Darum gehts
- Nürburgring-Nordschleife: Wichtige Teststrecke mit bröckelndem Image als härteste Rennstrecke
- Hersteller kreieren eigene Kategorien für Rekorde auf der Nordschleife
- Porsche hält seit 2018 den absoluten Rekord mit 5:19,55 Minuten
Die legendäre Nordschleife des Nürburgrings gilt nicht nur als eine der schwierigsten, sondern auch als eine der wichtigsten Teststrecken der Welt. Seit Jahrzehnten kommen Autohersteller, Reifen- und Fahrwerksentwickler oder Zulieferer in die westdeutsche Eifel, um auf der fast 21 Kilometer langen Rennstrecke neue Fahrzeuge und Komponenten zu testen. Wie anspruchsvoll die Nordschleife mit ihren 73 Kurven und Steigungen von bis zu 18 Prozent für Mensch und Material ist, verrät schon der Spitzname, den sie einst vom dreifachen F1-Weltmeister Jacky Stewart (86) erhalten hat: die grüne Hölle.
Doch das Image als härteste Rennstrecke der Welt bröckelt – und Schuld daran sind die Hersteller selbst. Denn mittlerweile vergeht kaum ein Monat, in dem keine neue Bestzeit in irgendeiner neu gegründeten Kategorie verkündet wird (auch interessant: 10 irre Rekorde auf dem Nürburgring).
Die Kategorien-Kreierer
Neustes Beispiel: General Motors mit seiner prestigeträchtigen Corvette, die als ZR1 und ZRX1 neue Bestzeiten auf der Nordschleife herausgefahren hat. «Kein Automobilhersteller hat zuvor einen solchen Rundenrekordversuch auf dem Nürburgring unternommen», verkündete der sichtlich stolze GM-Präsident Mark Reuss. Dabei haben die US-Boliden keine absolute Rekordrunde aufgestellt, nicht einmal eine für einen Strassensportwagen. Stattdessen rühmt sich GM nun mit dem unbedeutenden Titel des schnellsten Autos von einem amerikanischen Hersteller auf der Eifelrennstrecke.
Je kleiner die selbst kreierte Kategorie, umso leichter ist es, die Rekorde zu brechen, die es vorher oftmals gar nicht gab. Volkswagen kommunizierte Mitte Juni, dass der VW Golf GTI Edition 50 das schnellste VW-Serienfahrzeug auf der Nordschleife sei. Besonders potente Sportwagen hat der Wolfsburger Autobauer jedoch gar nicht im Angebot. Also muss die Kompaktklassenlegende Golf GTI dafür aufkommen, um vermeintliche Bestmarken zu setzen.
Bei der Rekordzeit von 7:46,13 Minuten hätten die Testfahrer am Steuer der Corvette ZR1x wohl nur müde gegähnt. Pilot Drew Cattell brauchte für dieselbe Strecke am Steuer des deutlich kraftvoller motorisierten US-Boliden (5,5-Liter-V8-Doppelturbo mit 1250 PS) mit 6:49,28 Sekunden rund eine Minute weniger. Und selbst für den Titel des schnellsten Fronttrieblers, wie es der Golf GTI ist, hätte die vermeintliche Rekordzeit nicht gereicht: Jahrelang kämpften Renault und Honda mit dem Megane RS und Civic Type R um die schnellste Zeit in dieser Kategorie, wobei aktuell Honda mit einer Zeit knapp über 7:40 Minuten die Nase vorne hat.
Porsche bleibt einsame Spitze
Auch Sportwagenbauer Porsche unterstreicht die eigene Dynamik gerne mit neuen Bestzeiten. Für den Rekord des schnellsten Serien-Elektroautos hat Porsche den über 1100 PS starken Taycan Turbo GT mit optionalem Weissach-Paket kreiert. Doch nur einen Monat vor dem Rekordversuch brannte der 1900 PS starke Nevera R der kroatischen Traumschmiede Rimac eine neue Bestzeit von 7:05,29 Minuten in den Eifel-Asphalt, die vom Turbo GT um knapp zwei Sekunden verpasst wurde. Doch auch bei den Kroaten, die mit ihrem Hyperstromer jüngst neue Weltrekorde in 24 Kategorien aufgestellt haben, währte die Freude nicht lang: Im April 2025 setzte der chinesische Smartphone-Hersteller Xiaomi, der mittlerweile auch mehr als konkurrenzfähige E-Autos wie den SU7 Ultra baut, mit 7:04,957 Minuten eine erneute Bestmarke in der Kategorie der Stromer.
Allerdings hält Porsche seit Jahrzehnten den echten Rekord auf der Nordschleife – und das nicht in einer fragwürdigen Disziplin, die eigens kreiert wurde, sondern absolut. Der tödlich verunglückte Porsche-Werksfahrer Stefan Bellof umrundete den Eifel-Kurs im Jahre 1983 mit einem Porsche 956 in spektakulären 6:11,13 Minuten. Der Rekord hielt bis zum Jahre 2018, als Timo Bernhard, ebenfalls Porsche-Werkspilot, die damalige Zeit am Steuer eines LMP1-Rennwagens vom Typ Porsche 919 Hybrid Evo mit 5:19,55 Minuten geradezu pulverisierte. Bis dieser Rekord fällt, dürfte es wohl noch eine Weile dauern.