Paartherapeut über Liebe zwischen zwei Kulturen
«Binationale Paare brauchen viel Zeit und Geduld»

Sprachbarrieren, unterschiedliche Kindererziehung, religiöse Gegensätze: Wenn zwei Kulturen aufeinandertreffen, kann es in der Beziehung ordentlich krachen. Paarberater Martin Bachmann weiss, wo es bei binationalen Paaren am meisten knirscht.
Publiziert: 16:22 Uhr
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Aktualisiert: 17:52 Uhr
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Paarberater Martin Bachmann
Foto: zVg

Darum gehts

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Maja ZivadinovicFreie Journalistin Service-Team

Blick: Mit welchen Themen wenden sich binationale Paare an Sie?
Martin Bachmann: In erster Linie sind auch binationale Paare ganz normale Paare, die mit den genau gleichen Themen wie andere Paare konfrontiert sind. Oft geht es um Finanzielles, Gestaltung des Alltags, Kommunikation und Kindererziehung. Was die binationalen Paare unterscheidet, ist der Fakt, dass erwähnte Themen bei ihnen herausfordernder sein können.

Wieso?
Am Anfang einer Beziehung steht die rosa Brille, die absolute Verliebtheit. Stammt das Gegenüber dann auch noch aus einem anderen Land und einer anderen Kultur, kann das besonders aufregend sein. Das Gefühl von «wir zusammen gegen den Rest der Welt» ist besonders ausgeprägt. Wenn dann aus der Verliebtheit Liebe wird, kann die Fallhöhe grösser sein als bei Paaren, die den gleichen kulturellen Hintergrund teilen.

Mit welchen Herausforderungen können dann diese Paare konkret konfrontiert sein?
Liebe funktioniert dann am besten, wenn man sich auf Augenhöhe begegnet. In binationalen Beziehungen ist es oft so, dass jemand für jemanden in ein neues Land zieht. Dann ist man da, hat keine Freunde, keinen Job und ist der Sprache nicht mächtig. Was am Anfang romantisch und abenteuerlich ist, kann im Alltag ein grosses Ungleichgewicht in die Beziehung bringen. Schwierig kann es auch sein, wenn der eine gemeinsame Kinder schweizerisch traditionell erziehen will, während der andere Part auf eine Erziehung seiner kulturellen Herkunft pocht.

Wie sieht es mit der Sprachbarriere aus?
Natürlich kann auch eine solche herausfordernd sein. Da hilft es, wenn das Paar, wenn es ernste Themen und Konflikte besprechen will, auf eine Sprache wechselt, die für beide eine Fremdsprache ist. Das hilft, damit sich das Paar auf Augenhöhe unterhalten kann. Lustigerweise denken Paare, die die gleiche Muttersprache sprechen, dass die Kommunikation problemlos verläuft. Dabei reicht es bei weitem nicht, dass man die gleiche Sprache spricht. So gesehen müssen binationale Paare gar nicht unbedingt im Nachteil sein. Das Einzige, von dem sie aber sicher etwas mehr benötigen, ist Zeit und Geduld.

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Yumiko und Dominic Junghänel sind seit 2005 ein Paar.
Foto: Siggi Bucher

Viele binationale Paare haben auch unterschiedliche Religionen: Wie kann eine Beziehung trotzdem harmonisch gelebt werden?
Hier sind Offenheit, Verständnis, Interesse und viel Respekt der Schlüssel. Ich will aber nichts beschönigen. Wenn der eine Part sehr religiös ist und aus einer Kultur kommt, in der der Mann zum Beispiel das Sagen hat, kann das in einer Beziehung mit einer Schweizer Atheistin klar zu Konfliktsituationen führen. In meiner Praxis aber mache ich die Beobachtung, dass verschiedene Bildungsniveaus das grössere Problem sein können.

Und was, wenn die eine Familie gar nicht einverstanden ist mit der Partnerwahl?
Hier lohnt es sich oft, genau nachzufragen. Wenn sich eine Familie sträubt, was es durchaus auch in nicht binationalen Verbindungen gibt, stecken oft Unsicherheiten und Ängste dahinter. Es kann helfen, sich die Ängste anzuhören, Verständnis zu haben und aufzuklären. Man darf sich aber auch emanzipieren und der eigenen Familie klar und deutlich sagen, dass man sie liebt. Dass man aber auch den Partner liebt. Und dass dieser genau der Mensch ist, mit dem man zusammen sein will.

Was sind Ihre drei Tipps, damit eine binationale Beziehung möglichst harmonisch gelebt werden kann?
Viel schöne Zeit zusammen geniessen. Zusammen lachen, Spass haben, Freude teilen. Und locker bleiben, wenn der Partner, der für mich in mein Land gezogen ist, sich langsam ablöst, eigene Freundschaften aufbaut und selbständiger wird. Ich erlebe es oft, dass hier Eifersucht zum Thema werden kann, leider. Dabei ist es wichtig, dass jeder sein eigenes Leben hat, damit man sich auf Augenhöhe ohne Machtgefälle begegnen kann, um genau das zu tun, was ich am Anfang dieser Antwort rate: viel schöne Zeit zu zweit geniessen.

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