Es hört sich an wie ein Agententhriller: Ein amerikanisches Spionageflugzeug jettet praktisch unerkannt über dem japanischen Meer umher, Passagierflugzeuge der Swiss und der holländischen KLM müssen ausweichen, um Schlimmeres zu verhindern. So stellt es zumindest die staatliche russische Nachrichtenagentur Interfax dar. Russische Online-Medien verkünden hysterisch, dass um ein Haar «hunderte Europäer» gestorben wären.
In Wahrheit war die Sache weit weniger dramatisch – die Schweizer Airline klärt den vermeintlichen Thriller. «Der Swiss-Airbus musste weder seine Route noch die Flughöhe korrigieren», stellt Swiss-Sprecherin Karin Müller klar. Die Piloten hätten nicht einmal einen Rapport ausgefüllt, da es sich nicht um einen nennenswerten Vorfall gehandelt habe.
Das Swiss-Passagierflugzeug, das am Sonntag von Tokyo nach Zürich unterwegs war, sei auf einer Höhe von rund 30'000 Fuss (9144 Meter) unterwegs gewesen, die amerikanische Boeing RC-135 auf ungefähr 33'500 (10'210 Meter). Die vorgeschriebene Mindest-Differenz beträgt 1000 Fuss. «Der Abstand wurde um mehr als das dreifache des Mindestwertes eingehalten», sagt Müller.
Die Swiss gerät in einen Propaganda-Krieg
Gemäss einem Bericht von «Russia Today», der sich auf Interfax beruft, hätten die Swiss-Piloten der russischen Flugsicherung einen Sichtkontakt mit einer Maschine «in ihrer direkten Nähe» gemeldet.
Auch das stimmt nicht ganz: Gemäss Swiss wurden die Piloten von der russischen Flugsicherung selbst auf den US-Aufklärungsflieger aufmerksam gemacht. Sie hätten daraufhin lediglich bestätigt, diesen gesehen zu haben. Grund zur Beunruhigung habe es aber zu keinem Zeitpunkt gegeben.
Es scheint, als würde die Schweizer Airline in den Luftstreit zwischen den USA und Russland hineingezogen. Erst April warf das US-Verteidigungsministerium dem russischen Militär vor, ein US-Aufklärungsflug über der Ostsee auf «gefährliche» Weise abgefangen zu haben.
Zuvor sollen sich russische Kampfjets in «aggressiver» Weise einem US-Kriegsschiff genähert haben – einmal soll einer in nun neun Metern Höhe über den Zerstörer hinweggeflogen sein. US-Verteidigungsminister John Kerry sagte darauf, man hätte den Jet «gemäss den Einsatzregeln» abschiessen können.
Ähnlich scharf tönt es im aktuellen Fall von russischer Seite: «Aufgrund des unprofessionellen Handelns der amerikanischen Flugbesatzung entstand die Gefahr einer Kollision mit zivilen Luftfahrzeugen», liess das Verteidigungsministerium verlauten.