Hauptsitz steht zum Verkauf
Nissan kämpft ums finanzielle Überleben

Der japanische Traditionshersteller Nissan steckt in einer existenziellen Krise. Ein hartes Sparprogramm soll die Wende bringen. Doch ohne Geld von anderen Firmen droht der Konkurs.
Publiziert: 10:57 Uhr
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Die amerikanische Investmentfirma KKR bietet laut Insidern 610 Millionen Dollar für das Hauptquartier von Nissan in Yokohama.
Foto: AFP

Darum gehts

  • Nissan in der Krise: Verkauf des Hauptsitzes und Suche nach Partnern
  • Veraltete Modellpalette und fehlende Neuheiten belasten den Traditionshersteller
  • Abbau von 20'000 Stellen und Schliessung von sieben Werken geplant
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Gabriel KnupferRedaktor News

Nissan gehört zu den grössten Autoherstellern der Welt. Im letzten Jahr setzten die Japaner 3,35 Millionen Autos ab. Doch der Traditionskonzern steckt wirtschaftlich in der Krise. Jüngstes Beispiel: Um dringend benötigtes Kapital aufzutreiben, will Nissan jetzt sogar den globalen Hauptsitz in Yokohama verkaufen. In welchem sich unter anderem das Nissan-Museum befindet.

Laut Insidern bietet die amerikanische Investmentfirma KKR 610 Millionen Dollar (knapp 485 Millionen Franken) für das 22-stöckige Hochhaus, wie die Agentur Bloomberg berichtete. Der Deal sehe vor, dass KKR die Firmenzentrale nach dem Kauf für zehn Jahre an Nissan zurückvermietet.

Stellenabbau und Blick nach China

Nissan braucht dieses Geld dringend. Denn im letzten Jahr resultierte aufgrund hoher Abschreibungen ein Verlust von 671 Milliarden Yen (rund 3,6 Milliarden Franken). Auch 2025 erwarten Analysten erneut einen Milliardenverlust. Zudem platzte Anfang Jahr die geplante Fusion mit Honda.

«Es wird schwierig zu überleben, ohne eine künftige Partnerschaft», sagte der damalige CEO Makoto Uchida (59). Denn die Allianz mit Renault ist seit der Affäre um Carlos Ghosn (71) zerrüttet. Zwar halten die Franzosen noch rund 35 Prozent an Nissan. Doch Renault will die Beteiligung weiter reduzieren und hat 9,5 Milliarden Euro (etwa 8,9 Milliarden Franken) auf die Beteiligung abgeschrieben. Die Nissan-Aktie brach in diesem Jahr um ein Viertel ein.

Nach dem Ende der Gespräche mit Honda wurde über eine mögliche Übernahme durch den taiwanesischen Techkonzern Foxconn spekuliert. Doch während die Suche nach einem Retter für Nissan weitergeht, muss der neue CEO Ivan Espinosa (46) ein hartes Sparprogramm durchziehen. 

Der Sanierungsplan sieht den Abbau von 20'000 Stellen und die Schliessung von sieben der weltweit insgesamt 17 Werke vor. Ausserdem wurde der geplante Bau einer Batteriefabrik für Elektroautos auf der japanischen Insel Kyushu gestrichen. Im Stromerbereich will Nissan dafür künftig enger mit dem chinesischen Partner Dongfeng zusammenarbeiten.

Veraltete Modellpalette

Doch wie konnte der Traditionshersteller Nissan in solche Nöte geraten? Noch Anfang der 1990er-Jahre hatte Nissan einen ähnlich guten Ruf wie heute Toyota. Jedes Kind kannte Modelle wie Micra, Patrol und Skyline. Doch bereits 1999 war die Party vorbei und der hoch verschuldete Konzern musste von Renault gerettet werden.

Im Verbund mit Renault und Mitsubishi gelang unter der Führung von Carlos Ghosn eine erste Sanierung und Wiederbelebung. Doch sechs Jahre nach Ghosns Fall wegen Veruntreuungsvorwürfen steht Nissan erneut am Abgrund. Die Modellpalette ist veraltet, es fehlt an zugkräftigen Neuheiten. Auch in der Schweiz setzte Nissan 2025 bis Ende Juli nur noch knapp 2000 Fahrzeuge ab. Erfolgreichstes Modell war der Qashqai mit 683 Exemplaren. Zum Vergleich: Spitzenreiter VW verkaufte alleine vom Tiguan über 2600 Stück.

Nissan-CEO Espinosa hat das Problem freilich erkannt und will in den nächsten Jahren eine Reihe neuer Modelle auf den Markt bringen, darunter E-Autos, Hybride und Benziner. «Wir nehmen die Situation nicht auf die leichte Schulter», erklärte ein Topmanager Ende August bei der Präsentation des neuen Roox, eines Kleinstwagens für den japanischen Markt. «Wir denken ständig über unsere Produktpalette nach.» Ob das reicht, um neben der Konkurrenz aus China zu bestehen – oder ob Nissan am Ende gar selber chinesisch wird? Wir werden sehen.

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