Darum gehts
Israel will den Iran in den kommenden Tagen militärisch angreifen. Davon gehen US-Geheimdienstquellen aus, wie der Sender NBC berichtet. Ein israelischer Militärschlag gegen den Iran wäre eine gefährliche Eskalation im Brandherd Naher Osten. Und: Er dürfte nicht nur die Mullahs in Teheran stinksauer machen – sondern auch Donald Trump (78).
Warum will Israel den Iran überhaupt angreifen?
Israel will verhindern, dass die Mullahs zur Atommacht werden. Ayatollah Ali Chamenei (86), der iranische Revolutionsführer, bezeichnet Israel als «Krebsgeschwür». Atomwaffen in den Händen dieses Regimes wären für Israel ein existenzielles Risiko.
US-Präsident Donald Trump versucht derzeit, mit dem Iran einen Deal abzuschliessen: Sanktionslockerungen im Austausch gegen die Garantie, dass der Iran aufhört, Uran anzureichern. Die Verhandlungen stocken. Der Iran sagt, man reichere das Uran zur zivilen Nutzung (also Atomkraft) an und werde das auch weiterhin tun.
Selbst wenn Trumps Deal zustande käme: Israel findet, die Massnahmen gingen nicht weit genug. Ein Angriff auf Irans Atomanlagen scheint in den Augen der Israelis deshalb die einzige Möglichkeit, das Regime auf seinem Weg zur Nuklearmacht zu stoppen.
Wie realistisch ist ein israelischer Angriff auf den Iran?
Realistischer denn je. Die USA lassen einen Teil des Botschaftspersonals aus der Region abziehen. Am Donnerstag untersagte das Weisse Haus amerikanischen Mitarbeitenden in Israel zudem alle Reisen ausserhalb grosser Städte.
Am Montag warnte Trump seinen israelischen Amtskollegen Benjamin Netanyahu (75) davor, den Iran anzugreifen. Doch Netanyahu scheint entschlossen, die «goldene Möglichkeit» zu nutzen: Die iranischen Stellvertreterarmeen der Hisbollah im Libanon und der Hamas in Gaza sind dezimiert. Irans Luftverteidigungssystem ist nach einem israelischen Militärschlag im Oktober 2024 geschwächt.
Experten gehen allerdings davon aus, dass es für Israel schwierig werden dürfte, die hochgradig gesicherten, unterirdischen iranischen Atomanlagen zu zerstören.
Wie würde der Iran reagieren?
Der Iran hat das grösste Raketenarsenal im Nahen Osten. Nach einem israelischen Angriff auf die iranische Botschaft in Syrien im April 2024 schickten die Mullahs 300 Drohnen in Richtung Israel los. Nach der Ermordung eines Hisbollah-Anführers im Libanon feuerten die Iraner im Oktober 180 Raketen auf Israel ab. Einen Angriff auf seine Uran-Anreicherungsanlagen dürfte Teheran mit wesentlich mehr und wesentlich potenteren Geschossen vergelten. Der Iran hat verlauten lassen, man wisse, wo die israelischen Atomwaffen lagerten, und würde nicht zögern, diese auszuschalten.
Der Iran könnte seine Hisbollah-Untergebenen im Libanon zudem zu einem Grossangriff auf Israels Norden bewegen. Die Terrororganisation ist im Besitz von schätzungsweise 120’000 Raketen. Ein koordinierter Angriff dürfte selbst Israels einzigartiges Raketenabwehrsystem «Eiserne Kuppel» an die Belastungsgrenze bringen.
Wie würden wir in Europa den Krieg zu spüren bekommen?
Das Rennen um die iranische Atombombe, das einem israelischen Angriff und dem damit verbundenen iranischen Eifer folgen würde, wäre eine Destabilisierung der internationalen Sicherheitslage. Das Risiko einer atomaren Konfrontation würde steigen. Direkt spürbar dürfte der Konflikt durch steigende Ölpreise werden. Rund ein Fünftel des weltweit gehandelten Öls wird über die an den Iran grenzende Strasse von Hormus transportiert. Der Iran könnte diesen Meeresengpass jederzeit schliessen und den Ölhandel zum Erliegen bringen.
Wie würde sich der Krieg auf das angespannte Verhältnis zwischen Trump und Netanyahu auswirken?
Trump hatte Netanyahu bei seiner Nahost-Reise im Mai schon links liegen lassen. Am Mittwoch sagte Steven Witkoff (68), Trumps Sondergesandter für den Nahen Osten, sein Chef «könnte nebst seinem Amt als US-Präsident problemlos auch noch das Amt des israelischen Premiers ausüben». Zudem will Trump unbedingt einen Deal mit dem Iran – nur schon, weil sein von ihm verhasster Vorgänger Barack Obama (63) das 2015 hinbekommen hat. Greift Netanyahu den Iran tatsächlich an, dürfte dies Trump massiv verärgern. Verzögerte Waffenlieferungen oder gar eine Einstellung des Geheimdienstaustauschs – genau wie im Fall der Ukraine im März – wären mögliche Folgen.