Kurz zusammengefasst
- Iranischer Angriff auf Israel: Raketen durchbrachen Iron Dome
- Iron Dome schiesst 90–95 Prozent seiner Ziele ab
- Israel könnte Raketen ausgehen, Kosten und Vorrat begrenzt
«Ein Angriff anderer Art», eine «bedeutende Eskalation», «Iron Dome hat versagt»: Nach dem iranischen Grossangriff auf Israel prägen alarmierende Aussagen die Schlagzeilen. Obwohl der Iran bereits im April eine Raketen-Attacke auf Israel verübt hat, fallen die weltweiten Reaktionen dieses Mal deutlich lauter aus.
Während die Mullahs im April noch hauptsächlich Marschflugkörper und Drohnen Richtung Israel abfeuerten, waren es dieses Mal rund 180 ballistische Raketen. Einige Geschosse schafften es offenbar, das «beste Luftverteidigungssystem der Welt» zu durchbrechen. In den sozialen Medien kursierte Bildmaterial, auf dem zu sehen war, wie Lichtstreifen in den Boden einschlugen und grosse Schäden verursachten. Schnell drängte sich die Frage auf: Wie stark ist das israelische Luftabwehrsystem wirklich?
Eine mobile Einheit des Iron-Dome-Systems setzt sich aus Radar, Kontrollzentrum und bis zu vier Startrampen für je 20 Abfangraketen zusammen. Sobald das Radar den Start einer feindlichen Rakete erkennt, berechnet das System umgehend deren Flugbahn und vermutlichen Einschlagpunkt. Je nach Gefahrensituation werden Abfangraketen gezündet.
«Iron Dome hat nicht versagt»
Frank Ledwidge lehrt an der University of Portsmouth und ist Militärexperte. Er ordnet für Blick den Angriff Irans auf Israel von Dienstag ein. «Es ist immer schwierig, Aussagen über das militärische Vorgehen von Israel zu machen, da sie keine Angaben zu ihrer Abwehr machen.» Laut dem Experten hat das Iron Dome-System jedoch nicht versagt. «Die Leute missverstehen, dass Iron Dome nicht darauf ausgerichtet ist, ballistische Raketen abzuwehren.»
Iron Dome hat eine hohe Erfolgsquote – es schiesse 90 bis 95 Prozent seiner Ziele ab. Jedoch eben nur, wenn die Raketen Ziele von Bedeutung treffen, wie zum Beispiel Wohnquartiere, erklärt Ledwidge. «In offenen Gebieten, wie zum Beispiel in der Wüste, werden die Raketen nicht abgefangen.»
Israel könnten die Raketen ausgehen
Iron Dome wehrt vor allem Raketen aus kurzer Reichweite ab. «Beim Angriff des Irans spielte Iron Dome eine wichtige Rolle, weil es die lokale Verteidigung ermöglichte.» Wichtig zu erwähnen sei, dass Iron Dome nur eine von drei Komponenten des israelischen Verteidigungssystems ausmache. Es gebe noch das David's Sling-System und das Arrow-System, die am Dienstag ebenfalls im Einsatz waren.
«Das Arrow-System und das David's Sling-System sind die einzigen Systeme, die ballistische Raketen mit Sicherheit abschiessen können.» Laut dem Experten kann das Iron-Dome-System zwar einige von ihnen abschiessen, darauf ausgerichtet ist es allerdings nicht.
Die nächsten Angriffe von Iran auf Israel könnten noch schwerer sein, so der Experte. «Die drei Verteidigungssysteme könnten dann überfordert sein. Und das ist dem Iran wahrscheinlich bewusst.»
«Wir wissen nicht, wie viel Abwehrraketen Israel hat»
Ein weiteres Risiko ist, dass den Israelis die Raketen ausgehen. «Israel verfügt nicht über unbegrenzt Abfangraketen und Abschussrampen. Ausserdem ist es auch eine Kostenfrage», so der Experte. Diese Abwehrraketen seien sehr teuer. «Aus diesem Grund sind auch die Amerikaner und die Briten beteiligt.»
Wie lange Israel gegen den Iran standhalten kann, ist unklar. «Wir wissen nicht, wie viel Abwehrraketen Israel hat – und wir wissen auch nicht, wie viele der Iran hat», sagt Ledwidge. Das Problem ist, dass den Israelis bei einem viel grösseren Angriff die Arrow- und die David's Slings-Systeme ausgehen könnten.
Laut dem Experten hat sich Israel bisher zwar erfolgreich gegen den Iran verteidigt – aber: «Der iranische Angriff war aber auch kein Misserfolg, da er einen wichtigen Luftwaffenstützpunkt getroffen hat, der sehr viel Schaden angerichtet hat für Israel.»
Israel wird in Zukunft vor allem die Raketenbasen des Irans ins Visier nehmen. «Die Israelis wissen, dass sie ein weiterer Angriff dieser Sorte in grosse Schwierigkeiten bringen kann.»