Masken empfinden viele als unangenehm – aus vielen Gründen. Den einen wird schlecht, andere empfinden sie als Eingriff in ihre Freiheit, und noch andere wittern gar eine Verschwörung der Regierung und Bill Gates (?).
Einige haben aber auch wirklich hand- respektive mundfeste Gründe, den Masken abgeneigt zu sein: diejenigen, die froh in die Maske ausatmen und dann via Nase eine Kostprobe der eigenen Atemluft bekommen und am eigenen Leib erfahren müssen: «Au weia, der Döner von vorhin wäre glaubs ohne Zwiebeln umweltverträglicher gewesen.» Oder, schlimmer noch, diejenigen, die ganz ohne Döner oder Zwiebeln denken müssen: «Würg, was ist DAS denn?» So manch einer und manch eine merkt angesichts der Maskenpflicht, dass wohl entweder mit ihrer Mundhygiene oder mit ihrem Magen etwas nicht ganz so koscher scheint, wie es eigentlich zu wünschen wäre.
90 Prozent der Ursachen liegen im Mund
Die gute Nachricht: Sollten Sie sich jetzt ertappt fühlen, ist das eine gute Sache. Ihre eigene Gesundheit wie auch ihr Sozialleben wird Ihnen – nein, eigentlich den Masken – danken, dass das Problem erkannt ist. Falls Sie etwas dagegen tun. Denn Mundgeruch entsteht – wir lassen Zwiebeln und Knoblauch, Kaffee und Alkohol jetzt mal aussen vor – zu 90 Prozent durch Bakterien im Mund.
«Zum einen führt mangelnde Mundhygiene zu schlechtem Atem», sagt Professor Andreas Filippi. Er leitet unter anderem die Mundgeruch-Sprechstunde am Universitären Zentrum für Zahnmedizin Basel (UZB). Mangelnde Mundhygiene, denkt nun der Laie, kein Problem, putzt man halt die Zähne, gut ist. Ist aber gemäss Filippi leider nicht ganz so einfach. Denn wirklich unangenehmer Mundgeruch entsteht aus drei Gründen.
Grund 1: Mangelnde Mundhygiene
Mangelnde Mundhygiene führt zu Biofilmen auf den Zähnen, aber auch am Übergang zwischen Zahnfleisch und Zahn, was zu Parodontitis führen kann. Dies bedeutet, dass nach einer chronischen Entzündung des Zahnfleischs der Knochen zurückgeht, der die Zähne im Kiefer hält. Früher oder später führt das zu tiefen Zahnfleischtaschen, was im Einzelfall auch allgemeinmedizinische Probleme wie Herz-Kreislauf-Probleme bereiten kann. In diesen tiefen Zahnfleischtaschen leben anaerobe Mikroorganismen, also Bakterien, welche keinen Sauerstoff benötigen. Diese produzieren flüchtige Schwefelverbindungen. Diese gelangen dann in die Atemluft und werden als Mundgeruch wahrgenommen.
Grund 2: Biofilm auf der Zunge
Wird nach dem Zähneputzen noch immer Mundgeruch wahrgenommen, liegt die Ursache meist auf der Hand – pardon, der Zunge: «Die zweithäufigste Ursache von Mundgeruch ist der individuell bei jedem Menschen etwas anders ausgeprägte sogenannte Biofilm auf der Zunge», sagt Filippi. «Die Bakterien auf der Zunge verdoppeln sich alle 20 Minuten. Auch hier kann es anaerobe Prozesse geben, welche Mundgeruch verursachen.» Die relativ einfache Abhilfe: Zunge bürsten! Drei Mal am Tag. «Aber nicht mit der Zahnbürste, sondern mit einer speziellen, flachen Zungenbürste», empfiehlt er weiter. «Dies, weil dieser Biofilm meist eher im hinteren Drittel der Zunge liegt und eine normale Zahnbürste zu hoch ist, um, ohne einen Würgereflex auszulösen, dorthin zu gelangen.» In Grossverteilern wie Migros und Coop gibt es spezielle Zungenbürsten und auch -pasten.
Grund 3: Mundtrockenheit
Der dritte Grund für schlechten Atem: «Mundtrockenheit. Oft aufgrund von Rauchen oder Alkoholkonsum», sagt Filippi. Auch in diesem Fall ist Abhilfe ziemlich einfach: mehr respektive genügend Wasser trinken. Um Mundgeruch in Schach zu halten, hat Filippi im Übrigen eine App entwickelt: «Halitosis» heisst sie und ist im Apple Store wie auch im Google Play Store erhältlich.
Seltenere Ursachen im Rachen und Magen
Denkt man nach Dentalhygiene und Zungenbürsten beim Einatmen des eigenen Maskenatems immer noch: «Ui, Tod, Teufel und Pestilenz!», liegt leider sonst etwas im Argen, sagt Christian Rohrmann. Der Oensinger Hausarzt, welcher sich auf Innere Medizin spezialisiert hat, wurde uns vom Schweizer Verband der Haus- und Kinderärzte (MFE) als Ansprechpartner empfohlen. Er verortet die häufigsten Ursachen – Verzeihung, es wird jetzt leicht eklig – in Eitertaschen, oft in den Mandeln, die bei manchen Menschen eine eher zerklüftete Form haben. In diesen können sich Speisereste ansammeln, welche vor sich hin faulen und schliesslich für eine prächtige Entzündung sorgen. Der Fall ist hier klar, sagt Rohrmann: «Mandeln raus!» Ein ähnliches Phänomen kann im Rachen – im obersten Teil der Speiseröhre – auftreten. Das sogenannte Zenker-Divertikel ist eine Art Aus- oder Einstülpung in der Speiseröhre, in welcher Nahrungsreste hängen bleiben. Es ist mit einem operativen Eingriff relativ leicht zu beheben. Weitere, eher seltenere Ursachen für Mundgeruch sind gemäss Rohrmann sonst noch chronische Magenentzündungen, also Gastritis. Oder eine chronische Entzündung der Kieferhöhle, Sinusitis genannt.
Masken können gleich doppelt Leben retten
Für alle, die Masken hassen, lässt sich also abschliessend sagen: So schlimm kanns ja eigentlich auch nicht sein. In asiatischen Ländern gehörten die Masken schon vor der Covid-19-Krise zum Strassenbild. Dort zieht schon seit Jahren jeder eine Maske an, der erkältet ist – aus Rücksicht auf andere, um sie nicht anzustecken. Für wen das kein Grund ist, nicht nur im ÖV, sondern besser auch beim Einkaufen und beim Aufenthalt in Innenräumen mit mehreren Menschen eine Maske anzuziehen, hat nun einen: Die ständige Kontrolle des eigenen Atems. So können die unbeliebten Dinger einem nicht nur das Leben, sondern auch gleich noch das Sozialleben retten.