Die Weinkönigin

Sie ist charmant, gelernte Winzerin und keltert in Stäfa ZH ihre eigenen Weine: Eine fünfköpfige Jury hat für SonntagsBlick und Denner Karin Rohner, 26, zur Weinbotschafterin des Jahres 2008 gewählt.
Publiziert: 06.02.2008 um 15:43 Uhr
|
Aktualisiert: 06.09.2018 um 19:26 Uhr
von Michael Merz

Der Wind hat gedreht, pfeift jetzt ungebremst eisig von Nordosten über die steile Sternenhalde bei Stäfa herunter. Ein paar Schneeflocken tanzen mit. Doch Karin Rohner scheint solches Wetter nichts auszumachen. Ungerührt steht sie im Rebberg. Schnipp, schnapp schneidet sie die letztjährigen Triebe von den Reben. Packt die Ruten und zieht sie fast schon heftig aus dem Gewirr von Drähten und Rebschossen heraus. Ping! schnellt ein Rütchen ins fast gefrorene Gesicht, hinterlässt eine rote Spur. «Moll, das tut wirklich weh», sagt die Winzerin. «Aber die Arbeit im Rebberg ist eben hart. Jetzt, bei dieser schneidenden Kälte und im Sommer in der brütenden Hitze!» Wieder schnippt sie mit ihrer Schere zwei, drei Ruten durch und zieht sie mühselig aus dem Rebengeflecht. «Ob ich meine Berufswahl deshalb je bereut habe ..? Nein, nie!»

Das also ist Karin Rohner, die neue Weinkönigin, die der SonntagsBlick zusammen mit Denner gesucht und gefunden hat. Und die in den verschiedenen Tests, die man bestehen musste, um schliesslich vor der strengen Jury zu landen, am besten abgeschnitten hat. «Es war ein wenig wie in der Schule. – Und auch ein wenig wie im Theater. Die Jurymitglieder waren die Zuschauer und ich so etwas, wie das Stück, das zu gefallen versuchte.»

Winzerin hat die 26-Jährige gelernt. Ursprünglich wollte sie Maurerin lernen. Aber der eine Lehrmeister traute der kleinen Frau die schwere Arbeit körperlich nicht zu. Der andere wollte keine Frau auf dem Bau – «Weil sonst die Männer nichts mehr arbeiten …» Doch Karin Rohner wollte unbedingt körperlich arbeiten: So reiste sie in die Westschweiz, nach Valeyres-sous-Rances VD und erlernte dort ihren Beruf. «Ich hatte Glück. Denn eigentlich war ich ein wildes Kind, aber dort kam ich in eine wunderbare, harmonische Familie. Das hat mich geprägt.»

Eine solche Ausnahme war Karin Rohner in ihrem Beruf, dass bereits während ihrer Lehrzeit ganze Familien anreisten, um das seltene Exemplar zu bestaunen. Auch als sie später am Genfersee arbeitete, blieb dies so. Aber das hat die junge Frau nie gestört. «Ich war immer eher eine Macherin. Ich krampfe gerne. Für drei Jahre hatte ich neben meiner Stelle im Welschland sogar einen eigenen Rebberg in Stäfa.» Allerdings: «Jetzt sind die Reben abgesägt. Es werden dort Häuschen gebaut.» Sie zuckt die Schultern und zeigt wieder ihr Lachen. So leicht haut sie das nicht um. Sie hat ihre ersten eigenen Weine gekeltert und wird es wieder tun. Das weiss sie ganz genau. «Etwas Land und ein Häuschen. Das wünsche ich mir. Und theoretisch auch einen Mann und Kinder. Bloss: So richtig hat mir bisher keiner gefallen!»

