Das Wallis drückte ein Auge zu
Covid-Patienten gingen weiter in Restaurants

Der Walliser Staatsrat wurde im vergangenen Oktober informiert, dass «300 positiv auf das Coronavirus getestete Personen» immer noch in Restaurants gingen. Weil eine Rechtsgrundlage fehlt, griff er nicht ein. Die Behörden bestätigen den Fall, nicht aber die Zahl.
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Bis 300 mit Corona-Infizierte sollen im Wallis einfach weiter Restaurants besucht haben. Sie könnten bis zu 1500 Personen angesteckt haben.
Foto: Keystone
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Antoine Hürlimann

Der Fall irritiert. Die Walliser Behörden entdeckten im vergangenen Oktober, dass «300 Personen, die positiv auf Covid-19 getestet wurden» weiter in Restaurants gingen, als ob nichts geschehen wäre. Diese «300 Personen könnten bis zu 1500 Personen angesteckt haben», so gut informierte Quellen zu Blick. Das Problem: Es wurden keine rechtlichen Schritte unternommen, um das unverantwortliche Verhalten zu stoppen.

Entdeckt haben die Behörden die Fälle während eines Computertests, bei dem die offizielle Liste der infizierten Personen mit jenen in der Socialpass-Tracking-App eingegebenen Daten verglichen wurde, die in den Bars verwendet wird.

Zur Erinnerung: Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte zeigte am Montag mit dem Finger auf «Betreiber, die den Gesundheitsbehörden der Kantone Waadt und Wallis direkten Zugriff auf die zentralisierte Datenbank gewährt und sie für beliebige gezielte Suchmöglichkeiten zur Verfügung gestellt haben».

Keine Rechtsgrundlage

Die damals zuständige und heute pensionierte Staatsrätin Esther Waeber-Kalbermatten (68) bestätigt den Computertest. Sie versichert aber, dass sie «nie eine Liste» und «nie konkrete Zahlen» gesehen habe: «Wir hatten keine Rechtsgrundlage, diese Informationen zu verwenden, das Datenschutzgesetz verbietet diese Art der Datenübermittlung. Wir wollen diese Art von Kontrolle weder in der Schweiz noch im Wallis.»

Hatte sie als Leiterin des Gesundheitsministeriums nicht das Gefühl, dass Leben hätten gerettet werden können, wenn diese positiv getesteten Personen, die die Isolation nicht eingehalten haben, gemeldet worden wären? «Ich denke, wir müssen vorsichtig sein und diese Fälle nicht direkt mit Todesfällen in Verbindung bringen», argumentiert sie. «Ich habe damals gesagt, dass wir nicht wissen wollen, wer diese Leute sind, sondern dass wir die Kontrollen von Leuten verstärken werden, die in Quarantäne sein sollten. Das haben wir getan.»

Für weitere Details verweist sie an Jean-Bernard Moix, Direktor von Promotion Santé Valais. «Es waren nie 300 Leute beteiligt», sagt dieser. Nach dem Computertest, mit dem geprüft worden sei, ob es technisch möglich ist, eine bestimmte Menge an Daten abzugleichen, «haben wir festgestellt, dass mehrere Personen, die positiv auf Covid-19 getestet wurden, aber vor allem Personen, die eigentlich in Quarantäne hätten sein müssen, einen QR-Code in einer öffentlichen Einrichtung gescannt hatten».

«Das hat die Behörden noch mehr sensibilisiert»

Das erste Dokument habe eine Menge Ungenauigkeiten und Doppelungen aufgewiesen. «Wir haben die Liste gesäubert und am Ende hatten wir etwa 100 problematische Fälle, darunter eine Mehrheit von Menschen, die die Quarantänemassnahmen nicht eingehalten haben», sagt Moix.

Auch Moix versichert, dass es sich nur um einen Test gehandelt habe und man solche Verfahren nicht aufbauen wolle. «Wir wissen, dass sich nicht jeder an die Regeln hält, das ist unmöglich. Aber das hat die Behörden noch mehr sensibilisiert.»

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