Eltern zur digitalen Überwachung
«Ihr wisst nicht, wie es ist, Eltern von heute zu sein»

Smartwatches und GPS-Tracker werden immer häufiger eingesetzt, um Kinder zu überwachen. Nun kommen Eltern selbst zu Wort: Einige sehen darin Schutz, andere warnen vor Vertrauensverlust und eingeschränkter Selbständigkeit.
Publiziert: 14:42 Uhr
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Manche Kinder werden auch auf dem Pausenplatz von den Eltern getrackt.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Eltern überwachen Kinder digital, Fachleute warnen vor Entwicklungsschäden
  • Smartwatches und GPS-Tracker ermöglichen ständige Ortung und Kommunikation
  • Eltern äussern in Kommentarspalte unterschiedliche Meinungen zum Thema
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sarah RiberzaniCommunity Editor

Was früher das kurze Winken vor dem Schultor war, ist heute zur digitalen Kontrolle geworden. Mit Smartwatches und GPS-Trackern können Eltern ihre Kinder jederzeit orten und oft sogar direkt mit ihnen sprechen. Lehrpersonen berichten von Kindern, die im Unterricht mit den Eltern kommunizieren, oder von versteckten Trackern in Rucksäcken. Auch auf Schulausflügen und in Klassenlagern sorgt das Verhalten mancher Eltern für Irritationen: Sie wollen über jeden Schritt ihrer Kinder informiert sein und ständig wissen, wo sie sich aufhalten.

Fachleute warnen, die permanente Überwachung schade der Entwicklung, weil Kinder dadurch weniger Gelegenheit haben, Eigenständigkeit und Vertrauen zu lernen. Gleichzeitig zeigt der Trend, wie sehr Ängste und Sicherheitsbedürfnisse den Familienalltag prägen.

Sicherheit oder digitale Fessel?

In den Reaktionen unserer Leserinnen und Leser spiegelt sich die Debatte deutlich wider: Einige verteidigen die digitale Kontrolle als wichtigen Schutzmechanismus. So erklärt Oski Dillinger: «Ich als Vater bin für meine Kinder verantwortlich. Deshalb ist es auch richtig, dass ich weiss, wo sie sind. Wenn was schiefläuft, sagt man sonst ‹typisch Eltern, die nicht wissen, was ihre Kinder machen›.»

Leserin Janine Schneider teilt diese Ansicht: «Mein Kind hat auch so eine Uhr. Diese ist aber während der Schulzeit ausgeschaltet und läuft nur auf dem Weg. Wer übernimmt denn die Verantwortung, wenn etwas passiert? Ich würde mich gerade in der heutigen Zeit immer wieder dafür entscheiden. Mein Kind ist sehr selbständig und das schon lange.»

Anna Zesiger verweist auf die tiefgreifenden Veränderungen im Alltag und die gestiegenen Sicherheitsbedürfnisse. «Früher habe ich die Wohnung nie abgeschlossen und die Autoschlüssel einfach im Auto liegenlassen. Eben, früher. Heute leben wir anders. Und die Eltern von früher haben keine Ahnung, wie es ist, Eltern von heute zu sein», schreibt sie. 

Auch Anja Knoepfli findet eine richtige Nutzung der heutigen Technologien sinnvoll: «Ein Tracker ist wie ein Sackmesser: praktisch, wenn man ihn braucht. Nur weil ein Kind einen trägt, heisst das nicht, dass es ständig von Eltern überwacht wird.» Ihrer Meinung nach setzen die meisten Eltern den Tracker vernünftig ein. Problematisch werde es allerdings, wenn Ton oder Video beim Tracken im Spiel sei. «Alleinige verschlüsselte Standortbestimmung, sehe ich aber richtig eingesetzt sogar als Hilfsmittel zur Selbständigkeit.»

«Müssen Eltern wirklich alles wissen?»

So manche Leserinnen und Leser vertreten hingegen eine ganz andere Meinung. Markus Huber etwa betont: «Ich bin ein Vater von heute und würde nie im Leben meinen Kindern einen Tracker mitgeben und sie überwachen. Denken Sie, das Kind erfährt so, was Vertrauen heisst?» Für ihn ist klar: «Diese Tracker bringen absolut nichts. Die Leute, welche ein Kind entführen wollen, sind ja nicht blöd. Was glauben Sie, was sie zuerst machen werden?»

Ähnlich kritisch äussert sich Max Brülisauer. Er sieht in der Überwachung der Kinder eine Gefahr für deren Entwicklung: «Genau durch solches Verhalten der Eltern werden die Kinder in Zukunft weniger Chancen haben. Sie sind benachteiligt, da sie für nichts mehr die Verantwortung übernehmen müssen. Viel Spass in der Lehre und Berufswelt!»

Auch Stephan Wälti regt zum Nachdenken an: «Wart ihr nie Kinder? Müssen Eltern wirklich alles wissen? Wir haben damals unsere Grenzen gekannt. Erziehung fängt zu Hause an und erst, wenn die Kinder unterwegs sind.» Sein Fazit: «Die Eltern sind heute das Problem, nicht die Kinder.»

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