«Wir haben alles versucht»
Dieser Mann buddelte die letzten Meter zu Rayan (†5)

Für den kleinen Rayan kam jede Hilfe zu spät. Kurz nach der Bergung aus dem Brunnen ist der Bub verstorben. Die Trauer ist enorm – auch bei dem Mann, der die letzten Meter buddelte.
Publiziert: 06.02.2022 um 18:36 Uhr
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Aktualisiert: 06.02.2022 um 19:49 Uhr
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Ali Sahrawi grub die letzten Meter zu Rayan per Hand.
Foto: @AbbePrimo/twitter

Trotz enormer Anstrengungen ist die Hilfe für den fünfjährigen Rayan in Marokko nicht mehr rechtzeitig gekommen. Das Rettungsteam hat den Jungen am Samstagabend zwar aus dem 32 Meter tiefen Brunnen geborgen. Kurz darauf wurde er für tot erklärt. König Mohammed VI. hat den Eltern in einem Telefonat sein Beileid ausgesprochen, hiess es in einer Erklärung des Königshauses.

Fernsehaufnahmen zeigten, wie die Helfer den Jungen aus einem Rettungstunnel in einen wartenden Krankenwagen trugen, während Menschenmassen den Helfern zujubelten. Trotz der nur langsam vorankommenden Rettungsaktion hofften viele bis zum Schluss auf ein Wunder. Tagelang hatten die Rettungskräfte trotz Müdigkeit ununterbrochen gearbeitet, wie lokale Medien berichteten.

Bub (†5) stirbt kurz nach Rettung aus Brunnen
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Bergungsaktion in Marokko:Bub (†5) stirbt kurz nach Rettung aus Brunnen

Erdrutsch verzögerte Bergung

Der Junge war am Dienstagnachmittag in einen ungesicherten Brunnen in der Nähe seines Zuhauses in einem Dorf rund 150 Kilometer nördlich der Stadt Fes gefallen. Rayans Familie hörte schliesslich sein Wimmern und liess ein Telefon an einem Seil in die Tiefe zu ihm hinab. «Als er verschwand, betete ich zu Gott und flehte ihn an, ihn lebend und sicher aus dem Brunnen zu holen», sagte Rayans Mutter.

Helfer seilten eine Kamera ab, um den Gesundheitszustand des Jungen zu überprüfen. Schläuche sollten ihn mit Wasser und Sauerstoff versorgen. Wegen der geringen Schachtbreite konnten Helfer das Kind nicht durch den Brunnen selbst zurückholen. Rettungskräfte trugen deshalb zunächst mit schwerem Gerät parallel zum Schacht Erde ab.

Seit Freitagabend buddelten Spezialisten dann in rund 32 Metern Tiefe einen horizontalen Tunnel, um Rayan über ein parallel zum Brunnen gegrabenes Loch zu erreichen. Die Retter gruben vorsichtig von Hand mit Spezialwerkzeugen. Die Retter fürchteten, dass der Schacht wegen der Bodenbeschaffenheit einstürzen könnte. Auch ein Erdrutsch und Gesteinsbrocken verzögerten die Bergungsarbeiten.

«Wir haben alles versucht»

Die letzten Meter grub der freiwillige Helfer Ali Sahrawi. Laut «Morocco World News» sagte er: «Wir haben uns sehr angestrengt und die Steine hätten auf uns fallen können, aber wir haben nicht aufgegeben. Wir wollten den armen Rayan nicht in dem dunklen Brunnen alleine lassen und haben alles versucht.»

Überall auf der Welt bangten Menschen mit der Familie um den Fünfjährigen. Schaulustige strömten in Massen zum Unfallort. Die örtlichen Behörden bauten Medienberichten zufolge Barrieren auf, um die Menge vom Brunnen fernzuhalten. Die Menschen seien eine Gefahr für die Rettungsaktion und der daran beteiligten Helfer, hiess es.

Eine marokkanische Organisation machte den lokalen Behörden Vorwürfe, schon lange sei das Problem ungesicherter Brunnen durch illegale Bohrungen bekannt. Die vielen tiefen Schächte seien eine Gefahr für die Bevölkerung, insbesondere für Kinder, kritisierte die Nördliche Beobachtungsstelle für Menschenrechte in Marokko.

Papst Franziskus dankte den Marokkanern für ihre Hilfe und Anteilnahme an den Rettungsversuchen. «Leider haben sie es nicht geschafft», sagte der Papst am Sonntag nach dem allwöchentlichen Angelus-Gebet zu den Gläubigen auf dem Petersplatz. «Ein ganzes Land hat versucht, Rayan zu retten. Sie haben alles versucht», unterstrich das Oberhaupt der katholischen Kirche und lobte das Zeichen von Nächstenliebe. (sda/sac)

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