Humagne Rouge – ein typischer Walliser
Natürlicher Holzwurm ohne Barriques

Kein Weinbaugebiet verfügt über so viele autochthone Trauben wie das Wallis. Wir haben uns auf die Spuren des Humagne Rouge gemacht. Und zwei herausragende Beispiele gefunden.
Publiziert: 25.03.2010 um 13:11 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2018 um 20:41 Uhr
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Von Alain Kunz

Autochthon? In der Weinsprache ist dieser altgriechische Ausdruck bestens bekannt. Er bezeichnet Reben eines Gebiets, die auch ebenda entstanden sind. Und das Wallis hat ganz schön viele davon: Humagne Rouge und Blanc, Païen (Heida), Petite Arvine, Cornalin, Amigne – um nur die bekanntesten zu nennen. Wir widmen diese Zeilen der Humagne-Rouge-Traube. Sie ist ein Abkömmling der Cornalin d’Aoste, einer Kreuzung aus Cornalin und einer unbekannten Sorte. Sie ist vom Wallis aber gewissermassen annektiert worden. Sie ist rustikal, wild, holzig, sperrig und widerborstig.

Als Humagne-Hochburg gilt die Gemeinde Leytron, wo im November zu Ehren der Traube eine grosse Party steigt: Humagne en fête. Nirgends wird so viel Humagne Rouge angebaut wie in Leytron. Dort wurde 1945 auch die erste Flasche gekeltert.

Und doch schwang beim ersten Humagne-Wettbewerb des Branchenverbandes der Walliser Weine kein Wein aus Leytron obenauf. Sondern das Gewächs von Christophe Rey von der Cave de la Rayettas aus Corin. Also machten wir uns auf, die ersten paar Kurven von Sierre Richtung Montana-Crans zu nehmen.

Lassen wir den Winzer den Humagne Rouge erklären: «Die Traube wird spät gelesen, noch später als der Syrah. Ganz wichtig ist eine strikte Auslese, damit eine gewisse Konzentration erreicht wird. Sonst wirkt der Wein banal. Und der Boden muss stimmen. Hier ist er kalkreich, was sehr gut passt.» Da die Humagne-Rouge-Traube von Natur aus einen leichten Holzgout hat, erübrigt sich ein Ausbau in Barriques. Rey: «Nicht nur ich, die meisten Winzer sind von dieser Zwangshochzeit weggekommen. Denn noch mehr Holz würde die Frucht zu sehr kaschieren.»

Dann gehts an die Flaschen. Der als bester Humagne prämierte 2008er ist eine leise Enttäuschung. Doch weil dem Ingeniör nix zu schwör ist – Rey ist Ingenieur HTL in Weinbau und Önologie – reift in den Stahltanks ein wunderbarer 2009er. Und noch ein Wein aus dem kleinen Familienbetrieb mit einem Ausstoss von lediglich 20 000 Flaschen überzeugt restlos: der Petite Arvine 2008.

Verlassen wir Corin und fahren querfeldein durch die Reben Richtung Venthône. Ein paar wenige Kilometer Luftlinie entfernt findet sich nämlich ein weiteres Boutique-Weingut, das einen herausragenden Humagne hervorbringt. Madeleine und Jean-Yves Mabillard-Fuchs brillieren mit einem tollen 2008er, der im Gegensatz zu jenem von Rey immer noch erhältlich ist.

Wie man es hingegen nicht machen soll, zeigt der Humagne 2007 der Linie Héritage von Varone aus Sion. Er wirkt vegetal, sperrig, bitter und ohne Fülle und Frucht. Das Beispiel zeigt auf, wie heikel der Umgang mit der Traube ist. Wir vermuten, dass bei Varone zu wenig konsequent zurückgeschnitten wurde.

Bezugsquellen: Die Weine von Christophe Rey sind erhältlich direkt beim Winzer, www.caverey.ch, Tel. 027 455 19 46 oder in der Deutschschweiz bei Franz Killer, Turgi AG, Tel. 056 223 29 25. Die Weine von Mabillard-Fuchs gibts bei: mabillard-fuchs@bluewin.ch , Tel. 027 455 34 76.

Humagne Rouge Rey 2009 (Fassprobe)
Humagne Rouge Rey 2009 (Fassprobe)
Noch verschlossen, animalisch, fruchtig (Backpflaumen), ausgewogen, hat die nötige Power. Wird ein Muster-Humagne.
Score: 16,5-17/20 (Fr. 19.--, erhältlich ab Juni)
Humagne Rouge Rey 2009 (Fassprobe)
Noch verschlossen, animalisch, fruchtig (Backpflaumen), ausgewogen, hat die nötige Power. Wird ein Muster-Humagne.
Score: 16,5-17/20 (Fr. 19.--, erhältlich ab Juni)
Humagne Rouge Rey 2008
Für einen Humagne recht dunkel. Fruchtnoten (Heidelbeeren), die den sperrigen Wein zusammenhalten. Könnte kräftiger sein. Frisch.
Score: 15,5/20 (ausverkauft)
Für einen Humagne recht dunkel. Fruchtnoten (Heidelbeeren), die den sperrigen Wein zusammenhalten. Könnte kräftiger sein. Frisch.
Score: 15,5/20 (ausverkauft)
Petite Arvine Rey 2008
Leicht süssliche Nase, unprätentiös-elegant, saftig, Zitrusfrüchte, unterstützende Säure und leichtes Salz zum Schluss.
Score: 16,5/20 (19 Fr.)
Leicht süssliche Nase, unprätentiös-elegant, saftig, Zitrusfrüchte, unterstützende Säure und leichtes Salz zum Schluss.
Score: 16,5/20 (19 Fr.)
Humagne Rouge Mabillard-Fuchs 2008
Ausladende, typische, fruchtige Nase. Heidelbeeren, leichte Holzaromen. Kräftig. Sagen wir es so: Filigrane Rustikalität. Tolle Frische und Länge.
17/20 (Fr. 18.--)
Ausladende, typische, fruchtige Nase. Heidelbeeren, leichte Holzaromen. Kräftig. Sagen wir es so: Filigrane Rustikalität. Tolle Frische und Länge.
17/20 (Fr. 18.--)
Weiter degustiert
  • Johannisberg Rey 2008: 14/20 (Fr. 14.--)
  • Pinot Noir Rey 2008: 14,5/20 (Fr. 15.--)
  • Cuvée Kyrios Rey 2008 (Pinot Noir, Gamay, Syrah): 15/20 (Fr. 16.--)
  • Syrah Rey 2008 : 15/20 (Fr. 19.--)
  • Pinot Noir Mabillard-Fuchs 2008 : 15,5/20 (Fr. 15.--)
  • Johannisberg Rey 2008: 14/20 (Fr. 14.--)
  • Pinot Noir Rey 2008: 14,5/20 (Fr. 15.--)
  • Cuvée Kyrios Rey 2008 (Pinot Noir, Gamay, Syrah): 15/20 (Fr. 16.--)
  • Syrah Rey 2008 : 15/20 (Fr. 19.--)
  • Pinot Noir Mabillard-Fuchs 2008 : 15,5/20 (Fr. 15.--)
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