Netts Schützengarten
Im Geiste des Vaters

Unser Gastrokritiker besuchte diese Woche in St. Gallen ein junges Team, das eine alte Tradition am Leben erhält.
Publiziert: 14.11.2008 um 15:15 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 01:04 Uhr
Von Feinschmecker Beat Wüthrich

Für die Leistung, die sie im Alltag vollbringen, brauchen die beiden Männer einen Ausgleich, der mit dem Gastgewerbe nichts zu tun hat. Oliver Nett, 34, Inhaber der Netts Gastronomie Group in St. Gallen, und Markus Werner, 27, Küchenchef in Netts Schützengarten, betreiben Sport.

Der Boss wandert gerne im Alpsteingebiet. Zweimal wöchentlich trainiert er Wushu, eine Kampfsportart; ausserdem – das ohne Aktivität – ist Nett ein Fan des FC St. Gallen.

Küchenchef Werner aus Paderborn (D) spielt Squash, bis ihm der Schweiss runterläuft, und zeichnet im Fernsehen jedes Spiel von Werder-Bremen auf. Das wars. Ansonsten wird gekrampft.

Oliver Netts Vater, 61, ist weitherum als Köbi bekannt. Er leistete und leistet viel für die Gastronomie. Ihm macht so schnell keiner was vor. Köbi schrieb mehr als 30 Jahre fantasievolle, immer zeitgemässe Gastrogeschichte. Er war klug genug, seinen Betrieb (inzwischen sind es drei) nicht erst in hohem Alter zu übergeben. So dass sein Sohn nach ausgezeichneter Ausbildung rechtzeitig Gelegenheit erhielt, den Laden zu schmeissen.

Im stilvollen Lokal auf dem Schützengarten-Bier-Areal betreut Oliver Netts Gattin Roos, 26, die Gäste. Mit der studierten Betriebspsychologin aus Holland hat er Sohn Navid Leon, 4, und Tochter Noreena Luna, 6 Monate. Der ledige Küchenchef Werner, der mit Spitzenleistungen aufwartet, war unter anderem in der berühmten Traube in Tonbach / Baiersbronn (D) tätig.

Gemütlich ists, im Restaurant zu sitzen und sich auf den köstlichen Schwartenmagen zu freuen, den Olivers Grossvater noch selbst machte; heute bereitet ihn ein Metzger nach dem alten Rezept zu. Ich geniesse die Vorspeisenportion (14 Franken) an Vinaigrette aus Balsamico, Sonnenblumenöl, Bouillon und Zwiebelwürfelchen.

Nicht weniger gut schmeckt die weisse Tomaten-Essenz mit Ingwer (12 Franken), die schön präsentiert wird.

Der Pasta-Gang (kleine Portion 28 Franken) ist dem Meer gewidmet und wunderbar frisch. Hausgemachte Taglionili feiern Vermählung mit Hummer und gebratenen Scampi aus Südafrika, den besten und teuersten der Welt.

Noch mehr Meer: Der kleine Fischteller (32 Franken) erfreut mit in Tomaten-Safran-Fond geschmortem Seeteufel. Fenchel, Spinat und Cherrytomaten gibts dazu und Stampfkartoffeln. Das ist ein einfaches Gericht, das in der Schweiz fast unbekannt ist – Markus Werner brachte das Kartoffelrezept aus seiner Heimat mit.

Zum Dessert gibts Köbis Gugusli (12 Franken; siehe Rezept). Köbis was? «Erfunden» wurde es, als Oliver Netts Vater einmal völlig unter Druck stand. Er goss gewollt ein wenig Cassislikör in eine Schale, legte Sauerrahmeis drauf, wollte sie mit Cassis beträufeln –und erwischte stattdessen die Ölflasche. Wenn schon, denn schon, dachte der clevere Nett senior und gab noch Pfeffer dazu. Das Ding schmeckte. Bereits am nächsten Abend verlangten Gäste nach dem Gugusli, wie sie es nannten.

Das Restaurant
Netts Schützengarten

St.-Jakobs-Strasse 35
9000 St. Gallen
Sonntags geschlossen
Tel. 071 242 66 77
www.netts.ch

Netts Schützengarten

St.-Jakobs-Strasse 35
9000 St. Gallen
Sonntags geschlossen
Tel. 071 242 66 77
www.netts.ch

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