«Bidens Aussage spielt den Russen in die Hände»
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Riesen-Wirbel um Rede des US-Präsidenten
Hat Biden zu Putins Sturz aufgerufen – oder doch nicht?

Bei seiner Rede in Warschau fand US-Präsident Joe Biden für seinen Amtskollegen Wladimir Putin klare Worte. Er nannte ihn einen Diktator, der nicht an der Macht bleiben dürfe. Moskau ist über die Aussage empört, Washington beschwichtigt.
Publiziert: 27.03.2022 um 14:13 Uhr
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Aktualisiert: 28.03.2022 um 14:45 Uhr
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US-Präsident Joe Biden hielt am Samstagabend in Warschau eine Rede in Bezug auf Russlands Angriffskrieg in der Ukraine.
Foto: imago/Eastnews

Tausende Menschen versammelten sich am Samstagnachmittag in Warschau rund um das Königsschloss – viele trugen Flaggen der Ukraine, Polen oder der USA bei sich. Der Grund: US-Präsident Joe Biden (79) hielt dort eine Rede. Sein Auftritt markierte den Abschluss seiner Europa-Reise, die im Zeichen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine stand.

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Biden würdigte dabei den Kampfeswillen der Ukrainer und schwor die Welt auf einen langen Konflikt um die künftige internationale Ordnung ein. Es gehe um eine «grosse Schlacht zwischen Demokratie und Autokratie», sagt er. Der US-Präsident forderte bei seiner Rede auch das Ende der Abhängigkeit Europas von russischem Öl und Gas.

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Und: Seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin (69) bezeichnete er als einen Diktator, der ein Imperium wieder herstellen wolle. «Um Gottes willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben», sagte er weiter. In Russland sorgte diese Äusserung für grosse Verärgerung. Denn sie wird dort als Aufforderung zum Sturz von Putin gesehen.

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«Das entscheidet nicht Biden»

Der Kreml hatte umgehend darauf reagiert und ausrichten lassen, dass Putin ein gewählter Präsident sei. «Das entscheidet nicht Biden, der Präsident Russlands wird vom russischen Volk gewählt», sagte Sprecher Dmitri Peskow (54).

Um die Wogen zu glätten, relativierte das Weisse Haus Bidens Äusserungen. «Die Botschaft des Präsidenten war es, dass es Putin nicht erlaubt sein darf, Macht über seine Nachbarn oder die Region zu haben. Er sprach nicht über Putins Macht in Russland oder einen Sturz der Regierung», sagte ein ranghoher Vertreter. Auch US-Aussenminister Antony Blinken (59) stellte klar: «Wir verfolgen keine Strategie eines Regimewechsels in Russland oder irgendwo anders.» Derzeit wird darüber spekuliert, ob Bidens Satz so zuvor im Redemanuskript stand oder ob er diesen spontan hinzugefügt hatte.

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Trotz der Beschwichtigung Washingtons reisst die Empörung in Russland über die Äusserung von Joe Biden nicht ab. Biden mache mit «erschreckender Regelmässigkeit» Äusserungen und Fehler, die schlimmer seien als Verbrechen, meinte der prominente russische Aussenpolitiker Konstantin Kossatschow (59). Es habe Zeiten gegeben, da habe das Wort eines US-Präsidenten Gewicht gehabt, das sei nun vorbei, sagte er weiter.

«Mörderischer Diktator»

Tatsächlich sind es nicht die ersten harschen Worte von Biden an Russlands Präsidenten: Während seiner Europa-Reise hatte er ihn schon als «Schlächter», «Kriegsverbrecher» und «mörderischen Diktator» bezeichnet. Der russische Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin (58) warf dem US-Präsidenten deshalb «undiplomatische Äusserungen» und «Hysterie» vor. «Biden ist schwach, krank und unglücklich», kommentierte Wolodin beim Online-Dienst Telegram.

Und: Die US-Amerikaner sollten sich für ihren Präsidenten schämen. Dieser sei womöglich sogar krank, führte Wolodin weiter aus. «Es wäre richtig, wenn Biden sich medizinisch untersuchen lassen würde.» Putin hingegen verdiene wegen seiner «Zurückhaltung» Achtung, sagte er.

Russland hatte wegen der massiven Spannungen mit den USA zuletzt auch vor einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gewarnt. Bidens Aussage dürfte die Lage nun weiter angespannt haben.

Gespräche über Waffenlieferungen an Polen

Im Gegensatz dazu war in Polen die Freude über Bidens Besuch gross. Der polnische Präsident Andrzej Duda (49) bedankte sich dafür mehrmals bei Joe Biden. «Meine Landsleute, Polen, fühlen sich bedroht. Wir wissen, was russischer Imperialismus bedeutet», sagte er. Und: «Wir wissen, was ein Angriff der russischen Armee bedeutet, denn unsere Grosseltern und Urgrosseltern haben ihn erlebt.»

Wie die «Zeit» berichtet, sprachen die beiden Präsidenten offenbar auch über Waffenlieferungen an Polen. Dort will man nämlich wegen der möglichen russischen Bedrohung militärisch aufrüsten. Ein Grossteil des Kriegsmaterials soll dabei aus den USA kommen – darunter Panzer, Raketenwerfer und F-35 Kampfjets. (SDA/bra)

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