WHO warnt vor übermässigen Hoffnungen in Impfschutz
Auch geimpfte Reisende werden weiterhin Quarantäne benötigen

Führende Wissenschaftler der WHO warnen vor Hoffnungen, dass grossangelegte Impfkampagnen bald zu sicherem Reisen führen. Länder müssten weiter auf Quarantäne setzen. Das Virus bleibe noch länger eine Bedrohung.
Publiziert: 29.12.2020 um 08:06 Uhr
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Aktualisiert: 13.01.2021 um 18:33 Uhr
Soumya Swaminathan, Chefwissenschaftlerin der WHO, warnt vor hochfliegenden Hoffnungen in Corona-Impfstoffe.
Foto: AFP
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Leitende Wissenschaftler der Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnen, dass Impfstoffe das Covid-19-Virus höchstwahrscheinlich nicht ausrotten können. Die Warnung erfolgt insbesondere an die Adresse von Ländern, die das Virus mittels strikter Grenzkontrollen und Zwangsquarantänen unter Kontrolle zu bringen versuchen.

Soumya Swaminathan, leitende Wissenschaftlerin der WHO, geht davon aus, dass auch geimpfte Reisende das Coronavirus noch immer verbreiten können. Auf einer virtuellen Pressekonferenz sagte die Medizinerin, dass es noch keine Beweise dafür gebe, dass geimpfte Menschen kein Risiko mehr darstellen, das Coronavirus zu verbreiten. «Ich glaube nicht, dass wir die Beweise für irgendeinen der Impfstoffe haben, um zuversichtlich zu sein, dass er die Menschen davon abhalten wird, die Infektion tatsächlich zu bekommen und somit in der Lage zu sein, sie weiterzugeben», so die führende Wissenschaftlerin der WHO.

Länder wie Australien und Neuseeland oder auch Thailand, die strikte Einreisemassnahmen erlassen haben, setzen grosse Hoffnungen darauf, dass Impfmittel Reisen wieder sicher machen. Diese Hoffnungen zerschlägt Swaminathan vorerst: «Wir müssen davon ausgehen, dass Menschen, die geimpft wurden, auch die gleichen Vorsichtsmassnahmen ergreifen müssen, bis ein gewisser Grad an Herdenimmunität erreicht ist», antwortete Swaminathan auf die Frage der «Sydney Morning Herald». «Dies ist eine Dynamik in einem sich entwickelnden Umfeld.»

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«Das Virus wird sich weiter ausbreiten»

Auch der WHO-Mediziner Mike Ryan (55), Direktor der Abteilung für Gesundheitsnotfälle, warnt davor, von einer baldigen Besserung der Lage auszugehen. Impfstoffe würden wahrscheinlich nicht den alten Normalzustand zurückbringen, so Ryan. Corona werde bleiben: «Das wahrscheinliche Szenario ist, dass das Virus zu einem weiteren endemischen Virus wird, einem Virus, das eine gewisse Bedrohung bleibt.»

«Die Existenz eines Impfstoffs, selbst bei hoher Wirksamkeit, ist keine Garantie für die Eliminierung oder Ausrottung einer Infektionskrankheit», sagte Ryan. Das globale Impfprogramm werde die Bedrohung zumindest abschwächen. In erster Linie gelte es, Leben zu retten und die Epidemie so gut wie möglich unter Kontrolle zu bekommen. «Egal, was wir bisher getan haben», sagte Ryan, «es wird sich weiter ausbreiten, trotz Impfstoffen, trotz Therapien, trotz Tests. Wir müssen lernen, damit zu leben und die Werkzeuge, die wir haben, so gut wie möglich zu nutzen.»

Ryan verglich die Corona-Pandemie mit den Pocken und dem Einsatz eines «unvollkommenen Impfstoffs», um die Krankheit erst zu kontrollieren. Wenn eine gewisse Normalität wieder eingekehrt sei, «werden uns damit befassen, dieses Virus zu beseitigen oder ausrotten zu können». (kes)

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