Trump warnt alle «Wahlbetrüger» vor Verfolgung – US-Experten sind beunruhigt
«Die Lage ist explosiv»

Donald Trump warnt schon jetzt alle «Wahlbetrüger» vor Verfolgung. USA-Experten sind sich einig: Der Republikaner hat mit einer neuen Taktik etwas Besonderes vor.
Publiziert: 09.09.2024 um 18:43 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2024 um 14:58 Uhr

Auf einen Blick

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Kommt in Bedrängnis: Donald Trump sackt in Umfragen ab.
Foto: keystone-sda.ch
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Guido FelderAusland-Redaktor

Die US-Wahlen sind zwar noch acht Wochen entfernt, doch Donald Trump (78) beginnt schon jetzt zu drohen. Auf seiner Plattform Truth Social warnte er angebliche «Wahlbetrüger»: «Wenn ich gewinne, werden alle, die betrogen haben, mit der vollen Härte des Gesetzes verfolgt werden. Das schliesst lange Haftstrafen ein.»

Die Einschüchterung geht weiter: «Bitte beachten Sie, dass dies auch Anwälte, Politiker, Spender, illegale Wähler und korrupte Wahloffizielle betrifft. Alle, die sich gewissenlos verhalten, werden gesucht, geschnappt und mit einer Härte verurteilt werden, wie sie dieses Land unerfreulicherweise noch nicht gesehen hat.» USA-Experten sind sich einig: Die jüngsten Posts zeigen, dass Trump gegen die aufholende demokratische Kandidatin Kamala Harris (59) eine neue Taktik einschlägt. Sie ist brandgefährlich.

Trumps Absicht: Er will die Wahlmänner umgehen. Thomas Jäger (64), Polit- und USA-Experte an der Universität zu Köln, sagt gegenüber Blick: «Wenn es wegen Anzweiflung des Wahlergebnisses gerichtliche Überprüfungen und neue Auszählungen braucht, könnte es sein, dass für keinen der Kandidaten die erforderlichen 270 Stimmen von Wahlleuten zusammenkommen.»

Jäger erklärt: «Angenommen, der Gewinner braucht die Stimmen von Georgia, um auf 270 Wahlmännerstimmen zu kommen. Wenn die 16 Stimmen aus Georgia fehlen, weil das Ergebnis angefochten wurde, erreicht kein Kandidat die nötigen Stimmen. Dann wäre die Wahl in diesem Gremium gescheitert.»

Was, wenn Trump verliert? Böse Erinnerungen an den 6. Januar 2021 werden wach.
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In diesem Fall würde das Repräsentantenhaus den Präsidenten wählen. Jäger: «Hier hat jeder Bundesstaat eine Stimme, und wenn die Zusammensetzung so ähnlich ist wie jetzt, würde Trump gewählt werden.»

Gewaltpotenzial bei knappem Harris-Sieg

Sollte Trump auch dann scheitern, erwartet Marco Steenbergen (61), USA-Experte und Politpsychologe an der Universität Zürich, das höchste Gewaltpotenzial. Gegenüber Blick sagt er: «Es ist viel einfacher, einen knappen Sieg des Gegners in Zweifel zu ziehen als einen klaren Sieg.»

Auch bei einem klaren Sieg von Harris rechnet Steenbergen mit Versuchen der Republikaner, das Resultat anzufechten. «Ihr Weg zum Erfolg wäre jedoch sehr schmal. Denn wenn Harris beispielsweise die Mehrheit der Swing States gewinnt, müssten die Republikaner die Wahl in vielen Staaten anfechten und gewinnen.»

Für Steenbergen passen die Posts zu Trumps narzisstischer Persönlichkeit, die es ihm verwehre, eine Niederlage eingestehen zu können. «Trump rechnete mit einem leichten Sieg gegen Biden. Jetzt, da die Demokraten einen Wechsel vollzogen haben und Harris im Aufwind ist, setzt er auf das Motto der gestohlenen Wahl.»

Harris zu Trump aufgeschlossen

In den meisten Umfragen hat Harris nahe zu Trump aufgeschlossen, bei fivethirtyeight.com liegt sie sogar 2,8 Prozentpunkte vor ihm. Auch in den Swing States hat Trump seinen Vorsprung eingebüsst: In drei Staaten liegt Harris knapp vorn, in vier weiteren herrscht eine Pattsituation.

Zudem tippt auch das Wahl-Orakel Allan Lichtman (77) auf Harris. Der renommierte amerikanische Politikwissenschaftler hat mithilfe eines selbst entwickelten Kriterienmodells von den letzten zehn US-Wahlen neun richtig vorausgesagt. In der «Bild»-Zeitung sagte er: «Es gibt bei diesem System praktisch nichts, was Trump noch aktiv tun kann – es liegt ausserhalb seiner Möglichkeiten.»

Viele erwarten Aggression

Trumps aggressive Posts könnten ein Vorgeschmack darauf sein, was nach dem 5. November passieren wird. In Umfragen äusserten sich rund 80 Prozent der Befragten besorgt darüber, dass es auf beiden Seiten zu Gewalt kommen könnte. Auch Präsident Joe Biden (81) schliesst gewalttätige Demonstrationen nicht aus. Er sagte, er sei «überhaupt nicht zuversichtlich», dass es bei einer Trump-Niederlage zu einer friedlichen Machtübergabe komme.

Sowohl Steenbergen als auch Jäger schliessen nach den Wahlen Gewalt nicht aus. Jäger: «20 Prozent der Republikaner halten Gewalt für ein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung, und mehr als die Hälfte aller US-Bürger erwartet bürgerkriegsähnliche Kämpfe.»

Ob es dazu komme, hänge davon ab, welche Gruppen Trumps Aufruf folgen und wie gut die Sicherheitsorgane vorbereitet sind. Jäger: «Die Lage bleibt jedenfalls explosiv.»

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