Über dem Alpenkranz hat sich ein himmelblaues Fenster aufgetan. Karin Rohner streckt sich, legt eine Hand in den Rücken und sagt: «Es gibt Föhn.» Dann packt sie wieder die Schere, bückt sich und schnipselt weiter. «Das Zurückschneiden beginnt dann, wenn das letzte Blatt vom Rebstock gefallen ist. Und enden tut es dann, wenn die Säfte wieder aufsteigen. So Ende Februar.» Man spürt, wie sehr diese Frau mit der Natur und ihrem Beruf verbunden ist. Und es erstaunt kaum, dass sie es zur Weinkönigin gebracht hat. Wobei sie das doch gar nicht werden wollte. Aber ein lieber Kollege hat sie immer wieder dabei bestärkt. «Du musst es tun!», hatte er ihr solange gesagt, bis sich die Winzerin sagte: «Verlieren kann ich ja nichts!» und sich anmeldete.

Nervös sei sie gewesen. Und diese Nervosität sei auch nur teilweise verflogen. Und gewusst habe sie dann, vor der Jury, auch nicht alles. Zum Beispiel die Antwort auf die Frage: «Wie viel Zucker denn Champagner brut maximal enthalten dürfe» (höchstens 15 Gramm pro Liter). Und schliesslich war sie Weinkönigin. Und so, wie sie sich da gefreut hat, freut sie sich immer noch. Es werde sicher ein spannendes Jahr, meint sie. Schon hat sie das erste Fotoshooting hinter sich. Bald wird sie ihrer Aufgabe nachgehen. Bei Degustationen an Weinmessen mitmachen. Weinseminare leiten und das Weinangebot von Denner mit ihren Weintipps erklären. «Das alles ist neu für mich. Aber ich hoffe, dass ich die Vorstellungen, die man von einer Weinkönigin hat, erfüllen kann.»

Ob es denn stimme, dass Frauen die bessere, feinere Nase für Wein hätten als die Männer? Wieder einer dieser fröhlichen Lacher. «Das sagt man zwar. Aber ich kenne mindestens drei Männer, die extrem gut verkosten. Nein. Ich glaube, da gibt es keinen Unterschied. Im Grunde genommen ist es wohl eher eine Übungssache!»

Karin Rohner wechselt in die nächste Rebzeile. Streckt sich ein weiteres Mal, bevor sie sich erneut bückt. Vielleicht noch eine allerletzte Frage: Was ist denn das Geheimnis einer guten Weindegustation? «Nehmen Sie sich Zeit. Es braucht Zeit, damit ein Wein wächst und bis er danach perfekt gekeltert ist. Es braucht Zeit ihn zu verkosten, darüber nachzudenken. Sie brauchen damit niemandem etwas zu beweisen. – Nicht einmal sich selbst.

«Es war ein wenig wie in der Schule»
Fünf Experten wählten in einem Casting die Weinkönigin: die zwei Önologen Madeleine Gay und Felix Christen sowie die Weinjournalistin Chandra Kurt testeten die fachlichen Kenntnisse der Kandidatinnen. Karina Berger von der Miss-Schweiz-Organisation beurteilte Natürlichkeit und Charme. Marco Castellaneta, Kommunikationsleiter Ringier und ehemaliger Moderator «Konsum-TV», begutachtete Ausstrahlung und Auftreten der zukünftigen Botschafterin. Die Wahl der Jury fiel eindeutig auf die 26-jährige Winzerin Karin Rohner
Fünf Experten wählten in einem Casting die Weinkönigin: die zwei Önologen Madeleine Gay und Felix Christen sowie die Weinjournalistin Chandra Kurt testeten die fachlichen Kenntnisse der Kandidatinnen. Karina Berger von der Miss-Schweiz-Organisation beurteilte Natürlichkeit und Charme. Marco Castellaneta, Kommunikationsleiter Ringier und ehemaliger Moderator «Konsum-TV», begutachtete Ausstrahlung und Auftreten der zukünftigen Botschafterin. Die Wahl der Jury fiel eindeutig auf die 26-jährige Winzerin Karin Rohner
Fehler gefunden? Jetzt melden