Zwischen Talent und Netzwerk
Wie junge Autoren im Literaturbetrieb durchstarten

Eine gute Feder allein reicht nicht aus, um es im Schweizer Literaturbetrieb zu etwas zu bringen. Drei junge Schreibende erzählen, wie sie sich ihren Platz erobern.
Publiziert: 23.06.2025 um 20:11 Uhr
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Lia Maria Neff lebt zwei Träume zugleich: Als Musikerin und Autorin.
Foto: Alessandra Leimer

Darum gehts

  • Junge Autoren kämpfen um Anerkennung im Schweizer Literaturbetrieb
  • Netzwerke und Kontakte sind wichtig für den Erfolg junger Schriftsteller
  • Drei Autoren unter 30 Jahren teilen ihre Erfahrungen im Literaturbereich
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Debora BaumannSocial Media Manager

Viele schreiben. Aber wer wird gelesen? Wer als junger Mensch ohne bekannten Namen schreibt, stösst im Schweizer Literaturbetrieb schnell an Grenzen. Denn das literarische Feld ist eng vernetzt. Und wer kein Teil dieses Netzes ist, bleibt aussen vor. «Man ist nicht einfach Autorin, sondern eine junge Autorin», sagt Lia Maria Neff (24) und beschreibt damit ein Dilemma: Die Jugend wird zur Qualifikation – und zugleich zum Makel. Denn mit dem Label «jung» kommt auch ein unausgesprochener Zweifel: Jung heisst auch neu und unbekannt. Unbekannt lässt sich schlecht verkaufen. Wie also wird man von einer jungen Autorin zu einer Autorin?

Die künstlerische Freiheit

Im März erschien Neffs Debütroman «Ein bisschen für immer» beim Atlantis-Verlag. Der Roman handelt von der zweiten Liebe, die immer noch von der ersten überschattet wird. Während des Veröffentlichungsprozesses erhielt sie viel Feedback und Unterstützung aus der Literaturszene – selbst von Verlagen, die ihre Manuskripte zuvor abgelehnt hatten. Und davon gab es einige. Nach mehreren Überarbeitungen und durch gezieltes Kontakteknüpfen klappte es schliesslich doch. 

Kontakte sind ein wichtiges Eintrittsticket – nicht allein Talent. So wirkt das Netzwerk wie eine Tür, die sich erst dann öffnet, wenn man selbst daran zu rütteln beginnt. Der Schweizer Literaturbetrieb ist jedoch überschaubar – und wer einmal drin ist, erfährt oft kollegiale Hilfe.

Auch Sagal Maj Čomafai (29) machte diese Erfahrung: «Selbst erfolgreiche Leute nehmen sich Zeit.» Das merkte er direkt bei der Lesung seines Erstlings «Fast nichts all inclusive» an den Solothurner Literaturtagen im Mai. Nicht oft kommt es vor, dass Debüts an Literaturfestivals vertreten sind. «So verschaffen sich junge Literaturschaffende dann auch Gehör: indem sie an Festivals eingeladen werden und Preise bekommen», sagt er. Und genau dieser Austausch an solchen Anlässen sei wichtig, vor allem für junge Personen. Die Suche nach Verlagen ist nämlich energiezehrend, erst recht ohne Kontakte. Nur wer Know-how teilt und Beziehungen nutzt, kommt ans Ziel – die Veröffentlichung.

Schreiben ohne Anleitung?

Für Lia Maria Neff war das Veröffentlichen ihres Romans ein Traum, jedoch kein Ziel. Sie schrieb ihren Roman ohne Erwartungen an sich selbst, das ganz neben ihrem Studium, das nichts mit ihrem Schreiben zu tun hat. Neff hat keine Ausbildung im Bereich der Literatur. Sie studiert Musikpädagogik an der Zürcher Hochschule der Künste mit Schwerpunkt klassische Musik und spielt Kontrabass.

Beim Schreiben wünschte sie sich manchmal mehr handwerkliches Know-how, doch sie ist fest davon überzeugt, dass Schreiben keine Ausbildung braucht und dass diese sogar hemmend sein kann: «Je mehr man weiss, desto mehr hinterfragt und verliert man vielleicht die eigene und so individuelle Herangehensweise.»

Čomafai hingegen besuchte das Literaturinstitut in Biel und empfand die Studienzeit als nützlich. Eine Ausbildung helfe insofern, als dass man Routinen entwickle und vor allem auch in den Austausch mit anderen Schreibenden komme. Während des Studiums erhalte man Einblicke in andere Projekte und Feedback zum eigenen Projekt.

Kay Matter (27) studierte Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin und sagt: «Man ist einfach auch weniger allein.» Das Studium sei aber nicht für jeden und jede etwas. Der Zugang zu diesen Ausbildungen sei mit einigen strukturellen Hürden verbunden, sagt Matter. 

Finanzen, Freiheit, Frust

Die Hürde zum Autorsein ist nicht das Schreiben an sich, es ist das Weiterschreiben. «Man braucht Ausdauer. Man muss sich nun mal hinsetzen und das Buch halt schreiben», so Čomafai. Die Leidenschaft ist dabei der Hauptantrieb.

Für die drei befragten Autorinnen und Autoren ist das kein Problem. Ein entspanntes Autorenleben also? «Auf keinen Fall», sagt Matter. Jedenfalls nicht in der Schweiz. «In der Schweiz wird chillig nicht wirklich respektiert, man muss schon richtig krampfen», meint auch Neff.

Zum Schreiben hinzu kommen Bewerbungen bei Verlagen, Überarbeitungen, administrative Aufgaben und Auftritte. Und dann die Frage der Finanzen. Čomafai beantragte Fördergelder und arbeitet noch nebenbei, um sich das Schreiben zu ermöglichen. Sein Einkommen ist begrenzt, aber seine Themenwahl ist frei. «Die finanzielle Freiheit gibt mir eine künstlerische Freiheit», sagt er. Weil er nicht auf Verkäufe oder Marktlogik angewiesen ist, kann er schreiben, was ihn wirklich interessiert. Kein Verlag, keine Zielgruppe, kein Auftrag diktiert ihm Inhalte.

Durchhaltewillen zahlt sich aus. Matter kann nach fünf Büchern inzwischen vom Schreiben leben. Es braucht eben nicht nur Talent, sondern vor allem Hartnäckigkeit, um dorthin zu kommen.

Alle drei arbeiten schon an ihrem nächsten Projekt. Sagal Maj Čomafai macht sich nach seinen Prosaminiaturen an den klassischen Roman. Für Kay Matter folgt auf die Theaterstücke und seinen ersten Roman «Muskeln aus Plastik» (2025) eine dreiteilige Serie am Schauspielhaus in Zürich. Auch bei Lia Maria Neff wächst bereits die Idee für ihren nächsten Roman. Sie schreiben weiter. Und erobern sich Schritt für Schritt ihren Platz im Schweizer Literaturbetrieb.

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