Darum gehts
- Geschätzt kommen auf die rund 100 Millionen Einwohner Vietnams 50 Millionen motorisierte Zweiräder
- Der Verkehr fliesst, doch die Töffs machen Dreck: Für bessere Luftqualität sollen Verbrenner bald verboten werden
- Der vietnamesische Hersteller Vinfast führt vor Konkurrenten wie Toyota oder Hyundai, bietet aber nur noch Stromer an
Dass es auf den Strassen asiatischer Megacitys chaotisch zugeht, beweist kaum eine Stadt eindrucksvoller als Hanoi. Wer von Zürich inklusive Zwischenstopp (einen Direktflug gibts nicht) in die vietnamesische Hauptstadt im Norden des Landes jettet und aus dem Flieger steigt, wähnt sich schon nach wenigen Strassenkilometern in einer surrealen Welt. Taxis überholen waghalsig und mit wenigen Zentimetern Abstand Lastwagen und Zweiräder, die Hupe stets im Anschlag. Je näher es zum Zentrum der Acht-Millionen-Einwohnermetropole geht, desto mehr wird Touris wie uns klar: Zweiräder und Hupen – das ist Teil der vietnamesischen Verkehrskultur.
Geschätzt kommen auf die rund 100 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner 50 Millionen motorisierte Zweiräder, die über die Strassen des seit 1976 wiedervereinten Vietnams düsen. Allein 7 Millionen Töffs sollen es im Grossraum Hanoi sein – genaue Zahlen kennen nicht mal die Behörden. Das Auto spielt im Strassenbild nur eine Nebenrolle: Lediglich 4 Prozent aller Wege werden auf vier Rädern zurückgelegt, rund 75 Prozent mit dem Motorroller.
Das perfekte Chaos
Der Verkehr in der historischen Altstadt von Hanoi gleicht einem Ameisenhaufen – und das im positiven Sinn! Für Aussenstehende kaum nachvollziehbar, funktioniert das System dabei besser als in westlichen Grossstädten. Und das ist wissenschaftlich belegt: Selbst in der Rushhour liegt das Durchschnittstempo in Hanoi bei 20 km/h – in manchen chronisch verstopften US-Städten ist es nicht einmal die Hälfte.
Wieso das Chaos funktioniert? Weil alle Verkehrsteilnehmer – von der Studentin in High Heels und Blick aufs Smartphone über die junge Familie mit zwei helmlosen Kleinkindern im Schlepptau bis zum nicht aus der Ruhe zu bringenden Senior mit Flip-Flops an den Füssen und Zigarette im Mundwinkel – aufeinander achten, locker im Trubel mitschwimmen und lieber einmal mehr als weniger anderen den Vortritt gönnen: Den bei uns omnipräsenten Egoismus gibts auf Vietnams Strassen selten. Zwar schneidet Vietnam mit 24 Verkehrstoten pro 100'000 Einwohner (Schweiz: 2,7) vergleichsweise schlecht ab – einen Unfall haben wir in unseren 13 Ferientagen aber keinen einzigen beobachtet.
Um nochmals auf die Ameisen zurückzukommen: In Zürich wären bei einem solchen Verkehrsaufkommen lange Staus bis zum Stillstand garantiert. Nicht so in Hanoi oder in der fast 1500 Kilometer weiter südlich gelegenen Metropole Ho-Chi-Minh-City, ehemals Saigon, die zu Ehren des Revolutionärs Ho Chi Minh 1976 umbenannt wurde. In der 10-Millionen-Stadt sollen mehr als 8 Millionen motorisierte Zweiräder unterwegs sein. Aber trotz überfüllter Strassen schiebt sich die Masse voran: gemächlich, aber immer in Bewegung.
