Stimmen zum Vatertag 2025
«Ich mache es bewusst anders, als mein eigener Vater»

Der Vatertag am ersten Juni-Sonntag ist wenig bekannt. Doch er bietet Anlass, die gesellschaftliche Rolle von Vätern zu beleuchten. Zwei Männer erzählen über ihr Selbstverständnis als moderner Vater.
Publiziert: 01.06.2025 um 11:40 Uhr
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Aktualisiert: 13:33 Uhr
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Darum gehts

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Ravena FrommeltRedaktorin Gesellschaft

Überreichen die Kinder am Sonntagmorgen Selbstgebasteltes, treffen sich erwachsene Kinder mit ihren Müttern auswärts zum Brunch – dann ist mit hoher Wahrscheinlichkeit Muttertag. Seit über 100 Jahren feiern Familien hierzulande jeweils am zweiten Sonntag im Mai die mütterliche Fürsorge.

Doch wie steht es um die Anerkennung väterlicher Fürsorge? Einen Tag für Väter gibt es in der Schweiz seit 2007, initiiert durch männer.ch, den Dachverband Schweizer Männer- und Väterorganisationen. Der von männer.ch als «Vätertag» bezeichnete Tag ist jeweils am ersten Sonntag im Juni.

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«Papas verdienen genau gleich viel Wertschätzung wie Mamas», sagt Ramona Mathis. Sie und ihr Partner Cem Yigit sind die Eltern von Levin – und Gründer eines familienfreundlichen Fitnessstudios in Zürich.
Foto: zVg

Während der Muttertag aber kommerzialisiert und weithin bekannt ist, fristet sein Pendant auch nach bald 20 Jahren ein Schattendasein. Es gehe nicht darum, dass auch Papa mal einen Blumenstrauss bekomme, sagt Thomas Neumeyer (41), Leiter Kommunikation bei männer.ch. Ziel ist vielmehr, für die Situation heutiger Väter zu sensibilisieren: «Die meisten Männer wollen heute involviertere Väter sein, als es ihre eigenen waren. Der Vätertag soll die gesellschaftliche Rolle moderner Väter sichtbar machen – und eine politische Debatte über Gleichstellung und Vereinbarkeit anstossen.»

Doch braucht es 2025 überhaupt noch Mutter- und Vatertage – ergäbe nicht ein Elterntag mehr Sinn? «Wir begrüssen alle Aktionen, die elterliches Engagement würdigen», so Neumeyer, «aber was wir wirklich brauchen, ist Elternzeit.» Männer.ch unterstützt die Familienzeit-Initiative, die je 18 Wochen Familienzeit pro Elternteil fordert – dafür werden derzeit in der ganzen Schweiz Unterschriften gesammelt.

«Papas verdienen genau gleich viel Wertschätzung wie Mamas – denn starke Väter machen den Unterschied», sagt Ramona Mathis (31) aus Zürich. Die Partnerin von Cem Yigit (33) und Mutter eines Sohnes spricht von einem veränderten Vaterbild: «Heutige Väter sind präsent, engagiert und emotional verfügbar.»

Was sagen Männer dazu? SonntagsBlick hat mit zwei jungen Vätern, Cem Yigit und Dominic Weibel, über ihre Vaterschaft gesprochen.

Cem Yigit (33), Vater von Levin (5) und selbständiger Fitnesstrainer

Cem Yigit mit seinem Sohn Levin.
Foto: zVg

«Väter engagieren sich heute viel stärker in der Erziehung – das beobachte ich auch in meinem Umfeld. Mir persönlich bedeutet der Vatertag zwar nicht viel, genauso wenig wie mein Geburtstag. Aber ich finde es wichtig, dass Vaterschaft ebenso wertgeschätzt wird wie Mutterschaft. Während der Schwangerschaft meiner Partnerin war ich voller Vorfreude, und jetzt als Vater blühe ich richtig auf.

