Schlafprobleme in jungen Jahren
«Der Schlafbedarf von Kindern wird oft überschätzt»

Schlaf ist wohl eines der Themen, um die sich Eltern am meisten sorgen – vom Babyalter bis zu den Teenagerjahren der Kinder. Kein Wunder, haben doch laut Studien fast ein Drittel der Kids irgendwann Schlafprobleme. Doch wann müssen sich Eltern ernsthafte Sorgen machen?
Publiziert: 14:02 Uhr
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Aktualisiert: 14:42 Uhr
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Fabienne EichelbergerFreie Journalistin Service-Team

Schlaf ist für unseren Körper lebenswichtig. Nicht umsonst heisst es: «Schlaf ist die beste Medizin». Während wir fast regungslos im Bett liegen, laufen zahlreiche Prozesse ab, die unsere Gesundheit stärken. Unter anderem kurbelt der Schlaf den Aufbau von Immunzellen und Botenstoffen an, die wir zur Abwehr von Krankheitserregern brauchen. 

Auch auf die Entwicklung hat der Schlaf einen grossen Einfluss. Schlafmangel bei Kindern und Jugendlichen kann die geistige Reifung, Konzentrationsfähigkeit und das Regulieren von Emotionen beeinträchtigen. Doch wie erkennen Eltern, dass ihr Kind schlecht oder nicht genug schläft? 

Häufiges Schnarchen abklären lassen

Sind beispielsweise Schlafwandeln oder Reden im Schlaf Alarmzeichen? Rabia Liamlahi, Oberärztin am Universitäts-Kinderspital Zürich, die in der Schlafsprechstunde Familien berät, gibt Entwarnung: «Reden und Schlafwandeln sind bei Kindern ein häufiges Phänomen und meist nicht Ausdruck eines schlechten Schlafs.» Beim Schlafwandeln wachen die Hirnareale, die für Bewegung zuständig sind, auf, aber jene, die für das Bewusstsein zuständig sind, schlafen noch. «Das koordinierte Aufwachen funktioniert noch nicht – meist wächst sich das aus», erklärt Rabia Liamlahi. Dasselbe gilt für den Nachtschreck, von dem besonders Kinder im Kindergartenalter betroffen sind. Ein Nachtschreck ist ein plötzliches Aufschrecken im Schlaf, meist schreien die Kinder auch und sind für Minuten nicht ansprechbar. Es handelt sich um ein ähnliches Phänomen wie das Schlafwandeln, doch beim Nachtschreck sind auch die Hirnareale wach, die für die Emotionen zuständig sind. Auch wenn Kinder mal im Rahmen einer Erkältung schnarchen, ist das kein Grund zur Sorge. Kommt das Schnarchen jedoch dauerhaft vor, kommt es zu Atemaussetzern oder ist das Kind tagsüber nicht erholt, sollte man die Ursache des Schnarchens abklären lassen.

Rabia Liamlahi ist Oberärztin am Universitäts-Kinderspital Zürich und berät Familien in der Schlafsprechstunde.
Foto: Zvg

Für die Diagnose einer Schlafstörung gibt es zwar gewisse Kriterien, in der Schlafsprechstunde am Kinderspital sind diese aber nicht entscheidend dafür, ob eine Familie Hilfe bekommt oder nicht. «Wir achten auf den subjektiven Leidensdruck», sagt Rabia Liamlahi. Sie befragt die Eltern bei einem ersten Gespräch unter anderem dazu, wie es dem Kind tagsüber geht. Ist es oft quengelig, leicht reizbar und müde, seien das Alarmzeichen.

Dann geht es auf die Suche nach der Ursache. Nur in wenigen Fällen ist sie körperlicher Natur. Übergewicht oder ein stark nach hinten verschobener Kiefer können etwa Schlafprobleme begünstigen. Meist sind die Schlafstörungen aber verhaltensbedingt und werden etwa durch einen unregelmässigen Schlaf-Wach-Rhythmus ausgelöst. 

«Nicht alle Kinder brauchen gleich viel Schlaf»

«Sehr oft erlebe ich, dass Eltern das Schlafbedürfnis ihres Kindes überschätzen», sagt Rabia Liamlahi. Sie schicken das Kind ins Bett, wenn es noch gar nicht müde ist und erwarten, dass es länger schläft, als es tatsächlich kann. «Die Eltern richten sich dabei nach allgemeinen Empfehlungen, aber nicht alle Kinder brauchen gleich viel Schlaf», erklärt die Expertin. In ihrer Sprechstunde seien fast alle Kinder Kurzschläfer. Die benötigen mit 12 Monaten vielleicht nicht die empfohlenen 14 Stunden Schlaf, sondern nur elf. Orientieren sich die Eltern am Richtwert, liegt das Kind drei Stunden zu lange im Bett. «Das kann dazu führen, dass es spät einschlafen kann, früh wieder aufwacht, aber auch, dass es nachts oft wach wird und nicht wieder einschlafen kann», sagt Rabia Liamlahi. 

Späterer Schulbeginn wäre sinnvoll

Auch bei älteren Kindern wird der Schlafbedarf häufig überschätzt. Bei Teenagern kommt eine weitere Problematik hinzu: Ihre innere Uhr verschiebt sich nach hinten, das Schlafbedürfnis verändert sich aber kaum. «Jugendliche werden später müde, müssen aber wegen der Schule oder der Lehre früh aufstehen – das kann zu einem chronischen Schlafmangel führen», erklärt Rabia Liamlahi. Schlafexpertinnen und -Experten sind deshalb der Meinung, dass ein späterer Schulbeginn für Jugendliche sinnvoll wäre. Diverse Schulen haben sich darum bereits dazu entschlossen, auf die Frühstunden zu verzichten und nicht vor acht Uhr mit dem Unterricht zu beginnen. 

Jugendlichen, die morgens Mühe haben mit dem Aufstehen, rät Rabia Liamlahi, sich trotzdem möglichst früh dem Tageslicht auszusetzen und an die frische Luft zu gehen. Das Licht signalisiert der inneren Uhr, dass Morgen ist. Bei Einschlafschwierigkeiten kann es unter anderem helfen, elektronische Medien aus dem Schlafzimmer zu verbannen. Dies, da das blaue Licht von den Bildschirmen die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin hemmt und die Beschäftigung mit elektronischen Medien zu einem höheren Erregungslevel führt. Ganz grundsätzlich würden Rituale und fixe Strukturen beim Einschlafen helfen. Doch der Schlafdruck muss auch gross genug sein. Sind wir nicht müde, können wir schlicht nicht schlafen.

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