Vorbild für die Schweiz?
Grossbritannien startet weltweit erste Impfung gegen Tripper

Grossbritannien startet ein Impfprogramm gegen Gonorrhö. Damit will das Land die steigenden Infektionszahlen bekämpfen. Die Geschlechtskrankheit ist auf dem Vormarsch. Kommt die Impfung auch bald in die Schweiz?
Publiziert: 14:08 Uhr
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Aktualisiert: 14:30 Uhr
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Kondome schützen nicht nur vor ungewollten Schwangerschaften, sondern auch vor Geschlechtskrankheiten. Trotzdem steigen die Tripper-Fälle.
Foto: Shutterstock

Darum gehts

  • Gonorrhö-Fälle steigen in Europa. Grossbritannien startet weltweit erstes Impfprogramm
  • Meningokokken-B-Impfstoff wird für Gonorrhö-Schutz eingesetzt aufgrund genetischer Verwandtschaft
  • 2023 gab es in Europa fast 100’000 bestätigte Fälle, 31 Prozent mehr als 2022
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Johannes HilligRedaktor News

Allein schon die Vorstellung tut weh: eitriger Ausfluss. Nur ein Symptom von Gonorrhö. Daher auch der umgangssprachliche Name Tripper, von «in Tropfen herabfallen». Die Geschlechtskrankheit, ausgelöst durch das Bakterium Neisseria gonorrhoeae, ist auf dem Vormarsch. 

Im Jahr 2023 gab es in Europa fast 100’000 bestätigte Fälle. Ein Anstieg um 31 Prozent zu 2022 und sogar von mehr als 300 Prozent zu 2014. Das zeigten die neusten Zahlen, die im Februar vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) veröffentlicht wurden.

Geeignete Patienten werden gesucht

Grossbritannien hat deswegen als erstes Land weltweit ein Impfprogramm gestartet. «Die Einführung der weltweit ersten Routineimpfung gegen Gonorrhö ist ein enormer Fortschritt für die sexuelle Gesundheit und wird entscheidend zum Schutz des Einzelnen beitragen, indem sie dazu beiträgt, die Ausbreitung der Infektion zu verhindern und die steigende Zahl antibiotikaresistenter Bakterienstämme zu verringern», sagt Amanda Doyle von der britischen Gesundheitsbehörde National Health Service (NHS). 

In den kommenden Wochen würden geeignete Patienten ermittelt und kontaktiert. Die Impfung wird ihnen ab dem 1. August über die von den örtlichen Behörden beauftragten Dienste für sexuelle Gesundheit angeboten.

Mögliche Kreuzimmunität

Einen extra entwickelten Impfstoff gegen Tripper gibt es nicht. Für das Programm in Grossbritannien kommt die bestehende Impfung mit der Bezeichnung 4CMenB gegen Meningokokken B zum Einsatz. Meningokokken können Meningitis (Hirnhautentzündung) auslösen. 

«Bei diesem Impfstoff wird davon ausgegangen, dass er zu einer gewissen Kreuzimmunität/Kreuzschutz auch gegen Gonorrhö führen kann. Dieser Effekt basiert möglicherweise auf der genetischen Verwandtschaft der beiden Erreger», sagt Simon Ming vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) zu Blick. Die Evidenz für die angenommene Kreuzimmunität basiere bisher nur auf Beobachtungsstudien. 

«Es ist begrüssenswert»

Könnte die Idee auch in der Schweiz Schule machen? Denn auch hierzulande steigen die Tripper-Fälle. «Bei den gemeldeten Gonorrhö-Fällen setzt sich der seit Jahren beobachtete Anstieg fort. Im Jahr 2023 lag die Inzidenz bei 68,9 pro 100’000 Einwohnern und damit 19,1 Prozent höher als im Vorjahr», wie das BAG in einem Bericht zu übertragbaren Krankheiten schreibt. Die Kampagne in Grossbritannien beobachtet das BAG. 

Ming: «Es ist begrüssenswert, dass der Effekt dieser Meningokokken-B-Impfung auf Gonorrhö nun im Rahmen eines Roll-outs an grösseren Personengruppen überprüft werden kann.» Bis der Meningokokken-Impfstoff tatsächlich auch in der Schweiz eingesetzt wird, dürfte es aber noch dauern. Die Zulassungsbehörde Swissmedic müsste die Daten prüfen «und die Zulassung des Impfstoffes entsprechend erweitern».

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