Verbrenner-Verbot kommt
Obwohl auf Vietnams Strassen platzsparende Zweiräder regieren, ein Problem bleibt: Auch Kleinvieh macht Mist, in diesem Fall Abgase. Die Luft in Hanoi galt zeitweise als am schlimmsten verschmutzte der Welt. Um die miese und gesundheitsschädliche Luftqualität zu verbessern, greift die kommunistische Einheitspartei jetzt durch. Bereits ab 1. Juli 2026 soll die Innenstadt zur Umweltzone erklärt werden, um Verbrenner-Töffs nach und nach von den Strassen zu verdrängen. Bis 2030 soll das Verbrennerverbot in mehreren Schritten auch auf PWs und den gesamten Ballungsraum Hanois ausgeweitet werden.
Mittelfristig dürften die meisten Zweiräder und Autos durch Elektropendants ersetzt werden – ein entsprechendes Förderprogramm wird von der Regierung bereits vorbereitet. Ausserdem investiert nicht nur Hanoi, sondern auch Ho-Chi-Minh-Stadt in den Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes, das heute noch kaum als Alternative zum Individualverkehr taugt.
Elektroautos boomen
Wer das Gefühl hat, die Umstellung auf E-Mobilität sei reine Fantasterei links-grüner Kommunisten, irrt gewaltig. Denn was kaum jemand weiss: E-Autos boomen in Vietnam schon heute! Daran hat ein Unternehmen ganz entscheidenden Anteil: Vinfast. Der erste echte grosse einheimische Autobauer Vietnams hat sich in den letzten Jahren an die Spitze der Verkäufe gesetzt und dabei selbst die übermächtigen Konkurrenten Toyota und Hyundai auf die Plätze 2 und 3 verdrängt. 87'000 Autos hat Vinfast 2024 allein in der Heimat abgesetzt, was einem Marktanteil von 17,4 Prozent entspricht. Und: Sie alle fahren rein elektrisch, weil Vinfast seit 2023 keine Verbrenner mehr im Sortiment hat. Damit lag der Stromer-Anteil bei den Neuzulassungen im letzten Jahr gar höher als im Autoland Deutschland und nur knapp hinter der Schweiz (18,7 %), wobei E-Autos anderer Hersteller noch gar nicht dazugerechnet wurden.
Vor allem Fahrdienstleister wie Be, Grab oder GoViet (Uber gibts in Vietnam nicht) setzen auf E-Autos von Vinfast – so gut wie jedes der türkis gefärbten Taxis stammt aus lokaler Produktion. Und das hat einen simplen Grund: Während Autos mit Verbrenner als Luxusgüter gelten und je nach Hubraum mit 35 (1,5 Liter) bis 150 Prozent (6,0 Liter) Steuern belegt werden, sind es bei Stromern lediglich 3 Prozent. Und so starten die Preise für den skurril gestylten Mini-SUV VF 3 schon bei knapp 10'000 Franken, während das siebensitzige und über fünf Meter lange Flaggschiff VF 9 bei rund 50'000 Franken beginnt. Für die meisten Vietnamesen bleiben Autos aber unbezahlbar: Der durchschnittliche Monatslohn liegt bei gerade mal 300 Franken.
Hupe wird noch wichtiger
Doch für die, die es sich leisten können, machen die Stromer Sinn: Schneller als 30 km/h wird in den Zentren selten gefahren, und der ständige Stop-and-Go-Verkehr hilft beim Rekuperieren. Trotz kleiner Akkus fahren die günstigen E-Autos so dennoch tagelang, ohne geladen werden zu müssen. Auch das Ladenetz kann sich in Vietnam mittlerweile sehen lassen: Allein Vinfast betreibt nach eigenen Angaben landesweit 3000 Ladestationen mit rund 150'000 Ladepunkten – in Deutschland sind es mit 161'000 kaum mehr.
Doch selbst wenn alle Zweiräder und Autos in Vietnams Megacitys irgendwann elektrisch fahren, ein gewisser Lärmpegel wird bleiben. Denn: Auch Stromer haben eine Hupe – und die wird permanent benutzt. In Vietnam dient das grelle Tröten aber nicht als aggressive Warnung, sondern als simples Kommunikationsmittel im chaotischen Gewusel: Hallo, ich komme! Bei den flüsterleisen E-Scootern wird die akustische Voranmeldung dann sogar noch wichtiger.
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