Prozess in München
Deutscher Spitalpfleger spritzte Patienten tot, weil er einen Kater hatte

Weil er nach durchzechten Nächten seine Ruhe haben wollte, soll ein Pfleger in München seinen Patienten lebensbedrohliche Medikamentenmischungen gespritzt haben. Zwei Patienten starben – ein deutscher Promi überlebte knapp. Jetzt wird Mario G. (26) der Prozess gemacht.
Publiziert: 25.01.2023 um 11:10 Uhr
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Aktualisiert: 25.01.2023 um 13:20 Uhr
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Da er einen Kater hatte und seine Ruhe wollte, verabreichte der deutsche Pfleger Mario G. seinen Patienten tödliche Medikamentenmischungen.
Foto: PRIVAT

Sein Schädel brummte und in seinem Magen hatte er ein flaues Gefühl. Mit Kater zur Arbeit zu gehen, war für den deutschen Pfleger Mario G. (26) an der Tagesordnung. Für seine Patienten hatte dies tödliche Folgen: Nach durchzechten Nächten wollte G., der im renommierten Münchner Klinikum rechts der Isar arbeitet, seine Ruhe vor seinen Patienten haben – und spritze ihnen deshalb lebensbedrohende und manchmal tödliche Medikamentenmischungen.

Zwei Menschen fielen seiner fahrlässigen Arbeitsweise zum Opfer. «Ich hatte einen Kater und mein Ziel im Dienst war es, mich mit meinem Handy beschäftigen zu können. Das ist die Wahrheit», sagte der Pfleger beim Prozessbeginn vor dem Landgericht München I am Dienstag.

Drei Flaschen Wodka und 25 Bier an einem Tag

Wie die «Bild» unter Berufung auf den Gerichtsprozess schreibt, soll der Angeklagte regelmässig massive Mengen an Alkohol getrunken haben. «Für mich gab es nur zwei Tagesabläufe. Feiern. Oder arbeiten», sagte G. im Gerichtssaal. So soll er an einem freien Tag bis zu drei Flaschen Wodka und 25 Flaschen Bier getrunken haben. Wie die Zeitung schreibt, soll er manchmal direkt nach dem Aufstehen eine Flasche Jägermeister und zehn Bier konsumiert haben.

150 Euro kostete ihn sein täglicher Alkoholkonsum. «Wenn ich dann zur Arbeit musste, habe ich mir ein halbes Flakon Parfum draufgemacht, damit man die Fahne nicht so riecht», so der Pfleger weiter. Mehrere Male sei er auf der Arbeit eingeschlafen oder auf seine Fahne angesprochen werden.

Pfleger hat Ratlosigkeit der Ärzte genossen

Vor Gericht muss sich der Suff-Pfleger nun wegen zweifachen Mordes und sechsfachen versuchten Mordes verantworten. Zudem soll er auch eine Patientin bestohlen haben. Dies ging aus der am Dienstag vor dem Landgericht München I verlesenen Anklage hervor.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wollte sich der Angeklagte jedoch nicht nur von seinem Kater erholen, sondern auch die Wirkung von Medikamenten an Patienten austesten. So soll er ihnen neben beruhigenden Medikamenten auch Blutverdünner oder aufputschendes Adrenalin gespritzt haben.

Der Pfleger war vor allem in Wachräumen des Krankenhauses im Einsatz, wohin die Patienten nach einer Operation von der Intensivstation verlegt werden, bevor sie auf die reguläre Station zurückkehren können. Bei den beiden Mordopfern handelt es sich um Männer im Alter von 80 Jahren und 89 Jahren, die mehrere Tage, nachdem ihnen die nicht verordneten Medikamente verabreicht wurden, starben, ohne nochmals zu Bewusstsein gekommen zu sein.

Der Beschuldigte habe sich von den Ärzten von oben herab behandelt gefühlt und selbst wie ein Arzt fühlen wollen, befand die Staatsanwaltschaft. Nach der Gabe der nicht verordneten Medikamente habe er die Rat- und Hilflosigkeit der Ärzte genossen, die sich die Verschlechterung des Zustands ihrer Patienten nicht erklären konnten. Der Pfleger habe sich damit in einer Machtposition gefühlt. Für den Prozess wurden Termine bis Mai angesetzt.

Unter den Opfern ist auch der bekannte Dichter Enzensberger

Zu den Patienten des Pflegers zählte der bekannte Schriftsteller und Dichter Hans Magnus Enzensberger (†93). Von den sechs angeklagten Fällen des versuchten Mordes gehen allein drei auf Attacken auf Enzensberger Anfang November 2020 zurück, die dieser aber alle überlebte. Bei der dritten Attacke soll der Pfleger Enzensberger sechs Ampullen Adrenalin gespritzt und so eine lebensbedrohliche Erhöhung der Herzfrequenz ausgelöst haben.

Entgegen seiner Patientenverfügung veranlassten die Ärzte bei Enzensberger eine künstliche Beatmung und konnten so der Anklage zufolge sein Leben retten. Enzensberger starb im vergangenen November und damit zwei Jahre nach den Attacken im Alter von 93 Jahren eines natürlichen Todes. (dzc/AFP)

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