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Schlucken statt spritzen
Kommt jetzt die Abnehmpille? Fünf Fragen und Antworten zu Orforglipron

Abnehmspritzen sind so effektiv wie umstritten. Jetzt kündigt sich eine Alternative zum Schlucken an. Warum kommt sie erst jetzt – und was macht sie speziell? Das Wichtigste zu einem Wirkstoff, der eine medizinische Revolution revolutionieren könnte.
Publiziert: 12:03 Uhr
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Aktualisiert: 12:38 Uhr
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Ein neuer Wirkstoff zur Gewichtsreduktion steht in den Startlöchern: Orforglipron. Damit rückt nach den injizierbaren GLP-1-Präparaten erstmals eine Abnehmtherapie in Pillenform in greifbare Nähe. Sie könnte die Behandlung von Adipositas einfacher und alltagstauglicher machen – mit allen Chancen und Risiken, die damit verbunden sind. Antworten auf fünf zentrale Fragen zur «Abnehmpille».

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Wie wirksam ist die Abnehmpille?

Im August veröffentlichte das US-Pharmaunternehmen Eli Lilly, das Orforglipron auf den Markt bringen will, vorläufige Studienergebnisse. Sie zeigen: Teilnehmende verloren im Schnitt rund 12 Prozent ihres Körpergewichts, wenn sie über 18 Monate täglich 36 Milligramm Orforglipron in Tablettenform einnahmen. Mit der Abnehmspritze auf Basis von Tirzepatid, die ebenfalls von Eli Lilly stammt, fällt der Gewichtsverlust etwas höher aus – ebenso bei Semaglutid, dem Konkurrenzpräparat von Novo Nordisk. Dennoch setzt Eli Lilly grosse Hoffnungen auf Orforglipron und will den Wirkstoff noch in diesem Jahr bei den Zulassungsbehörden einreichen. Bereits 2026 könnte die Pille auf den Markt kommen. Ein Medikamentenname ist noch nicht bekannt.

Bei der Bekämpfung von Übergewicht dreht sich alles ums Bauchfett. Es ist hauptverantwortlich für zahlreiche Krankheiten.
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Wie funktioniert sie?

Orforglipron ist – wie die injizierbaren Mittel Semaglutid oder Tirzepatid – ein GLP-1-Rezeptor-Agonist. Es ahmt die Wirkung des körpereigenen Hormons GLP-1 nach, das die Magenentleerung verlangsamt, die Darmbewegung reduziert und so für ein länger anhaltendes Sättigungsgefühl sorgt. Dadurch essen Patientinnen und Patienten weniger und nehmen ab. Im Unterschied zu den Spritzenpräparaten, die aus Eiweissbausteinen bestehen und im Magen verdaut würden, ist Orforglipron ein kleines Molekül, das stabil genug ist, um als Tablette geschluckt zu werden. Seine Nebenwirkungen entsprechen weitgehend denen der Spritzenpräparate.

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Warum kommt sie erst jetzt?

Bisher war es nicht möglich, einen Wirkstoff zu entwickeln, der im Magen-Darm-Trakt nicht sofort abgebaut wird. Novo Nordisk hat zwar eine Abnehmtablette auf dem Markt, die jedoch – wie das spritzbare Präparat des Unternehmens – aus Semaglutid besteht, das im Magen eigentlich zerfallen würde. Ein Hilfsstoff sorgt dafür, dass das nicht passiert. Damit er seine Wirkung entfalten kann, müssen strenge Einnahmevorschriften eingehalten werden, was die Attraktivität der Tablette mindert. Bisher ist sie nur für Diabetes-Betroffene zugelassen. Auch Roche setzt auf ein gut verträgliches Abnehmpräparat in Tablettenform. Sein Wirkstoff ist aber noch nicht so weit entwickelt wie Orforglipron.

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Welche Vorteile bringt die Verabreichungsform?

Die meisten Menschen ziehen eine Tablette einer Spritze vor – selbst wenn es sich bei den Abnehmspritzen um Pens handelt, deren Nadeln kaum spürbar sind. Der entscheidende Vorteil von Orforglipron liegt jedoch darin, dass es nicht gekühlt werden muss. Das erleichtert Lagerung und Verteilung erheblich und macht den Wirkstoff besonders interessant für Regionen, in denen eine verlässliche Kühlkette fehlt. Zudem müssen Patienten keine Kühltasche mehr im Handgepäck mitführen, wenn sie mit dem Flugzeug verreisen.

Auch wenn die Nadeln von Abnehmspritzen kaum zu spüren sind, dürften viele lieber eine Pille zu sich nehmen.
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Was sind die Schattenseiten?

Eine Pille könnte dazu führen, dass noch mehr Menschen die Hilfe eines GLP-1-Präparats in Anspruch nehmen, ohne sich mit einer Anpassung des Lebensstils zu befassen. Denn auch wer Orforglipron absetzt, dürfte – wie bei den Abnehmspritzen – schnell einmal wieder beim alten Gewicht sein, wenn er seine Ess- und Bewegungsgewohnheiten nicht grundlegend ändert. Zudem droht die Gefahr, dass mehr Menschen das Medikament ohne medizinische Überwachung zu Lifestyle-Zwecken nehmen und Fälschungen den Markt überschwemmen.

Quellen: «Time», Cash.ch, Mdr.ch, «Der Spiegel», «Financial Times», «The New York Times»

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