Start-up züchtet Salat im Keller einer Bank
Kräuter aus dem Tresor

Mitten in der Zürcher City wachsen Radiesli, Meerrettich und Rettich unter natürlichen Bedingungen und ganz ohne Chemie. Früher wurde hier Gold gelagert.
Publiziert: 23.10.2018 um 16:49 Uhr
|
Aktualisiert: 23.10.2018 um 16:51 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/10
Grün ist die Zukunft: Umami-Gründer Manuel Vock (28), Denis Weinberg (26) und Robin Bertschinger (28) stammen alle aus dem Raum Zürich.
Foto: Claudia Link
Christiane Binder

Ein Büroneubau wie jeder andere, nur ein paar Schritte von der Bahnhofstrasse entfernt. Die typische Adresse für Anwaltsbüros oder Airline-Vertretungen. Würde man meinen. Bis man in den Keller fährt. Denis Weinberg (26) macht die massive Tür auf – und wow, das ist ja ein richtiger Dschungel! Wasser plätschert, an den Wänden wuchert sattes Grün. In Setzkästen spriessen saftige Pflänzchen, Radiesli, Meerrettich, Rettich. Früher hat an diesem verschwiegenen Ort eine Bank ihr Gold gebunkert.

Hahnenwasser wäre zu nährstoffarm

«Umami», unter diesem Namen gärtnert tief unter der Stadt ein Start-up aus jungen Zürchern. Ab heute gibts ihr Junggemüse in 40 Filialen der Migros. Die Idee dahinter: Etwas Foodiges zu kreieren, bei dem alles von A bis Z aus der Region kommt, sogar die Macher. Und das von Anfang bis Ende völlig ohne Chemie funktioniert.

Michael Vock (28), der «Bio-Guru» des Unternehmens, ein begeisterter Aquarianer und Daniel Düsentrieb, baute im Tresorkeller ein Kreislaufsystem, das funktioniert wie in der Natur der Bach: Fische, in diesem Fall afrikanische Buntbarsche, liefern den Dünger. Am «Bachlauf» reinigen Moose, Wasserpflanzen, Algen – alle im Sihltal gesammelt – im Verein mit Kleinlebewesen das Wasser. Dieses nährt die Pflänzchen, die ihrerseits das Wasser wieder sauber machen. Hätte es nicht auch Schweizer Hahnenwasser getan? «Nein, das wäre zu nährstoffarm.»

Würzig wie aus der Natur

Hipster schätzen Microgreens als Superfood, auf Deutsch sind es Kräuter oder Gemüse «im Stadium nach der Sprosse, wenn sie schon Wurzeln haben», erklärt Denis. UV-Licht von oben lässt die Sprösslinge dank Photosynthese wunderbar gedeihen  – sie schmecken würzig wie frisch aus der Natur. 

Denis erinnert sich an die Anfänge vor drei Jahren. Die Jungunternehmer – alles BWLer – wollten nur die Gastronomie beliefern. Denis muss jetzt noch lachen, wenn er daran denkt, wie sie mit ihren Pflanzenkörbchen beim «erstbesten» asiatischen Restaurant vorsprachen. «Nix bestellt», wehrte der Mann händeringend ab.

Sie belieferten von nun an Spitzenköche, die auf Herkunft und Geschmack ihrer Zutaten Wert legen. Die zündende Idee kam wie von selbst: Warum es nicht mal bei der Migros versuchen? Es klappte. Aus der Region. Für die Region. Umami passte exakt zum Label des Grossverteilers.

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?