In kleinen Gruppen von zehn bis fünfzehn Personen greifen die Russen neuerdings in Saporischschja und im Westen der Region Donezk an. Die kleinen Störangriffe haben meist keine grosse Wirkung, dahinter soll laut der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) aber eine klare Strategie stecken.
Bei dem Geplänkel handelt es sich um eine klassische Ablenkungstaktik. Die ukrainischen Streitkräfte sollen zerstreut werden. In Wahrheit haben es die Russen laut ISW auf die Region Luhansk abgesehen.
Putins Truppen sollen sich demnach auf eine «entscheidende Anstrengung» in Luhansk vorbereiten. Angaben von Geheimdiensten würden diese Einschätzung stützen.
Erfolgreiche Offensive «unwahrscheinlich»
Als wahrscheinlich gilt eine russische Offensive entlang der Achse zwischen den Orten Swatowe und Kreminna über die grossen Logistikzentren der Städte Luhansk und Starobilsk bis an die Grenze des Verwaltungsgebietes. Schlussendlich wollen die Putin-Truppen dann die Teile der Region erobern, die sich in ukrainischer Hand befinden.
Sollte die Offensive gelingen, hoffen die Russen weitere Angriffe auf die Region Charkiw vornehmen zu können und entscheidende Gebiete im Norden von Donezk einnehmen zu können.
«Es ist jedoch äusserst unwahrscheinlich, dass die russischen Streitkräfte auf dieser Achse nennenswert an Boden gewinnen können, selbst wenn sie einen erfolgreichen Angriff in diesem Sektor starten», ordnet das US-Institut ein.
Neue Einheiten nach Luhansk verlegt
Der Strategiewechsel ist auch dem Scheitern der Wagner-Gruppe in Bachmut geschuldet. Der Söldner-Truppe ist es noch immer nicht gelungen, die umkämpfte Stadt in der Oblast Donezk einzunehmen. Jetzt will man wieder vermehrt auf konventionelle Streitkräfte setzen. Sie haben sich bereits entlang der Front in der Region Luhansk positioniert.
Zu den Gerüchten um eine neue mögliche Offensive passt auch, dass Russland offenbar neue Einheiten in Belarus ausgebildet hat. Das britische Verteidigungsministerium teilte in seinem täglichen Update am Donnerstag mit, dass die 2. russische Garde-Motorgewehrdivision ihre vermutlich im Herbst begonnene Ausbildung beendet hat.
Die meisten der Truppen seien zuletzt nach Russland zurückgekehrt, «bevor sie mit ziemlicher Sicherheit wieder für Operationen in der Ukraine eingesetzt werden», heisst es in dem Bericht.
Die genannte Division hatte in der Anfangsphase des Kriegs, der am 24. Februar vergangenen Jahres begann, grosse Verluste erlitten. Jetzt ist sie zurück im Kriegsgebiet. Einige frisch ausgebildete Kämpfer der Division sind nach ukrainischen Geheimdienstinformationen bereits in die Region Luhansk verlegt worden. (nad)