Kaiserwetter in Arosa GR. Naturschnee und Himmel strahlen um die Wette mit Hans Zippert (65). Ein blendend aussehender Best Ager, wie eine Eins steht er auf den Ski. Gelbe Hose, blaue Jacke, er trägt die Uniform der Schweizer Ski- und Snowboardschule Arosa. An diesem herrlichen Samstag macht er aber eine private Pistentour mit seiner Frau Myrtha (60).
«Der Hans» scheint einem dieser gut gelaunten Heimatfilme entsprungen, wo der kernige Naturbursche die Städterinnen verzückt. Der Schnee ist kalt, die Herzen glühen. Zippert ist in Arosa Skilschullehrer seit 1972, und er ist ein echter Bergbauer aus Langwies. Ein paar ehemalige Schüler, die er seit 1974 kennt, kommen immer noch extra wegen ihm an Weihnachten und Ostern nach Arosa. «Als Skilehrer musst du weltoffen sein», sagt er.
500 Bewerber pro Saison
Das gilt heute mehr denn je. Fremdsprachen sind ein Muss. Stark gefragt ist zum Beispiel Chinesisch. Einen sprachkundigen Lehrer gibt es in Arosa, allerdings keinen Muttersprachler. Alles andere ist für den Skischullehrer ernsthafter geworden, «früher haben wir mehr getanzt», findet Zippert. Ein Traumberuf ist es trotzdem noch. Skischulchef Noldi Heiz (57) kann jede Saison zwischen 500 Bewerbern auswählen, von denen er 40 nimmt. Von den rund 6000 Skischullehrern, die winters schweizweit Touristen aus aller Welt das Wedeln und den Schneepflug beibringen, arbeiten in der Skischule Arosa in den Spitzenzeiten bis zu 200 Lehrpersonen zwischen 17 und 80 Jahren. An hektischen Tagen kommen bis zu 2000 Gäste. Sie können sich ihre Wunschlehrer aussuchen.
Der moderne Skiunterricht ist eine harte Nummer. Dass ein Absolvent nach drei bis vier Wintern sicher eine schwarze Piste meistert, ist Standard. Ansonsten läuft mit Charme allein gar nichts mehr. Pädagogisches Ungeschick, eine wirre Methodik, Ungeduld oder ein falsches Wort zur falschen Zeit – sofort ist der Skischullehrer ausgetauscht. «Der Gast stimmt mit den Füssen ab», sagt Heiz.
Frauen erobern die Pisten
1983 fuhr Heiz als Skilehrer in Arosa seine erste Saison, seit 21 Wintern ist er Chef der Schule. Einheimische bewerben sich kaum bei ihm, dazu ist Arosa zu klein. Bauern, die winters Skilehrer werden wollen, gibts sowieso keine mehr. Dafür erobern die Frauen das Terrain. Der Anteil beträgt etwa 50:50, sagt Heiz. Eine von ihnen ist die Wirtschaftsstudentin Désirée «Desi» Bosshard aus Wil SG. Ihre beiden Schülerinnen, zwei halbwüchsige Mädchen, warten schon vor der Skischule auf sie und üben derweil das Bremsen. «Für mich ist es das Schönste, wenn ich die Fortschritte sehe», sagt Desi.
Sie spricht Englisch und kann Kindern gut etwas vermitteln, ein Vorteil. Viele Gäste verlangten gezielt eine Frau, sagt Heiz – «man attestiert ihnen allgemein ein höheres Geschick im Umgang». Das darf dann auch eine jugendliche Grauhaarige sein, der neue Trend in den letzten Jahren. Menschen zwischen 50 und 60, fit im Kopf, fit im Körper, gönnen sich den Luxus, nach erfolgreicher Karriere Skilehrer zu werden. Sie werden gern gebucht, sagt Noldi, die Kunden schätzen die entspannte Art der reiferen Jahrgänge und ihre Vertrauenswürdigkeit. Gediente Lehrer wie Hans Zippert seien «ein absoluter Gewinn für die Schule», sagt Heiz.
Dass es ein Skilehrer mit Frauen versteht, ist kein Auswahlkriterium mehr. Denn auch das Ferienverhalten hat sich geändert. Konnten sich früher die Reichen ausschweifende Bergferien von drei bis vier Monaten mit genug Raum für Zwischenmenschliches erlauben, bleiben moderne Gäste etwa eine Woche, höchstens zwei. «Der Skilehrer-Klassiker, der für die Frau Doktor den Gigolo spielen musste, ist nicht mehr gefragt», sagt Heiz. Zumindest nicht im familiären Arosa. «Unsere Skilehrer», sagt er, «kennen die Hotelzimmer ihrer Gäste heute nicht mehr.»
Daniel Meisser (71) ist ein solide verheirateter Herr mit grauem Haar, aber immer noch auf eine so sympathische Art charmant, dass manche Verehrerin rote Bäckchen kriegt. «Chum berührt er mich, scho juchz ich innerlich ...» – so besang 1975 Ines Torelli (87) den «Gigi vo Arosa». Der Schlager, eine humoristische schweizerdeutsche Adaption von Dalidas «Gigi l'Amoroso», wurde auf Anhieb ein Riesenhit. Fehlte nur noch der echte Pistencharmeur, der bei der Plattentaufe im Zürcher Mascotte der Torelli die Blumen überreichen konnte. In der Skischule Arosa war schnell klar: «Das muss der Daniel Meisser sein.» Der war damals 27, trug zeittypische Koteletten und wurde selber ein Star als Inbegriff des liebenswerten Frauenhelden, der im Winter nichts anbrennen lässt. Sein altes Album mit Fotos von aparten Damen, mit denen er auf romantischen Schneewanderungen zarte Bande knüpfte und den Einkehrschwung übte, ist das Dokument einer Zeit, die im Nachhinein zum Seufzen verführt. Die Schülerinnen hatten alle Zeit der Welt und viel Geld, «Gigi» Meisser war ein kultivierter Verehrer alter Schule, wie es sie heute wohl nicht mehr gibt. Seit etwa 15 Jahren fährt er nicht mehr Ski und arbeitet heute auch nicht mehr als Architekt.
Daniel Meisser (71) ist ein solide verheirateter Herr mit grauem Haar, aber immer noch auf eine so sympathische Art charmant, dass manche Verehrerin rote Bäckchen kriegt. «Chum berührt er mich, scho juchz ich innerlich ...» – so besang 1975 Ines Torelli (87) den «Gigi vo Arosa». Der Schlager, eine humoristische schweizerdeutsche Adaption von Dalidas «Gigi l'Amoroso», wurde auf Anhieb ein Riesenhit. Fehlte nur noch der echte Pistencharmeur, der bei der Plattentaufe im Zürcher Mascotte der Torelli die Blumen überreichen konnte. In der Skischule Arosa war schnell klar: «Das muss der Daniel Meisser sein.» Der war damals 27, trug zeittypische Koteletten und wurde selber ein Star als Inbegriff des liebenswerten Frauenhelden, der im Winter nichts anbrennen lässt. Sein altes Album mit Fotos von aparten Damen, mit denen er auf romantischen Schneewanderungen zarte Bande knüpfte und den Einkehrschwung übte, ist das Dokument einer Zeit, die im Nachhinein zum Seufzen verführt. Die Schülerinnen hatten alle Zeit der Welt und viel Geld, «Gigi» Meisser war ein kultivierter Verehrer alter Schule, wie es sie heute wohl nicht mehr gibt. Seit etwa 15 Jahren fährt er nicht mehr Ski und arbeitet heute auch nicht mehr als Architekt.