Am Donnerstag hat Erzbischof Jean Scarcella seinem Abteirat seinen Wunsch mitgeteilt, auf das Amt des Abtes von Saint-Maurice zu verzichten. Am Ende dieses Treffens überreichte er Papst Leo XIV. sein Schreiben über den Verzicht. Der Papst hat das Rücktrittsgesuch Scarcellas angenommen. Das schreibt die Abtei in einer Pressemitteilung. Ende September soll ein neuer Abt gewählt werden.
Scarcella war 2015 zu Abt gewählt worden. Das älteste Kloster der Schweiz sah sich schon länger mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert. Nun wies ein in der vergangenen Woche vorgelegter Bericht auf einen «mangelhaften» Umgang mit sexuellem Missbrauch in der Institution hin.
Scarcella ist erst dreieinhalb Monate wieder im Amt
In der Mitteilung bat Scarcella die Opfer und die Gläubigen erneut um Vergebung. Er hoffe, dass die Entscheidungen dazu beitragen werden, alle Formen des Missbrauchs zu beseitigen. Die Leitung der Institution werde derzeit von Prior Simon Previte als Kapitelsvikar übernommen.
Laut dem Bericht einer unabhängigen Arbeitsgruppe hat die Walliser Abtei Saint-Maurice im Umgang mit den zahlreichen Missbrauchsfällen der letzten Jahrzehnte versagt. Die Abtei wolle Lehren aus dem Bericht ziehen, hiess es bei der Veröffentlichung des Berichts am 20. Juni. Die Gruppe leitete der Neuenburger Generalstaatsanwalt Pierre Aubert.
Im Auftrag der Abtei durchforstete die Gruppe Archivmaterial und sprach mit 57 Zeugen und mit 24 Geistlichen. Sie listete eine «nicht unerhebliche Anzahl» von sexuellen Verfehlungen auf, die zwischen 1950 und 2022 begangen wurden. Scarcella hatte im November 2023 sein Amt vorübergehend niedergelegt, um die Unabhängigkeit der kirchenrechtlichen Ermittlungen im Missbrauchsskandal zu gewährleisten. Erst vor dreieinhalb Monaten hatte er seine Funktion wieder aufgenommen.