Darum gehts
- Greenpeace-Studie zeigt flächendeckende Verschmutzung mit Mikroplastik
- Alarmierende Konzentrationen in Wildschwein-Kot, bis zu 600 Partikel pro Gramm
- 14 von 15 untersuchten Proben enthielten Mikroplastik mit bis zu zehn Plastiktypen
Der Kot von Schweizer Wildtieren enthält Mikroplastik! Das zeigt eine aktuelle Untersuchung von Greenpeace. «Wir wollten wissen, ob Wildtiere in der Schweiz, die weit entfernt vom Menschen leben, ebenfalls von der Plastikverschmutzung betroffen sind», sagt Joëlle Hérin (55), Expertin bei Greenpeace Schweiz. Denn während es zahlreiche Studien über die Auswirkungen von Plastik auf Meerestiere gebe, wisse man über die Auswirkungen auf Landsäugetiere bisher noch wenig.
Die explorative Studie von Greenpeace Schweiz liefert nun einen ersten Überblick über die Situation im Land. Zwischen Dezember 2024 und März 2025 sammelte Greenpeace in verschiedenen Schweizer Regionen zufällig 55 Exkremente von wild lebenden Säugetieren wie Rehen, Füchsen, Wildschweinen oder Hirschen. Forschende der ETH-Lausanne (EPFL) untersuchten schliesslich 15 Proben aus 11 Kantonen und von 9 unterschiedlichen Wildtierarten auf Plastikpartikel zwischen 50 Mikrometern und zwei Millimetern.
Alarmierende Konzentrationen in Wildschwein-Kot
Die Ergebnisse sind eindeutig: 14 der 15 untersuchten Proben enthielten Mikroplastik, mit bis zu zehn verschiedenen Plastiktypen. «Die Ergebnisse bestätigen eine traurige Tatsache: Mikroplastik ist überall. In der Luft, im Boden, im Wasser, im Schnee und auf den Berggipfeln», sagt Hérin. Mikroplastik findet sich auch im menschlichen Körper. «Jüngste Studien haben gezeigt, dass Mikroplastik im Blut, in der Lunge, in der Muttermilch und im Gehirn vorkommt. Es ist alarmierend und erschreckend», so die Expertin. Denn viele in Plastik enthaltenen Substanzen wie endokrine Disruptoren, PFAS oder Flammschutzmittel können zu Gesundheitsproblemen wie Krebs, Unfruchtbarkeit, Endometriose, Asthma oder Herzerkrankungen führen.
Während die Forschenden bei der aktuellen Untersuchung im Kot des Zürcher Rehs und des Bündner Wolfs nur wenige Plastikpartikel fanden, wiesen die Proben von Walliser und Berner Wildschweinen über 600 Mikroplastikpartikel pro Gramm Kot auf. Zum Vergleich: 2023 stellten Wissenschaftler im Kot von Kaninchen in Mexiko Mittelwerte von unter zehn Mikroplastikpartikeln pro Gramm fest. Diese tiefen Werte treffen auch auf Fischotterkot in Österreich zu, den Forschende 2024 analysiert haben. Untersuchungen von Greenpeace Ostasien im selben Jahr zum Kot von Säugetieren wie Büffeln, Rindern und Schweinen lieferten Medianwerte von unter zehn Partikeln pro Gramm.
4000 chemische Zusatzstoffe für Kunststoffe sind gefährlich
Auch wenn die aktuelle Untersuchung von Greenpeace Schweiz eine Momentaufnahme mit einer begrenzten Anzahl Proben ist, lässt sich festhalten: Mikroplastik kommt hierzulande flächendeckend und in hoher Konzentration vor. Ein Viertel der 16’000 chemischen Zusatzstoffe für Kunststoffe ist bereits als gefährlich eingestuft, bei mehreren Tausend Stoffen ist die Gefährlichkeit noch unbekannt. Joëlle Hérin sagt: «Wir brauchen daher eine entschlossene und rasche Reaktion unserer Regierung, unter anderem mit Massnahmen zum Verbot von Einwegplastik und zur Förderung der Wiederverwendung.»
Im August treffen sich in Genf rund 170 UN-Mitgliedstaaten, um ein verbindliches internationales Abkommen gegen die Verschmutzung durch Plastik zu verhandeln. Als Gastgeberland müsse sich die Schweiz dabei für ein ehrgeiziges Abkommen einsetzen, das unter anderem die Produktion von Plastik begrenzt, sagt Hérin.