Ukrainischer Geheimdienst verhaftet Putin-Freund
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Selenski will Gefangenentausch:Ukrainischer Geheimdienst verhaftet Putin-Freund

Wiktor Medwedtschuk verhaftet
Das ist Putins Handlanger in der Ukraine

Für Putin betrieb er TV-Stationen und leitete geheime Informationen weiter. Nun wurde Wiktor Medwedtschuk verhaftet. Doch wer genau ist der Mann?
Publiziert: 13.04.2022 um 12:21 Uhr
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Aktualisiert: 14.04.2022 um 08:56 Uhr
Verhaftet und in Handschellen vorgeführt: Putins Vertrauter Wiktor Medwedtschuk.
Foto: Screenshot Telegram
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Am späten Dienstagabend meldet der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) die Festnahme eines russischen Top-Mannes: Wiktor Medwedtschuk (67) sei vom ukrainischen Geheimdienst SBU verhaftet worden, schreibt Selenski in seinem Telegram-Kanal.

Medwedtschuk ist ein enger Freund von Russlands Präsident Wladimir Putin (69). Seit Jahrzehnten stehen sich die beiden Männer nahe. Sie verbringen die Ferien gemeinsam, schliessen gemeinsam Geschäfte ab. Putin soll sogar der Götti von Medwedtschuks jüngster Tochter Daria (17) sein. Und: Medwedtschuk ist der wichtigste Handlanger Putins in der Ukraine.

Steile Karriere

Medwedtschuk erlebte eine Bilderbuch-Karriere. Nach seinem Rechtswissenschafts-Studium in Kiew war er zunächst als Rechtsanwalt tätig. Innert weniger Jahren stieg er zu einem der mächtigsten Männer in der Ukraine auf, 1997 schaffte er den Sprung ins ukrainische Parlament. 2002 wurde er Leiter der Präsidialverwaltung, einer der wichtigsten politischen Posten im ganzen Land. Laut «Tagesschau» galt er während dieser Zeit als «graue Eminenz» und Strippenzieher im Hintergrund. Wie viele Oligarchen führte er ein Leben im Luxus: Im vergangenen Monat wurde in Kroatien seine Yacht «Royal Romance» beschlagnahmt. Das 93-Meter-Schiff hat einen geschätzten Wert von rund 200 Millionen Dollar.

Aus seiner Nähe zu Putin machte Medwedtschuk kein Geheimnis. 2004 versuchte er die Wahl des pro-europäischen Wiktor Juschtschenko (68) als Präsident zu verhindern, scheiterte aber. Als Folge leiteten die ukrainischen Behörden Ermittlungen gegen ihn ein, zu einer Verurteilung kam es nie.

Der Oligarch zog sich danach weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück, wirkte aber im Hintergrund als wichtige pro-russische Kraft weiter. So gilt er als eigentlicher Betreiber der pro-russischen Fernsehstationen Kanal 112, NewsOne und ZIK. Das Medienimperium wird offiziell zwar von seinem engen Freund Taras Kozak (50) geführt. Laut Informationen des Geheimdienstes ist aber erwiesen, dass Medwedtschuk der eigentliche Chef ist.

Anklage wegen Hochverrats

Ukraine-Präsident Selenski liess die TV-Sender Anfang Februar 2021 abstellen. Wenige Tage später wurden alle Vermögenswerte der Familie eingefroren. Putin kündigte in einem Mini-Statement an, 3000 Fallschirmjäger an die ukrainische Grenze zu verlegen. Der Grund: eine «grosse Militär-Übung». Es war die erste grössere Truppenverschiebung in Richtung der Ukraine, die ein Jahr später im Einmarsch in das Land mündete.

Im Mai 2021 folgte Medwedtschuks Absturz, als ukrainische Medien eine geheime Audio-Nachricht veröffentlichten. In dieser gratuliert Medwedtschuk dem Anführer der «Volksrepublik Donezk» zum «Tag des Sieges» über die Ukraine. Daraufhin wurde er wegen Hochverrats angeklagt und unter Hausarrest gestellt. Jahrelang soll er Geheimdienst-Informationen an Russland weitergeleitet haben.

Im Zuge des Ukraine-Krieges gelang ihm zwar die Flucht aus seinem Haus – bis er am Dienstag wieder verhaftet wurde. Fotos zeigen den ergrauten Mann mit verwuschelten Haaren in Handschellen. Ein Sprecher des Kremls sagte, man wolle die Fotos noch auf ihre Echtheit überprüfen, ehe man die Verhaftung bestätige.

Die Ukrainer wollen Medwedtschuk nun vor Gericht bringen. Laut einem Berater von Präsident Selenski droht ihm eine «lange Zeit hinter Gittern». Schliesslich habe er «Geld gestohlen und den Krieg mit angezettelt.» Dennoch ist der Berater überzeugt, dass die Ukraine mit der Verhaftung Medwedtschuks Leben gerettet hat. Er habe Putin in den vergangenen Wochen vorsätzlich falsch über den Krieg informiert, so der Berater auf Twitter: «In Russland würde er jetzt definitiv eliminiert werden.» (zis)


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