
Romeo: «Doch, still! – Was schimmert durch das Fenster dort? Es ist der Osten, und Julia ist die Sonne!» So beginnt die wohl bekannteste Liebesszene der Weltliteratur: die Balkonszene aus «Romeo und Julia» von William Shakespeare (1564–1616). Der englische Dichter verlegt seine tragische Geschichte nach Verona. Die norditalienische Stadt ist längst zum Pilgerziel von Romantikern und Frischverliebten geworden, die sich unter jenem berühmten Balkon an Julias Haus schmachtend in die Augen sehen. Nur: Der Balkon wurde in den 1940er-Jahren mithilfe einer mittelalterlichen Grabplatte nachträglich angebaut – mit Shakespeares Drama hat er nichts zu tun.
Die Alternative: Im römischen Amphitheater von Verona erklingen jeden Sommer Verdi-Opern – eine perfektes Date-Night mit dem oder der Liebsten.
Capri und die Blaue Grotte – nein danke
Es gibt Orte, die vom längst abgeblätterten Glanz vergangener Tage leben – Capri im Golf von Neapel gehört dazu. Wo einst die Reichen und Schönen ausspannten, drängen heute Besucher aus aller Welt herbei, um sich im Schimmer der High Society zu sonnen. So hat die sonnenverwöhnte Insel viel von ihrer Seele eingebüsst. Zum Sinnbild wurde die berühmte Blaue Grotte: Vor der Einfahrt tuckern Boote – bis zu zwei Stunden wartet man an Bord, bevor man für wenige Minuten mit vielen anderen Besuchern das kobaltblaue Dunkel der Höhle besuchen kann.
Die Alternative: Ganz in der Nähe liegen Ischia und Procida – weniger überlaufen, beide mit eigenem Rhythmus; vor allem Procida hat seinen authentischen, süditalienischen Charme bewahrt.
Übrigens: Die Amalfiküste, berühmt für die malerischen Dörfer und die Küstenstrasse, ist ebenfalls ein Opfer seines Zaubers geworden – unbedingt vermeiden!
Sirmione am Gardasee – voll, voller, am vollsten
Am ersten Maiwochenende dieses Jahres strömten 75'000 Besucher in das 8000-Seelen-Dörfchen Sirmione, verstopften die Strassen, liessen die Restaurants aus den Nähten platzen und verwandelten den Alltag der Anwohner in eine Zumutung. Seither gilt Sirmione als trauriges Sinnbild des Übertourismus. Zugegeben: Der Ort direkt am See mit seiner wehrhaften, mittelalterlichen Burg wirkt wie hingeträumt – nur nicht, wenn man sich durch die Gassen schiebt wie bei der Street Parade in Zürich.
Die Alternative: Wer einen italienischen Bergsee sucht, findet am Lago d’Iseo Ruhe – ebenso malerisch zwischen Bergen gelegen wie der Gardasee, nur ohne die Menschenmassen.