Letztes Jahr haben meine Partnerin und ich unser familienfreundliches Fitnessstudio Movement Studio Soma gegründet, und es läuft sehr gut. Es ist schwer zu sagen, wer von uns wie viel Prozent arbeitet. Vermutlich beträgt mein Pensum ungefähr 60 bis 80 Prozent und das meiner Partnerin 80 bis 100 Prozent. Wir sind mit unserer Aufteilung bei der Arbeit und als Eltern sehr zufrieden.

Als wir realisiert haben, wie gut Ramonas ‹Mamaklub›-Kurse für Schwangere und Mütter mit Kindern laufen, haben wir beschlossen, ein ähnliches Angebot für Väter zu schaffen – zuerst als Gag. Seit letztem Sommer können in unserem Kurs ‹Papa pumpt› Väter mit ihren Sprösslingen trainieren. Auch diese Kurse erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Ich denke daher, in der Schweiz gibt es einen grossen Bedarf an Angeboten, die sich speziell an Väter richten.

Als Vater ist es mir wichtig, eine Beziehung zu meinem Sohn zu haben, denn ich habe das Gefühl, das kam bei mir als Kind zu kurz – mein Vater hatte wenig Zeit für mich und hat viel gearbeitet. Das verstehe ich, denn er ist aus der Türkei in die Schweiz eingewandert und wollte für seine Familie etwas aufbauen. Doch meinem eigenen Sohn möchte ich viel Zeit und Aufmerksamkeit widmen, ich möchte, dass er mich kennt und in schwierigen Zeiten auf mich zukommt.

Ich begegne Levin auch auf Augenhöhe, indem ich täglich auf den Knien mit ihm Lego spiele, mich ganz in sein Spiel integriere und mich auf seine Fantasie einlasse. Auch mein Vater findet es super, dass ich so viel Zeit mit meinem Sohn verbringe. Doch ein Kind ist auch wie ein Spiegel – ich merke, dass ich mit meinen eigenen Emotionen viel besser umgehen muss, etwa, wenn mich etwas wütend macht. Mit dieser Wut muss ich anders umgehen als früher, sonst färbt es auf meinen Sohn ab, und ich gebe mein Verhalten an ihn weiter.»

Dominic Weibel (29), Vater von Leona (16 Monate) und Software Engineer

Dominic Weibel und seine Tochter Leona.
Foto: zVg

«Schon vor der Geburt unserer Tochter war für mich klar: Ich möchte ein Vater sein, der sein Kind aufwachsen sieht – nicht einer, der ständig arbeitet und nur am Rand teilnimmt. Damit mache ich es bewusst anders als mein Vater, der oft von sieben bis sieben arbeitete.

Ich arbeite zu 80 Prozent als Software Engineer – meist von zu Hause aus und verteilt über fünf Tage. Diese Flexibilität erlaubt es mir, Leona auch mal ins Singen oder zur Eltern-Kind-Beratung zu begleiten. Dort falle ich als Vater auf – die meisten Kinder kommen mit ihren Müttern. Kommentare wie ‹Schön, dass wieder mal ein Vater da ist› höre ich oft. Ich wünsche mir, auch tagsüber mehr Väter mit ihren Kindern zu sehen. Meine Frau arbeitet selbständig als Hebamme, mit einem Pensum zwischen 20 und 40 Prozent.

Unsere flexiblen Arbeitszeiten ermöglichen es uns, den Alltag gut abzustimmen. Mittwochs betreut zudem jeweils eine der Grossmütter unsere Tochter. Sollte meine Frau ihr Pensum später erhöhen wollen, bin ich offen, meines weiter zu reduzieren. Ich liebe es, Leona beim Entdecken der Welt zu beobachten – etwa wenn sie sich eine Stunde lang damit beschäftigt, einen PET-Deckel auf eine Flasche zu schrauben.

Als Vater will ich ihr die Werte vorleben, die mir wichtig sind. Gleichzeitig trage ich eine neue Verantwortung: Ich denke ständig für einen anderen Menschen mit. Leona soll sich frei bewegen können – aber sicher. Und eigene Pläne mache ich nicht mehr einfach spontan. Ich frage mich jedes Mal: Wer schaut in der Zeit auf sie? Was meiner Frau und mir sehr hilft, ist unsere offene und ehrliche Kommunikation.»

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