Darum gehts
Wer das Gefühl hat, Masturbation ist nur ein Thema für Teenager, Sexratgeber oder Singles mit wenig Sex, irrt gewaltig. Tatsächlich steckt hinter Solo-Sex eine kuriose und lehrreiche Kulturgeschichte mit überraschend viel Schweizer Bezug. Wir präsentieren acht Fakten, die zeigen, was die Schweiz mit Lust, Legenden und Lügen rund um die Masturbation zu tun hat.
Der Lausanner Samuel Auguste Tissot (1728–1797) gehörte im 18. Jahrhundert zu den berühmtesten Ärzten der Schweiz. Seinen Bekanntheitsgrad verdankte der Mediziner einer Schrift gegen die männliche Masturbation. Tissot behauptete, Onanie könne zu Erblindung, Nervenschwäche und zum Tod führen. Sein Buch «L’Onanisme», das 1760 erschien, wurde zum Bestseller. Tempi passati, zum Glück!
Heute steht die Schweiz an einem ganz anderen Ort: In der Sexualerziehung wird Masturbation nicht mehr verteufelt, sondern als Teil eines gesunden Körpergefühls vermittelt. Sexologinnen wie Dania Schiftan machen schon lange darauf aufmerksam, dass Sexualerziehung bereits im Babyalter beginnen soll und Selbstbefriedigung schon im Kindergarten ein Thema ist.
Best-of skurrile Ausdrücke für Männer: Sich eine jodle, dä Jocke zieh, sich eine klöpfe, sich eine abechlopfe, d’Wurscht tanzä lah, sich a dä Schlange würge, Pfupf ablah, Solo-Schüttler sii, s’Röhrli lüpfe, dr Käptn us em U-Boot hole, am Zapfhahn dreie, de Hosetröchler schwinge, eifach es chliies Handwärk mache, am Wilhelm Täll d’Armbrust putze!
Best-of skurrile Ausdrücke für Frauen: Sich d Pfluume schwinge, am Müsli rubblä, sich e Finger gäh, de Gärtlipfad sueche, dr Gürgeli streichle, sich selber verzuckere, s'Mandala malä, d’Muschi tröschte, s’Kätzli streichle, s’Sünneli umeloufe lah!
Eine repräsentative Umfrage des Dating-Portals «C-Date» unter 5700 Europäerinnen und Europäern zeigte im Jahr 2011, dass beeindruckende 92 Prozent der Schweizer Männer regelmässig Selbstbefriedigung praktizieren. Bei den Schweizerinnen sind es 72 Prozent. Das ist der Spitzenwert in Europa. Wir dürfen uns auf die Schulter klopfen.
Im 19. Jahrhundert ging es in einigen Schweizer Internaten streng zu und her. So glaubte man, wer zu viel Schoggi isst, rege «niedere Triebe» an. Tatsächlich wurde Schokolade deswegen aus dem Menü verbannt.
Nicht nur in Schweizer Zoos wurden schon Schimpansen beobachtet, wie sie sich mit Stöcken oder Wasserdüsen selbst befriedigen. Auch Delfine, Ziegen und Elefanten zelebrieren regelmässig Solo-Sex. Die Natur kennt keine Scham. Gut so.
Viele Schweizer Medizinerinnen, Sexologen und Paartherapeutinnen setzen Masturbation gezielt als Therapie ein. Und zwar zur Behandlung von Erektionsstörungen, Orgasmusschwierigkeiten oder als Stressventil. Dafür gibt es sogar einen medizinischen Namen: Selbstexploration.
In Pflegeheimen und betreuten Wohneinrichtungen wird Masturbation heute zunehmend als Teil der gelebten Sexualität anerkannt – mit Schulungen für das Personal und Privatsphärekonzepten. Selbstbefriedigung kennt kein Verfallsdatum. Das ist nicht nur wegen des Spassfaktors gut: Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass beim Orgasmus über 30 Hirnregionen gleichzeitig aktiv sind – darunter Areale für Belohnung, Schmerzverarbeitung, motorische Kontrolle, Gedächtnis, Empathie und sogar spirituelle Erfahrungen.