Schloss Schauenstein
Gipfelstürmer bittet zu Tisch

Unser Gastrokritiker ass diese Woche in Fürstenau im Domleschg – beim Koch, von dem man weiterhin viel hören wird.
Publiziert: 16.05.2008 um 14:03 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2018 um 17:42 Uhr
Von Feinschmecker Beat Wüthrich

Die Küche ist nicht grösser als diejenige mancher Privatwohnungen. Mit dem Unterschied, dass hier fünf Leute am Werk sind. Der eine Mann zieht Ravioliteig durch die Maschine, bis der Teig papierdünn ist. Ein weiterer ist mit einem Fischfond beschäftigt.

Neben dem Herd sitzt eine Frau, der ich fasziniert zuschaue: Vor ihr liegen in einer Schale eine Menge enthülster Erbsen. Jedes einzelne der hellgrünen Kügelchen befreit die Frau von den äussersten Häutchen, bevor das Erbschen in ein Gefäss mit Kaltwasser plumpst. Wenige Stufen tiefer beugt sich eine weitere Frau über Kleinstkunstwerke. Sie ist für sämtliche Süssigkeiten verantwortlich.

Fehlt noch einer. Er bereitet an seinem freien Tag im oberen Teil der Küche mit ruhiger Hand die Häppchen zu, die fotografiert werden sollen. Der Mann: Andreas Caminada, gerade 31 geworden, Chef auf Schloss Schauenstein in Fürstenau GR.

Er hat eine klassische Ausbildung als Koch abgeschlossen, war in Übersee, im nahen Ausland, in der Schweiz tätig, und zwar bei Köchen, die zur Spitzenklasse zählen oder zählten.

Was den jungen Mann von andern unterscheidet: Er hat nicht nicht nur Ehrgeiz, sondern auch Talent und Stilsicherheit. Das ist die neue Küche, zu der auch Witz gehört, nicht aber unbeholfene Molekularversuche.

2003 haben der Küchenchef und seine Partnerin Sieglinde Zottmaier, 39, das mit erlesenem Geschmack renovierte und eingerichtete 750-jährige Schloss als Pächter übernommen; es gehört einer Stiftung. Vor wenigen Wochen teilten die beiden mit, dass sie fortan «beruflich getrennte Wege» gehen werden, Frau Zottmaier bleibe aber am Geschäft beteiligt.

Ein paar Tage nach unserem Fotoshooting sitze ich – endlich – als essender Gast im Schloss Schauenstein. Den Apéro nehme ich auf der grandiosen Terrasse mit Blick ins Domleschg. Und was bringt die eine Dame vom ausnahmslos hübschen Servicepersonal als «kleinen Gruss aus der Küche»? Es ist die fotografierte Kombination aus Spargel, Grapefruit und Lachs (siehe Rezept).

Zum Essen werde ich in einen Salon mit nur 24 Plätzen gebeten. Bescheiden steht auf der Karte: «Jakobsmuschel mit Erbsen und Grapefruit.» Dem Gast werden mindestens fünf Tellerchen, Schälchen, Gläschen und Spiesschen serviert. Das meine ich mit «Witz». Alles duftet anders, schmeckt anders, mal ist es kalt, mal heiss, mal fest, mal flüssig – eine grosse Komposition. Das gilt ebenso für den «Rehrücken mit Gewürzjus» –schon fast Weltklasse.

Im Weinkeller lagert mit das Beste, was Europa zu bieten hat, auch Delikates aus der Bündner Herrschaft.

Andreas Caminada hat bereits zwei Michelin-Sterne, GaultMillau ernannte ihn zum Koch des Jahres 2008 und gab ihm 18 Punkte, der deutsche Bertelsmann-Guide kürte ihn ebenfalls zum Koch des Jahres.

Was will er noch mehr? Profigolfer werden? Das könnte er mit seinem Handicap von 9,6. Modeln, mit seinem Sex-Appeal? Hat er bereits (für «SI Style» im Dezember 2007). Nein. Der fast schüchtern wirkende Caminada sagt: «Ich will auf dem Boden bleiben und kochen, kochen.»

Das Restaurant
Schloss Schauenstein

7414 Fürstenau GR
Montags, dienstags und Mittwochmittag geschlossen
Tel. 081 632 10 80
www.schauenstein.ch


Schloss Schauenstein

7414 Fürstenau GR
Montags, dienstags und Mittwochmittag geschlossen
Tel. 081 632 10 80
www.schauenstein.ch


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