Darum gehts
- Zürcherin in Neu-Delhi ermordet, Täter über Dating-Plattform kennengelernt
- Gurpreet S. folterte und erstickte Opfer wegen Geldforderungen
- 35-jähriger Einheimischer als Täter identifiziert, Leiche am 20. Oktober entdeckt
Es ist ein grausames Verbrechen, das über die Grenzen der Schweiz hinaus für Entsetzen sorgte: Am 20. Oktober 2023 wurde die Zürcherin Tanja F.* tot am Strassenrand in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi aufgefunden. Passanten entdeckten die Leiche der etwa 35-jährigen Frau in der Nähe einer Schule.
F. wurde ermordet. Die Polizei identifizierte Gurpreet S.** (35) innerhalb weniger Stunden als Täter – einen Einheimischen, den F. über eine Dating-Plattform kennengelernt hatte. Er soll Geld gefordert, ihre Familie bedroht und ihr «Rituale» versprochen haben. Als sie nicht zahlte, fesselte und folterte S. seine Bekanntschaft in einem Auto und erstickte sie mit einem Plastiksack.
Nun wird erstmals bekannt, wie die Polizei den Killer entlarvte. Die indische Zeitung «Indian Express» hat die Ermittlungen rekonstruiert.
Sichtung der Überwachungskameras
Nach dem Fund der Frauenleiche sicherten die Ermittler sofort alle verfügbaren Spuren – von Überwachungskameras über Mobilfunkdaten bis hin zu Hinweisen im Auto.
Ersteres stellte sich als besonders wertvoll heraus. Denn: Auf den Aufnahmen war zu sehen, wie ein Mann einen grossen Sack aus dem Auto hievt und ihn am Strassenrand ablegt. «Wir wollten wissen, wer die Leiche dort abgeladen hatte, also begannen wir, die Aufzeichnungen der Überwachungskameras aus der Umgebung zu sichten», erklärt Kommandant Hari Singh, der von Tag eins an in die Ermittlungen involviert war. «Am Anfang konnten wir den Mann sehr schlecht erkennen, also begannen wir, die Bewegungen des Autos anhand der Aufnahmen aller auf die Strasse gerichteten Überwachungskameras zu verfolgen.»
Auto identifiziert
Durch die verschiedenen Kameraaufnahmen konnte die Polizei die Registrationsnummer des Wagens identifizieren. Deshalb konnte die Polizei bereits nach wenigen Stunden den Hyundai Santro ausfindig machen. Ein grosser Durchbruch für die Ermittler! Über das Kennzeichen konnte der Halter des Autos identifiziert werden. Der Hyundai war auf eine 40-jährige Frau angemeldet. «Als wir sie nach dem Auto fragten, war sie überrascht. Sie sagte, sie habe nie eines gekauft», schildert einer der Polizisten.
Rätsel um Hyundai-Besitzerin
Die Polizei überprüfte die Fahrzeughistorie und stellte fest, dass das Auto zuvor mehrere Besitzer hatte. Zwei Wochen vor der Tat wurde es über einen Autohändler an Gurpreet S. verkauft. Der Händler gab gegenüber der Polizei an, S. wollte unbedingt, dass das Auto auf den Namen der Haushälterin registriert wird.
Schliesslich stellte sich heraus: Früher hatte die Frau für Gurpreet S. gearbeitet. «Ich habe ihm einmal meinen Ausweis gegeben. Ich hätte nie gedacht, dass er in meinem Namen ein Auto kaufen würde», erklärte die verdutzte Frau gegenüber der Polizei.
Polizei ermittelt Aufenthaltsort
Nun hatten die Beamten einen ersten Verdächtigen. Mithilfe von «Human Intelligence» – also Hinweisen von Zeugen und Informanten – gelang es den Ermittlern, seine Adresse ausfindig zu machen.
Razzia am Abend
Auf Grundlage dieser Informationen wurde am Abend des 20. Oktober eine Razzia bei S. durchgeführt. 25 Polizisten stürmten in die Wohnung des heute 35-jährigen. Zum Zeitpunkt der Durchsuchung waren auch S.’ Mutter und Schwester zu Hause. «Als Gurpreet die Polizei vor seiner Haustür sah, schloss er die Tür von innen ab. Das Team umstellte das Gebäude», erklärt Singh. Die Spezialkräfte verschafften sich über den Balkon Zugang zur Wohnung.
In S.’ Wohnung fand die Polizei einen grossen Geldbetrag. Einige Noten versteckte der Täter in der Waschmaschine, andere unter dem Bett. In der folgenden Nacht gestand Gurpreet S. den Mord. Im Januar 2024 wurde er des Mordes angeklagt. Zu einem Motiv äusserte er sich bisher nicht.
* Name geändert
** Name bekannt