Vega Sicilia - Kultwein aus Spanien
Preislich mögen ihn zwar die neureichen Pingus und L’Ermita überholt haben – doch Vega Sicilia ist der Sympathieträger unter den Bonzen. Dafür bürgt nur schon die teils unglaubliche Geschichte des Weinguts aus dem Ribera del Duero.
Im Restaurant Schönegg in Wädenswil erzählt Puri Mancebo, die Export-Managerin der Vega-Sicilia-Group, die Geschichte. Sie klingt wie ein Märchen.
Alles beginnt 1848, als der baskische Landeigner Don Toribio Lecanda vom bankrotten Marques de Valbuena 2000 Hektaren erwirbt. Zuerst betreibt der Don bloss Ackerbau, bis sein Sohn 1864 Reben aus dem Bordeaux anpflanzt. Zuerst fast nur für die Brandy-Produktion. Später werden Weine produziert, die aber bloss fassweise verkauft werden. Erst 1915 wird der erste Vega Sicilia gekeltert – der Name ist die Kurzform des Guts und steht für die heilige Cäcilia, die Schutzpatronin der Kirchenmusik. Schon die Jahrgänge 1917 und 1918 werden prämiert – was heute noch auf der Etikette nachzulesen ist. Die Erfolgsstory ist lanciert!
50% der Korken ausgeschieden
Mancebo führt diese vor allem auf einen Faktor zurück: «Die Menschen! Sie sind es, die ihr Herzblut hergeben. Vega Sicilia war früher ein richtiges Dorf der Mitarbeiter, mit Kapelle und Schule. Um die Jahrtausendwende herum verschwanden die Wohnhäuser, die Menschen aber blieben. Seit nun vier Generationen arbeiten dieselben Familien auf dem Gut.» Einzigartig!
Ebenso wie die Versessenheit für Details. Ein eigener Küffer (in der dritten Generation…) setzt die Eichenhölzer zu Fässern zusammen. Vor allem jene aus den USA werden auf dem Betrieb getrocknet.
Und die Korken werden drei Kontrollen unterzogen. Puri: «Die Verkäufer übernehmen die Erstkontrolle, dann sind wir dran, und zuletzt ein Labor in Bordeaux. Die Hälfte der Korken bleibt auf der Strecke. Das finanzielle Risiko teilen wir mit den Verkäufern. Aber das Absatzrisiko haben wir alleine. Wir laufen oft in Kork-Engpässe und müssen die Abfüllung verschieben.» Dafür weiss jeder Käufer, der gegen 400 für eine Flasche hinblättert: Das Zapfen-Risiko geht gleich null!
Unico-Wein: 5500 auf der Kunden-Warteliste
In die vor-binäre Zeit fühlt man sich in der Verkaufsstrategie zurückversetzt. In Spanien können nur diejenigen einen Unico kaufen, die Eingang gefunden haben auf der Kundenliste. 90 Jahre ist sie alt, 4300 Namen stehen drauf, 5500 auf der Warteliste. Neukunden kommen nur dann zum Handkuss, wenn einer zwei Jahre lang nichts gekauft hat. «Das passiert aber selten», schmunzelt Mancebo. Denn das Recht, Vega Sicilia kaufen zu dürfen, kann vererbt werden.
Auch schon älter sind die Weine, wenn sie auf den Markt kommen. Mindestens elf Jahre seines «Lebens» muss sich ein Unico auf dem Weingut gedulden. Zuletzt wurde der 99er auf den Markt gebracht. Der Jahrgang 1970 zum Beispiel wurde erst 1995 verkauft. Gar 14 bis 15 Jahre zurückgehalten wird die Reserva Especial, ein Verschnitt aus verschiedenen besonders guten Jahrgängen.
Diese Langstreckenläufer-Eigenschaften bestimmen auch die Degustation. Ein Vega kommt erst mit den Jahren und nach einigen Stunden Luftkontakt in die Gänge. Gut möglich, dass der von mir hart bewertete 98er in zehn Jahren ein anderes Score erhält. Ein Beispiel: 1942 ist nach wie vor top zu trinken!