Es ist so eine Sache mit Tipps, die ich von Lesern und Bekannten bekomme. Sie schwärmen von bestimmten Restaurants, von denen ich noch nie etwas gehört habe. So fahre ich auf gut Glück hin – und bin jeweils masslos enttäuscht. Will heissen: Ausser Spesen nichts gewesen.
Nicht so in diesem Fall, der mit einem sehr lobenden E-Mail begann. Es betraf das Restaurant Rössli am Kaien im appenzellischen Rehetobel. Nach anfänglicher Skepsis war ich hell begeistert. Begeistert von dem sympathischen, dynamischen Pächterpaar, begeistert von dem kleinen hübschen Lokal und begeistert schliesslich von den Speisen.
Als «Kaien» habe man früher eine Wasserscheide bezeichnet, erklärt mir Küchenchef und Wirt Gino Kobi, 32, ein gebürtiger Thurgauer. Darum hat das Rössli dieses Namensanhängsel. Die Aussicht geht über grüne Hügel und Wälder – ein kleines Stück Bodensee ist mit dabei. Von dort, vom sankt-gallischen Staad-Buechen, stammt Kobis Lebensgefährtin Ramona Eigenmann, 24.
Auf der Tageskarte steht Schweinsvoressen an Thy-mianrahmsauce mit Marktgemüse und hausgemachten Spätzli. Das kostet Fr. 19.80; wahlweise eine Tomatencrème mit Kürbiskernöl oder ein Blattsalat ist im Preis inbegriffen. Der dreigängige Business-Lunch steht mit Fr. 45.80 zu Buche. Anständige Preise also.
Ich bestelle eine «Extrawurst». Die perfekt gebratene Entenleber auf Zwiebelchutney und Püree aus blauen Kartoffeln (Fr. 22.80) gibt beileibe nicht nur optisch etwas her. Es ist eine wunderbare Vorspeise. Die blauen Kartoffeln sind eine alte, wiederentdeckte Sorte, deren Anbau von der Vereinigung Pro Specia Rara wie der vieler anderer vergessener Gemüse- und Obstsorten gefördert wird.
Auch das aromatisch-süssliche Gemüse für die schmackhafte Suppe galt als «verschollen»: Pastinake. Tadellos frische Kalbsmilkenscheiben, eine kleine Rahmhaube und ein Spritzer Haselnussöl geben der Pastinakencrème (Fr. 15.80) einen festlichen Touch.
Der grüne Blattsalat (Fr. 9.80) an ausgezeichneter Sauce sieht, wie angekündigt, tatsächlich wie eine grosse Blume aus.
Eher ungewöhnlich, aber superzart ist die mit einer Riesencrevette gespickte Maispoulardenbrust. Dieses Fleisch! Kohlrabi, vier Sorten Rüebli und Petersilienwurzel (wiederum aus dem Kapitel «vergessene Gemüse»), hausgemachte Tagliatelle und eine leichte Wacholderrahmsauce (Fr. 36.80) passen vortrefflich dazu.
Vier Sorten Sorbet (Ananas, Blaubeere, Mango, Passionsfrucht), Caramelglace und -chöpfli (Fr. 12.80) schliessen das gediegene Essen ab.
Gino Kobi, der im Seegarten in Kreuzlingen TG seine Lehre absolvierte und bei so bekannten Chefs wie Urs Wilhelm in Altnau TG und Köbi Nett in St. Gallen gearbeitet hat, kauft die Weine (Vorliebe: Österreich, Spanien) zusammen mit der Gastroassistentin und ehemaligen KV-Absolventin Ramona Eigenmann ein.
Eine Bitte an deren Mutter, welche die Gaststube gerne und mit Geschmack dekoriert: Wenn der Frühling kommt, sollten Sie dasselbe im Gärtchen tun. Vielen Dank.
Nasenstrasse 2
9038 Rehetobel AR
Mittwochs und Samstagmittag geschlossen
Tel. 071 870 00 57
Nasenstrasse 2
9038 Rehetobel AR
Mittwochs und Samstagmittag geschlossen
Tel. 071 870 00 57