Nur ein Jahr nach dem ersten Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump (74) probieren es die Demokraten erneut. Am Dienstag ist der Prozess im US-Senat gestartet, die Erfolgsaussichten gelten erneut als gering. BLICK zeigt, welche neun Dinge diesmal trotzdem anders sind.
1. Die Anklage
Beim ersten Impeachment ging es im Rahmen der Ukraine-Affäre um zwei Anklagepunkte: «Amtsmissbrauch» sowie «Behinderung des Kongress». Über die beiden Punkte wurde damals getrennt abgestimmt. Von den Republikanern stimmte nur Senator Mitt Romney (73) beim Anklagepunkt «Amtsmissbrauch» mit den Demokraten.
Diesmal lautet die Anklage «Anstiftung zum Aufruhr» und bezieht sich auf den Kapitol-Sturm am 6. Januar, bei dem fünf Menschen starben.
2. Das erste «zweite Impeachment»
Donald Trump gilt durch die Anklage durch das US-Repräsentantenhaus bereits als impeacht. Er ist nach Andrew Johnson (1808-1875) und Bill Clinton (74) erst der dritte Präsident, der impeacht wurde – und der erste überhaupt, der sich zweimal einem Amtsenthebungsverfahren stellen muss. Bislang wurde noch kein US-Präsident tatsächlich des Amtes enthoben. Richard Nixon (1913-1994) kam einer Anklage und möglichen Verurteilung im Rahmen der Watergate-Affäre durch seinen Rücktritt zuvor.
3. Trump ist nicht mehr im Amt
Trump ist der erste US-Präsident, der sich nach seiner Amtszeit einem Impeachment-Prozess stellen muss. Viele Republikaner behaupten darum, der Prozess sei «verfassungswidrig» – so argumentiert auch Trumps Anwaltsteam. Eine überwältigende Mehrheit von US-Verfassungsexperten sowie der wissenschaftliche Dienst des US-Kongress kommen jedoch zu einem anderen Schluss, weil sich die Anklage noch auf Ereignisse in Trumps Amtszeit bezieht. Am ersten Prozesstag hat der Senat mit 56 zu 44 Stimmen dafür votiert, dass das Verfahren verfassungsgemäss ist.
4. Es gibt keine Zeugen
Im Gegensatz zum ersten Impeachment-Verfahren werden beide Seiten (voraussichtlich) keine Zeugen aufrufen. So wollen sie Zeit sparen. Zudem gibt es vom Kapitol-Sturm und Trumps Handlungen viel Foto- und Videomaterial. Das haben die Ankläger am ersten Tag eindrucksvoll zusammengeschnitten.
5. Kein Oberster Richter dabei
Normalerweise steht der «Chief Justice», der Oberste Richter am US Supreme Court, einem Impeachment-Verfahren gegen einen US-Präsidenten vor. Beim ersten Amtsenthebungsverfahren war das Chief Justice John Roberts (66).
Weil Trump aber nicht mehr im Amt ist, übernimmt diese Aufgabe diesmal Patrick Leahy (80). Er ist als «President pro tempere» der ranghöchste Senator, nach Vizepräsidentin Kamala Harris (die dem Senat vorsteht) das zweithöchste Mitglied des Senats und in der «Rangfolge» nach US-Präsident Joe Biden (78), Kamala Harris (56) und Repräsentantenhaus-Sprecherin Nancy Pelosi (80) die Nummer 4 der USA.
6. Der Senat ist demokratisch kontrolliert
Die 100 Senatoren entscheiden über die Verurteilung oder den Freispruch des Ex-Präsidenten. Seit den Nachwahlen in Georgia haben die Demokraten die Mehrheit im US-Senat. Statt dem Republikaner Mitch McConnell (78) leitet darum auch der neue Mehrheitsführer, der Demokrat Chuck Schumer (70), den Impeachment-Prozess.
Die Mehrheit nützt den Demokraten jedoch nur bedingt etwas: Weil für eine Verurteilung eine Zweidrittelmehrheit (und damit 67 Stimmen) nötig wären, müssten mindestens 17 Republikaner mit ihnen stimmen.
7. Die Republikaner sind gespaltener
Beim ersten Impeachment stimmte nur ein republikanischer Senator (Mitt Romney) mit den Demokraten – und das auch nur bei einem Anklagepunkt. Diesmal könnten es ein paar mehr werden, die Trump-Gegner in den eigenen Reihen sind zahlreicher und lauter geworden. Bei der Abstimmung am ersten Prozess-Tag, ob das Verfahren verfassungsgemäss ist, stimmten immerhin sechs Republikaner mit den Demokraten.
8. Urteil im Blitz-Verfahren
Normalerweise ziehen sich Impeachment-Prozesse über mehrere Wochen; Trumps erstes Amtsenthebungsverfahren dauerte drei. Doch diesmal wollen beide Seiten schon innerhalb circa einer Woche das Urteil fällen: Die Republikaner, weil sie Trump hinter sich lassen wollen – und die Demokraten, weil sie mit anderen politischen Projekten vorwärts machen wollen. Etwa mit den Corona-Hilfen oder der Bestätigung von Joe Bidens Kandidaten für wichtige politische Positionen.
9. Die mögliche Strafe
Weil Trump nicht mehr im Amt ist, kann er technisch nicht «des Amtes enthoben» werden. Bei einer Verurteilung würde er für künftige Ämter gesperrt – er könnte dann zum Beispiel bei der Präsidentschaftswahl 2024 nicht erneut antreten. Zudem könnte er Privilegien wie finanzielle Mittel, die einem Ex-Präsidenten zustehen, verlieren.