Proteste und Ausschreitungen nach Razzien gegen Migranten
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Trump schickt Soldaten nach LA:Proteste und Ausschreitungen nach Razzien gegen Migranten

Nationalgarde gegen Demonstranten
Trump schickt Soldaten nach L.A. – das ist sein wahres Kalkül

Donald Trump lässt Soldaten in Los Angeles aufmarschieren. Ohne Einverständnis des Bundesstaats, aber mit klarer Botschaft nach innen und nach aussen. Der Einsatz markiert einen politischen Tabubruch.
Publiziert: 17:39 Uhr
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Aktualisiert: 17:56 Uhr
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US-Präsident Donald Trump schickt das US-Militär nach Los Angeles. Aber warum eigentlich?
Foto: Getty Images

Darum gehts

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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Nach mehreren Tagen anhaltender Proteste in Los Angeles hat US-Präsident Donald Trump (78) den Einsatz von 2000 Soldaten der Nationalgarde angeordnet. Soldaten gegen die eigene Bevölkerung, und das auch gegen den Willen der Regierung des Bundesstaates Kalifornien – ein Tabubruch. Offiziell dient der Einsatz dem Schutz von ICE-Beamten, Trumps Ausschaffungs-Truppe. Kritiker vermuten jedoch ein ganz anderes Kalkül.

Wie dramatisch ist die Lage in Los Angeles?

Es kam seit Freitag zu massiven Ausschreitungen – brennende Autos, Barrikaden, Steinwürfe. Die Lage beruhigt sich seit Tagen nicht, sie ist brenzlig. Bürgermeisterin Karen Bass und Gouverneur Gavin Newsom – beide Demokraten – betonten hingegen von Anfang an, dass die Situation unter Kontrolle sei. Ein Einsatz der Nationalgarde sei nicht nötig, so die Politiker vor Ort.

Trump stellt das Geschehen als Aufstand gegen die Staatsgewalt dar. Und nutzt die Gelegenheit, um ohne Absprache mit dem Bundesstaat militärisch einzugreifen. Der letzte Präsident, der das tat, war Lyndon B. Johnson – 1965, um Bürgerrechtler in Alabama zu schützen. Trump dagegen nutzt die Truppen, um seine Abschiebe-Politik durchzusetzen.

Warum lässt Trump gerade jetzt die Nationalgarde aufmarschieren?

Trump weiss genau, wie man Schlagzeilen erzeugt – und wie man politische Schwäche in Stärke ummünzt. In den letzten Wochen hagelte es Kritik: an seinem aufgeblähten Haushaltsentwurf, an der schleppenden Umsetzung seiner versprochenen Massenabschiebungen, an seinem Bruch mit Elon Musk, einem seiner wichtigsten Verbündeten aus der Wirtschaft. Was tut Trump also? Er verlagert das Rampenlicht – weg von politischen Baustellen, hin zu martialischen Bildern. Soldaten, Sirenen, Strassensperren. Er nutzt den ICE-Einsatz in Los Angeles als Bühne, um sich als entschlossener Staatschef zu präsentieren.

Demonstranten attackieren Polizei in L.A.
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Mit Trottis und Steinen:Demonstranten attackieren Polizei in L.A.

Was macht diesen Einsatz so brisant?

Das US-Recht erlaubt es dem Präsidenten, die Nationalgarde unter Bundeskommando zu stellen – normalerweise nur bei Aufständen, Invasionen oder schwerwiegenden Krisen. Der Knackpunkt: In der Vergangenheit wurde diese Klausel fast ausschliesslich in Absprache mit den Bundesstaaten aktiviert. In Los Angeles ist das jetzt anders. Weder Bürgermeisterin noch Gouverneur haben um Unterstützung gebeten – im Gegenteil: Beide verurteilten den Einsatz als gefährlich und unnötig.

Damit bricht Trump mit einem jahrzehntelangen politischen Konsens. Der Einsatz wirkt weniger wie eine Schutzmassnahme – und mehr wie ein autoritärer Muskeltest. Ein Signal an andere liberale Bundesstaaten: Wer sich Trumps Migrationspolitik widersetzt, könnte bald ebenfalls die Nationalgarde in den Strassen sehen.

Wie viele Migrantinnen und Migranten leben in Los Angeles?

L.A. ist eine Einwanderer-Stadt. Fast 40 Prozent der Stadtbevölkerung – etwa 1,55 Millionen Menschen – wurden im Ausland geboren. Im gesamten L.A. County sind es über 3,5 Millionen. Kalifornien insgesamt beherbergt über zehn Millionen Menschen mit Migrationshintergrund – rund ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Viele von ihnen leben legal im Land, viele sind eingebürgert, manche sind Asylsuchende. 195'000 sind laut offizieller Statistik illegal in Los Angeles.

Sind Migrantinnen und Migranten in L.A. wirklich ein Sicherheitsrisiko?

Studien des American Immigration Council zeigen: In den letzten Jahrzehnten ist die Kriminalitätsrate in den USA trotz steigender Einwanderungszahlen gesunken – von über 5900 Straftaten pro 100’000 Einwohner im Jahr 1980 auf unter 2400 im Jahr 2022. Auch in Städten mit hohem Migrantenanteil wie Los Angeles gibt es keine Hinweise darauf, dass Migration zu mehr Kriminalität führt.

Bei den aktuellen ICE-Razzien in L.A. wurden rund 45 Personen verhaftet, einige mit schweren Vorwürfen wie Drogenhandel oder Sexualdelikten. 

Australische Reporterin wird von Gummischrot getroffen
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Während Live-Sendung:Australische Reporterin wird von Gummischrot getroffen
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