Darum gehts
Den Barcode scannen und sofort wissen, ob die Butterbrezel zu fettig oder die Gesichtscreme hautreizend ist. Apps wie Codecheck oder Yuka, die mehrere Millionen aktive Nutzer haben, analysieren Produkte und liefern Bewertungen zu Nährwerten oder Inhaltsstoffen. Sie setzen einfache Ampel- und Punktesysteme ein, um Menschen bei Kaufentscheidungen zu unterstützen. Die Daten stammen von Herstellern, Open-Source-Projekten, wissenschaftlichen Quellen und teils von Nutzern selbst.
US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. (71) lobte Yuka kürzlich auf Fox News Digital und sagte, dass er die App selbst als Orientierungshilfe nutze. Die Frage ist jedoch: Lassen sich Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln und Hautpflegeprodukten so einfach beurteilen?
Lebensmittelcheck ja, aber mit Bedacht
«Grundsätzlich finde ich solche Apps gut, da sie vereinfacht darstellen, was in einem Nahrungsmittel enthalten ist», sagt Epidemiologe Marcel Salathé (49), der sich an der ETH Lausanne mit der Auswirkung der Ernährung auf die Volksgesundheit befasst. Besonders hilfreich seien sie für Personen, die auf bestimmte Angaben wie Salzgehalt, Kalorien oder Zusatzstoffe achten wollen.
«Die Apps ermöglichen es Konsumentinnen und Konsumenten, ein Produkt durch eine neutralere Brille zu betrachten», sagt der Experte. Allerdings warnt er davor, sich von schlechten Bewertungen verunsichern zu lassen oder die App-Bewertungen als alleinige Entscheidungsgrundlage zu nutzen. «Die Ernährungsforschung ist noch relativ jung, und wir wissen noch vieles nicht in Bezug auf die Gesundheit.»
Fertigprodukte als Gefahr
Derzeit werde erst erforscht, welchen Einfluss Mikronährstoffe und Zusatzstoffe wie E-Nummern auf das Mikrobiom haben. Bei hoch verarbeiteten Lebensmitteln wie vielen Tiefkühlprodukten, Fertiggerichten oder Softdrinks sei die Datenlage eindeutiger, sagt Salathé. «Hier zeichnet sich immer klarer ab, dass sie mit negativen gesundheitlichen Folgen verbunden sind.»
Epidemiologe Marcel Salathé (49) forscht an der ETH Lausanne unter anderem zu digitalen Lösungen im Bereich Ernährung. Gemeinsam mit seinem Team hat er die App «MyFoodRepo» entwickelt, die demnächst der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Nutzerinnen und Nutzer können damit ein Foto ihres Tellers aufnehmen und die App liefert daraufhin automatisch Angaben zu Kalorien und Nährwerten der Mahlzeit. Ziel ist es, das Erfassen von Essgewohnheiten im Alltag einfacher und präziser zu machen.
Epidemiologe Marcel Salathé (49) forscht an der ETH Lausanne unter anderem zu digitalen Lösungen im Bereich Ernährung. Gemeinsam mit seinem Team hat er die App «MyFoodRepo» entwickelt, die demnächst der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Nutzerinnen und Nutzer können damit ein Foto ihres Tellers aufnehmen und die App liefert daraufhin automatisch Angaben zu Kalorien und Nährwerten der Mahlzeit. Ziel ist es, das Erfassen von Essgewohnheiten im Alltag einfacher und präziser zu machen.
Um ein hoch verarbeitetes Produkt zu erkennen, sei aber keine App nötig. «Wenn man das Gefühl hat, man braucht ein halbes Chemiestudium, um zu verstehen, was in einem Produkt drin ist, dann handelt es sich fast garantiert um ein hoch verarbeitetes Lebensmittel.»
Kosmetikacheck kann verunsichern
Kosmetikprodukte erhalten in Produktcheck-Apps oft schlechte Bewertungen, wenn sie Substanzen enthalten, die vermeintlich als reizend, hormonell wirksam oder krebserregend gelten. Pauschale Einstufungen von Inhaltsstoffen seien problematisch, warnt Kosmetikwissenschaftlerin Meike Streker (45) aus Hamburg (D): «Sie können zu Fehlinformationen und unnötiger Verunsicherung bei Verbraucherinnen und Verbrauchern führen.»
Glycerin sei beispielsweise ein wissenschaftlich gut belegter Wirkstoff, der in Konzentrationen bis zu 10 Prozent feuchtigkeitsspendend wirke. «Bei Konzentrationen über 30 Prozent kann Glycerin jedoch die Haut austrocknen und Reizungen verursachen.» Ob ein Produkt verträglich ist, hängt laut Streker von der Konzentration einzelner Stoffe und der Gesamtformulierung ab, die von vielen Apps nicht bewertet wird.
Natürlich gleich besser?
Auch die Sorge, dass bedenkliche Stoffe – wie Nanopartikel in Sonnencreme – über die Haut in den Körper gelangen, sei meist unbegründet. «Nanopartikel in Kosmetika sind in der Regel zu gross, um tief einzudringen», erklärt Streker. Zudem unterliegen sie in Europa strengen Sicherheitsprüfungen, bevor sie zugelassen werden.
Auffallend ist, dass Naturkosmetik in den Produktcheck-Apps oft besser abschneidet als konventionelle Hautpflege. Doch auch hier warnt die Expertin: «Natürlich heisst nicht automatisch besser verträglich.» Pflanzenstoffe wie Kamille oder ätherische Öle können bei empfindlicher Haut zu Irritationen oder allergischen Reaktionen führen. Entscheidend sei nicht, ob ein Produkt natürlich oder chemisch sei, sondern ob es zum individuellen Hauttyp passe.