Jarno Trulli
Ein Leben zwischen Gummi und Reben

Der Italiener ist nicht nur Formel-1-Pilot, sondern auch ein Spezialist für gute Weine. Doch schneidet er wirklich Reben zwischen zwei GPs? Ein Exklusiv-Gespräch.
Publiziert: 16.01.2010 um 16:25 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:38 Uhr
Von Alain Kunz

Das Leben eines F1-Stars ist nicht einfach. Gut bezahlt, aber nicht einfach. Tausende wollen was von dir. Da müssen Pressetermine wohl koordiniert und sorgfältig auserlesen werden. Doch geht es um Wein, sieht alles sehr schnell ein wenig relaxter aus. Ich treffe Trulli in Davos, im Ristorante von Antonio Sellitto, seinem Schweizer Exklusivvertreter. Jarno öffnet sich.

Ja, er sei zufrieden mit den Verkäufen. Trotz Finanzkrise sei 2009 besser als das Vorjahr gewesen. Nein, er sei nicht Weinbauer, sein Vater Enzo kümmere sich um das Gut, um die Podere Castorani. Er selbst nehme vor allem Einfluss aufs Marketing und auf die Etiketten. Na ja, der Geschmack des Herren Trulli scheint in dieser Beziehung ein bisschen schräg zu sein ...

Ein Weingut aus dem Jahr 1793

Dann kommt das Gespräch in Gang. Trulli beginnt von den Abruzzen zu schwärmen, seiner Heimat, wo schon sein Grossvater Wein gemacht habe. «Irgendwann wollte ich mich auf ein Abenteuer einlassen, das typisch ist für die Region. Also kauften wir das Weingut, das als Casino Castorani erste Erwähnung im Jahr 1793 fand.» Zur Zeit des Kaufs Ende des letzten Jahrtausends verhökerten die damaligen Besitzer ihre Trauben an Genossenschaften. Mit Hilfe von Enzo und eines renommierten Önologen wurde das geändert. 2000 verliess die erste Flasche Podere Castorani das Gut.

In der Pole-Position der Podere steht der Wein mit dem schlichten Namen «Jarno». Er steht wie kein anderes Gewächs für den Patron, für dessen Vorliebe. Die da heisst: Amarone! Was ist denn der beste Wein der Welt, Signore Trulli? «Schwierig zu sagen. Ich denke, vielleicht meiner…» Dann rückt er doch noch mit einem Namen heraus: «Ich liebe den Amarone von Quintarelli!» Dieser gilt als mit der beste der Welt und erhält praktisch jedes Jahr die Maximalbewertung von Tre Bicchieri in der Weinbibel Vini d’Italia.

Die Weine von Trulli hingegen sucht man dort seit der Ausgabe 2009 vergebens. Die letzte Erwähnung stammt aus dem Jahr 2008: «Die Kellerei des Formel-1-Piloten scheint mit den einfacheren Gewächsen mehr Glück zu haben. Ihr Coste delle Plaie ist ein duftiger, typischer Montepulciano, eher leichtgewichtig, aber saftig und gefällig. Ein imponierender, deftiger Roter dagegen der Amorino aus Montepulciano, Syrah, Cabernet und Merlot.» Beide kriegten zwei Gläser.

Jarno – ein Amarone aus Montepulciano

Schweizer Weine? Er sei nicht der grosse Trinker, sondern der Degustierer und Meditierer, sagt Trulli. Und der süsse Amarone eigne sich zum Meditieren, bestens. Kein Wunder ist sein «Jarno» eine Art Amarone aus dem Montepulciano geworden. Das heisst: Die Trauben werden spät gelesen und auf Holzgittern gereift.

Der Rest ist Philosophieren über die globalisierte Weinwelt. Über zu viel Barrique. Über Parker und andere Götter und die Welt. Und über einen Prosecco mit dem schnippischen Namen «Paparazzi»*, der auch im Trulli-Sortiment steht, und den in einer kleinen Distillerie gewonnenen Grappa namens «Jarno»**. Beides absolut empfehlenswerte Flaschen. Trulli trinkt seinen Tee aus, zieht sich warm an – und stapft ins Davoser Schneegestöber. Inkognito. Ganz anders als seine kantigen Weine.

*Preis: Fr. 16.50
**Preis (7 dl): Fr. 48.-

Majolica 2008

Gibt in der Nase wenig her, ein bisschen Frucht, ein wenig Säure. Langweilig, bitter im Abgang, wenigstens ohne Fehlnoten.

Score: 14/20 (Fr. 8.50)

Alle Weine können bezogen werden bei: Antonio Sellitto, Ristorante La Carretta, 7270 Davos. Tel. 081 413 32 16. Mail: lacarretta@lacarretta.ch
Majolica 2008

Gibt in der Nase wenig her, ein bisschen Frucht, ein wenig Säure. Langweilig, bitter im Abgang, wenigstens ohne Fehlnoten.

Score: 14/20 (Fr. 8.50)

Alle Weine können bezogen werden bei: Antonio Sellitto, Ristorante La Carretta, 7270 Davos. Tel. 081 413 32 16. Mail: lacarretta@lacarretta.ch
Jarno 2005

Ausladende Kompott-Nase: Brombeeren, Holz, Stallnoten. Säure und pfeffrige Schärfe im Gaumen. Aber nicht marmeladig. Schöner, etwas bitterer Abgang.

Score: 16/20 (Fr. 38.--)
Jarno 2005

Ausladende Kompott-Nase: Brombeeren, Holz, Stallnoten. Säure und pfeffrige Schärfe im Gaumen. Aber nicht marmeladig. Schöner, etwas bitterer Abgang.

Score: 16/20 (Fr. 38.--)
Amorino 2005

Das pure Gegenteil eines Schmuse-Kuschelweins: Ein Widerstandskämpfer, sperrig, krautig, landwirtschaftlich. Tausend Ecken und Kanten – und deshalb spannend.

Score: 16/20 (Fr.18.50)
Amorino 2005

Das pure Gegenteil eines Schmuse-Kuschelweins: Ein Widerstandskämpfer, sperrig, krautig, landwirtschaftlich. Tausend Ecken und Kanten – und deshalb spannend.

Score: 16/20 (Fr.18.50)
Coste delle Plaie 2006

Extensive Nase, Grillaromen. Leder. Animalisch im Gaumen, rustikal, herb. Borstiger, aber zu einem währschaften Essen wunderbarer Wein.

Score: 16.5/20 (Fr. 15.50)
Coste delle Plaie 2006

Extensive Nase, Grillaromen. Leder. Animalisch im Gaumen, rustikal, herb. Borstiger, aber zu einem währschaften Essen wunderbarer Wein.

Score: 16.5/20 (Fr. 15.50)
Lolita 2007

Traubensaft-Nase, eindimensional auch im Gaumen. Frucht und wenig Säure. Schnell weg.

Score: 13,5/20 (Fr. 9.50)
Lolita 2007

Traubensaft-Nase, eindimensional auch im Gaumen. Frucht und wenig Säure. Schnell weg.

Score: 13,5/20 (Fr. 9.50)
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